European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0150OS00013.20F.0512.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde R***** I***** des Verbrechens nach § 3h VerbotsG schuldig erkannt.
Danach hat er am 8. März 2018 in F*****dadurch, dass er unter dem Usernamen „R*****“ auf der öffentlich einsehbaren Facebook‑Seite „V*****“ des T***** P***** bezugnehmend auf dessen Äußerung: „Wann holt das System endlich die Holocaust (an den Deutschen) leugner F***** oder M***** ab, um sie endlich wegzusperren?!“, folgenden Kommentar verfasste und verbreitete: „Einfach alles wixer! Hollywood war in den lagern und hat vieles 'verfilmt' ... warum lauter nackte leichen? welcher 'nazi' hätte einem toten juden die lumpen geklaut? Warens vl doch deutsche leichen?“, in einem Medium den nationalsozialistischen Völkermord geleugnet.
Die Geschworenen haben die an sie gerichtete Hauptfrage bejaht, Eventual‑ oder Zusatzfragen wurden nicht gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf Z 10a und 12 des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Sie verfehlt ihr Ziel.
Die Tatsachenrüge (Z 10a) greift ihrem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemeiner menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen konstatierten Tatsachen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen – wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt – wird dadurch nicht eröffnet. Urteilsnichtigkeit nach § 345 Abs 1 Z 10a StPO ist daher gegeben, wenn die Laienrichter das ihnen nach § 258 Abs 2 zweiter Satz StPO gesetzlich zustehende Beweiswürdigungsermessen in geradezu unerträglicher Weise gebraucht haben und damit eine Fehlentscheidung bei der Beweiswürdigung qualifiziert nahe liegt (RIS‑Justiz RS0118780 [insb T16]).
Mit der bloßen Wiederholung der Verantwortung des Angeklagten, er habe den nationalsozialistischen Völkermord nicht geleugnet, sowie der Behauptung, „ein Anzweifeln von Filmaufnahmen“ könne nicht „automatisch ein Leugnen […] darstellen“, gelingt es der Beschwerde nicht, solche erhebliche Bedenken beim Obersten Gerichtshof zu erwecken.
Die Subsumtionsrüge (nominell Z 12, der Sache nach Z 11a) vermisst Feststellungen „zur Begehungsform“ und dazu, „wie vielen Menschen das Posting zugänglich war“, übergeht dabei aber, dass der Angeklagte nach dem Wahrspruch der Geschworenen sein Posting auf einer öffentlich einsehbaren Facebook‑Seite platzierte (US 3). Solcherart verfehlt sie die gebotene Orientierung am Verfahrensrecht (vgl RIS‑Justiz RS0099810).
Die Kritik, das Geschworenengericht habe keine Feststellungen zum Vorsatz getroffen, übersieht die im Wahrspruch implizit enthaltene Konstatierung zur subjektiven Tatseite. Wird nämlich in einem Tatbestand auf der subjektiven Tatseite keine vom Mindesterfordernis des § 5 Abs 1 zweiter Halbsatz StGB abweichende Vorsatzform verlangt, wird der bedingte Vorsatz subintelligiert (RIS‑Justiz RS0113270).
Auch mit dem Vorbringen, er habe den nationalsozialistischen Völkermord keinesfalls angezweifelt, vernachlässigt der Beschwerdeführer die gegenteiligen, im Wahrspruch der Geschworenen konstatierten entscheidenden Tatsachen und verfehlt so den Bezugspunkt materiell‑rechtlicher Anfechtung. Soweit er jene schlicht bestreitet, übt er lediglich – in diesem Rahmen unzulässige – Beweiswürdigungskritik.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sogleich zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde (§§ 344, 285i, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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