OGH 12Os22/20g

OGH12Os22/20g14.4.2020

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. April 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel im Verfahren zur Unterbringung der Silvia H***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 25. November 2019, GZ 28 Hv 83/19b‑33, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019 den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0120OS00022.20G.0414.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Unterbringung der Silvia H***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB angeordnet.

Danach hat sie am 27. Dezember 2018 in I***** unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht, nämlich einer paranoiden Schizophrenie (F20.0 ICD-10), die 89-jährige Angela A***** vorsätzlich schwer am Körper verletzt, indem sie ihr von hinten mit beiden Händen einen wuchtigen Stoß versetzte und sie dadurch zu Sturz brachte, wodurch die Genannte Platzwunden am linken Auge, Prellungen der Rippen, der Hüfte und an beiden Knien, einen Splitterbruch am linken Ellbogen und einen Bruch des rechten Daumens, somit schwere und mit länger als 24 Tage dauernder Gesundheitsschädigung verbundene Verletzungen erlitt, und damit eine Tat begangen, die als das Verbrechen der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Betroffenen schlägt fehl.

Die Rüge (nominell Z 5) wendet sich gegen die Konstatierungen, wonach die Betroffene bei der Tathandlung unter dem Einfluss einer chronisch-paranoiden Schizophrenie stand, weshalb ihre Diskretions‑ und Dispositionsfähigkeit gänzlich aufgehoben war (US 5). Aus welchem Grund diese von der Beschwerde als „undeutlich“ bezeichnete Feststellungsbasis keine Grundlage für die Unterbringungsvoraussetzungen nach § 21 Abs 1 StGB darstellen sollte, wird nicht klar.

Indem die Beschwerde unter eigenständiger Bewertung der Angaben der Betroffenen deren Zurechnungsunfähigkeit zur Tatzeit und die Anlasstat selbst in Frage stellt, erschöpft sie sich in bloßer Beweiswürdigungskritik nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.

Soweit das Rechtsmittel (nominell Z 5) bloß die Voraussetzungen bedingter Nachsicht der Einweisung nach § 45 Abs 1 StGB reklamiert und im Übrigen die über die Betroffene ausgestellte Gefährlichkeitsprognose (US 5) pauschal in Abrede stellt, enthält es ein bloßes Berufungsvorbringen (vgl RIS‑Justiz RS0100032 [T2]; RIS‑Justiz RS0113980 [T1]; Hinterhofer/Oshidari , Strafverfahren Rz 10.133).

Die gegen die Annahme einer Anlasstat iSd § 21 Abs 1 StGB gerichtete Rüge (nominell Z 10, der Sache nach Z 9 lit a; vgl RIS‑Justiz RS0132762) geht an den Konstatierungen zu den vom Opfer erlittenen Verletzungen (vgl US 4: Platzwunden am linken Auge, Prellungen der Rippen, der Hüfte und an beiden Knien, einen Splitterbruch am linken Ellbogen und einen Bruch des rechten Daumens) vorbei, und verfehlt damit den Bezugspunkt materiell‑rechtlicher Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte