European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0130OS00003.20W.0226.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Asim M***** jeweils eines Vergehens der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung nach § 205a Abs 1 StGB (I), des Diebstahls nach § 127 StGB (II) und des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB (III) schuldig erkannt.
Danach hat er – soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung (I) – am 27. Juni 2019 in I***** mit Ulrike H***** gegen deren Willen den Beischlaf vorgenommen, indem er trotz ihrer Äußerung, den für sie schmerzhaften Geschlechtsverkehr nicht länger zu wünschen, weiter mit dem Penis in ihre Scheide eindrang (US 8).
Rechtliche Beurteilung
Dagegen wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte, einen (anklagekonformen) Schuldspruch wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB anstrebende Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft.
Unvollständig im Sinn der Z 5 zweiter Fall des § 281 Abs 1 StPO ist ein Urteil dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt lässt. Die fehlende Erörterung dieser Verfahrensergebnisse macht die in Hinsicht auf entscheidende Tatsachen getroffenen Feststellungen aus formalen Gründen mangelhaft. Ein Eingriff in die Bewertung vom Erstgericht berücksichtigter Verfahrensergebnisse – mit anderen Worten in die Würdigung des herangezogenen Beweismaterials (des Bezugspunkts der Beweiswürdigung) – findet dabei nicht statt. Dem Rechtsmittelgericht obliegt also nur die Kontrolle, ob alles aus seiner Sicht Erwägenswerte erwogen wurde, nicht aber des Inhalts dieser Erwägungen (RIS-Justiz RS0118316; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 421).
Entgegen der Mängelrüge hat das Schöffengericht die Angaben der tatbetroffenen Zeugin (ON 2 S 16, ON 27 S 21 f und 28 bis 30, jeweils iVm ON 42 S 21) keineswegs im dargestellten Sinn übergangen (Z 5 zweiter Fall). Gerade darauf stützte es vielmehr jene Feststellungen, auf deren Basis die Tatrichter eine nach § 201 Abs 1 StGB tatbildliche Nötigung – sowie darauf bezogenen Vorsatz – des Angeklagten verneinten (US 9 und 13 f).
Inhaltlich beschränkt sich die Rüge darauf, aus der angesprochenen Zeugenaussage jenen des Schöffengerichts entgegengesetzte Schlüsse zu ziehen. Damit bekämpft sie bloß dessen Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer – im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) – Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.
Die – nicht erfolgreich mit Mängelrüge (Z 5) bekämpften – Negativfeststellungen zu Tatbestandselementen des § 201 Abs 1 StGB (US 9) stehen dem angestrebten Schuldspruch jedenfalls entgegen. Damit geht die Behauptung diesbezüglicher Feststellungsmängel (nominell Z 9 lit a, inhaltlich Z 10) von vornherein ins Leere.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung (§ 285i StPO).
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