European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0120NS00016.20D.0313.000
Spruch:
Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher und Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski sowie Anwaltsrichter Dr. A***** und Mag. Dr. S***** sind von der Entscheidung über die Berufung des Disziplinarbeschuldigten ***** gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien vom 21. Februar 2018, AZ D 134/13‑43 sowie über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss vom 21. Februar 2018, AZ D 134/13‑44, nicht ausgeschlossen.
Hinsichtlich Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hoch sowie in Ansehung der Ablehnung von Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher und Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski sowie von Anwaltsrichter Dr. A*****, soweit das zu AZ 12 Ns 10/20x des Obersten Gerichtshofs erhobene Vorbringen wiederholt wird, wird der Antrag zurückgewiesen.
Gründe:
Mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 18. Februar 2020, AZ 12 Ns 10/20x, wurde dem im Verfahren AZ 26 Ds 1/19z, 2/19x des Obersten Gerichtshofs gestellten Antrag des Disziplinarbeschuldigten Rechtsanwalt ***** auf Ablehnung der Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Hoch und Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski sowie der Anwaltsrichter Dr. A***** und Dr. H***** wegen Ausschließung nicht Folge gegeben.
Am 24. Februar 2020 fand vor dem Obersten Gerichtshof zu AZ 26 Ds 1/19z, 2/19x die Berufungsverhandlung im gegenständlichen, gegen ***** geführten Disziplinarverfahren statt, die vertagt wurde. Mitglieder des Senats in dieser Berufungsverhandlung waren die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher und Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski sowie die Anwaltsrichter Dr. A***** und Mag. Dr. S*****.
Nach der Geschäftsverteilung des Obersten Gerichtshofs sind Mitglieder des zuständigen 26. Senats Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzender, Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs Dr. Hoch als weiterer Richter sowie Dr. A***** und Dr. H***** als Anwaltsrichter. Als Ersatzmitglied für den Fall der Verhinderung des weiteren Richters sieht die Geschäftsverteilung den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, als jenes für den Fall der Verhinderung eines Anwaltsrichters (nach Anfangsbuchstaben des Zunamens des Disziplinarbeschuldigten vorliegend) Mag. Dr. S***** vor.
Mit Schriftsatz vom 28. Februar 2020 stellte der Disziplinarbeschuldigte den Antrag auf Ablehnung der Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Hoch und Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski sowie der Anwaltsrichter Dr. A***** und Mag. Dr. S***** „wegen Befangenheit“.
Soweit der Antrag hinsichtlich der Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher und Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski sowie des Anwaltsrichters Dr. A***** bloß jenes Vorbringen wiederholt, das bereits Gegenstand des Beschlusses AZ 12 Ns 10/20x des Obersten Gerichtshofs war, steht diese Entscheidung einer neuerlichen Erledigung entgegen, weshalb der Antrag in diesem Umfang (ON 1 Pkt 1. und 2.) zurückzuweisen war.
Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Antrags auf Ablehnung eines Richters wegen Ausschließung nach § 44 Abs 3 StPO ist dessen konkret-aktuelle Kompetenz zur Entscheidung in der Sache des Ablehnungswerbers (vgl RIS‑Justiz RS0097219; Lässig , WK‑StPO Vorbem zu §§ 43 bis 47 Rz 4, § 45 Rz 7). Da eine solche in Ansehung des dem Senat 26 in der hier zum Tragen kommenden Besetzung nicht mehr angehörenden Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hoch nicht vorliegt, war der ihn betreffende Antrag (ON 1 Pkt 1. und 5.) zurückzuweisen.
Zum weiteren Vorbringen des *****:
Der Disziplinarbeschuldigte stellte den Antrag auf Ablehnung der Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher und Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski sowie des Anwaltsrichters Dr. A***** wegen Ausschließung, weil die Genannten– zusammengefasst – bereits vor der Berufungsverhandlung gewusst hätten, dass der Beschluss AZ 12 Ns 10/20x des Obersten Gerichtshofs „amtsmissbräuchlich erfolgt“ sei, weshalb sie „an mindestens einem Amtsdelikt beteiligt“ gewesen seien, woraus die Verpflichtung zur Anzeige der Ausgeschlossenheit iSd „§ 44 Abs 2 StPO und § 22 Abs 1 GOG“ resultiere, die die Genannten unterlassen hätten, was auf „offenbar unsachliche Gründe“ hindeute. Weiters lägen „Ablehnungsgründe“ gegen die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher und Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski sowie die Anwaltsrichter Dr. A***** und Mag. Dr. S***** durch „Beteiligung an einem Verstoß gegen […] Art 83 Abs 2 B‑VG, welcher zumindest auch den äußeren Tatbestand des Delikts nach § 302 StGB erfüllt“, vor, weil diese in der Berufungsverhandlung des Obersten Gerichtshofs vom 24. Februar 2020 durch eine entgegen der Geschäftsverteilung (hinsichtlich Anwaltsrichter Mag. Dr. S*****, der „in keiner denkmöglichen Variante“ dem Senat 26 angehören könne) und ohne Personalsenatsbeschluss (hinsichtlich der „Verhinderung“ von Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hoch und Anwaltsrichter Dr. H*****) erfolgte Senatszusammensetzung dem Antragsteller die gesetzlichen Richter entzogen hätten.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 64 DSt iVm § 43 Abs 1 Z 3 StPO ist ein Richter vom gesamten Verfahren ausgeschlossen, wenn andere Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen. Die Bestimmungen über die Ausschließung stellen auf den äußeren Anschein ab. Entscheidend ist daher auch unter dem Aspekt des § 43 Abs 1 Z 3 StPO nicht die subjektive Ansicht des betroffenen Richters oder des Ablehnenden, sondern die Frage, ob die äußeren Umstände geeignet sind, bei einem verständig würdigenden objektiven Beurteiler naheliegende Zweifel an der unvoreingenommenen und unparteilichen Dienstverrichtung zu wecken (vgl RIS‑Justiz RS0097086 [T5]; Lässig , WK‑StPO § 43 Rz 10 f mwN).
Der im Antragsvorbringen relevierte Sachverhalt, wonach Mitglieder eines Senats des Obersten Gerichtshofs nicht der Rechtsmeinung eines Antragstellers, sondern einer gegenteiligen höchstgerichtlichen Entscheidung folgen, erweckt nicht den Anschein der Befangenheit (vgl RIS‑Justiz RS0097054 [T1]).
Entgegen der behaupteten „falschen“ Senatszusammensetzung war der Senat 26 entsprechend der– eingangs dargelegten – geltenden Geschäftsverteilung des Obersten Gerichtshofs besetzt. Denn das Senatsmitglied Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs Dr. Hoch wurde aufgrund – keinen Personalsenatsbeschluss erfordernder (vgl § 13 Abs 4 OGHG; Danzl/Hopf , OGHG 3 § 13 Anm 4) – Verhinderung von Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Ersatzmitglied vertreten, Anwaltsrichter Dr. H*****, der ebenfalls verhindert war, durch das Ersatzmitglied Anwaltsrichter Mag. Dr. S*****.
Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher und Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski sowie Anwaltsrichter Dr. A***** und Mag. Dr. S***** sind daher von der Entscheidung über die vorliegende Berufung und die Beschwerde in dem im Spruch genannten Disziplinarverfahren nicht ausgeschlossen.
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