OGH 11Os161/19i

OGH11Os161/19i18.2.2020

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Februar 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Rechtspraktikanten Dr. Schöll als Schriftführer in der Strafsache gegen Pero B***** wegen des Verbrechens der Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen nach § 85 Abs 2 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 25. Oktober 2019, GZ 602 Hv 12/19a‑51, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0110OS00161.19I.0218.000

 

Spruch:

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

 

Gründe:

Soweit hier relevant wurde Pero B***** mit Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 3. Oktober 2019, GZ 602 Hv 12/19a‑39, des Verbrechens der Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen nach § 85 Abs 2 StGB und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Nach der Aktenlage erklärte der Genannte nach Urteilsverkündung, Erteilung der Rechtsmittelbelehrung durch den Vorsitzenden und nachdem ihm die Möglichkeit zur Rücksprache mit seinem Verteidiger gegeben worden war, einen Rechtsmittelverzicht (vgl das ungerügte Protokoll über die Hauptverhandlung ON 38 S 29).

Rechtliche Beurteilung

Dennoch erhob er mit Schreiben vom 8. Oktober 2019 (ON 49; die E-Mail‑Eingabe ON 47 ist von vornherein prozessual unbeachtlich – RIS-Justiz RS0127859) „Nichtigkeitsbeschwerde/Beschwerde!“. Es sei ihm „kein gerechtes Verfahren gemacht“ und er sei unter „psychischen Druck gesetzt“ worden. Sein Anwalt habe ihn „verleitet“, seine „Aussage zu ändern und die Strafe anzunehmen“.

Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 51) wies der Vorsitzende des Schöffengerichts die Nichtigkeitsbeschwerde unter Hinweis auf RIS‑Justiz RS0100062 zufolge unwiderruflichen Rechtsmittelverzichts nach ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung im Beisein des Verteidigers zurück.

In seiner Beschwerde reklamiert Pero B***** Rechtzeitigkeit seiner Rechtsmittel und Unzulässigkeit der Beschlussfassung durch den die Verhandlung leitenden Vorsitzenden. Zudem behauptet er, sein Verteidiger habe ihn zu einem Geständnis überredet, und weiters (allerdings bloß aktenwidrig), er habe keine Rechtsmittelbelehrung erhalten.

Gemäß §§ 285a Z 1, 285b Abs 1 StPO hat der Vorsitzende des Schöffengerichts eine Nichtigkeitsbeschwerde unter anderem zurückzuweisen, wenn sie zu spät angemeldet oder von einer Person eingebracht wird, die auf sie verzichtet hat. Ein nach ordnungsgemäßer Belehrung gemäß §§ 3, 268 StPO in Anwesenheit des Verteidigers von einem prozessfähigen Angeklagten ausdrücklich erklärter Rechtsmittelverzicht ist unwiderruflich (RIS‑Justiz RS0100062, RS0116751, RS0099945). Ein – nicht auf einem Fehlverhalten des Gerichts beruhender – Motivirrtum ist für die Wirksamkeit einer derartigen prozessualen Erklärung unbeachtlich (RIS‑Justiz RS0100103, Ratz, WK‑StPO § 284 Rz 8).

Der Beschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – nicht Folge zu geben.

Bleibt im Übrigen anzumerken, dass die dreitägige Frist des § 284 Abs 1 erster Satz StPO am 8. Oktober 2019 bereits abgelaufen war (vgl § 84 Abs 1 Z 5 StPO).

Eine Kostenentscheidung hatte zu entfallen ( Lendl , WK‑StPO § 390a Rz 11).

Stichworte