European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E127527
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Die Erstantragstellerin behauptet die Erbunwürdigkeit der Zweitantragstellerin (Testamentserbin) gemäß § 539 ABGB idF ErbRÄG 2015. Das Erstgericht hat im Verfahren über das Erbrecht trotz des Antrags der Erstantragstellerin, das Verfahren bis zur Entscheidung der Oberstaatsanwaltschaft Wien über die Einleitung eines Strafverfahrens gegen die Zweitantragstellerin oder bis zur rechtskräftigen Erledigung eines solchen zu unterbrechen, eine Sachentscheidung getroffen und die Ablehnung der Unterbrechung rechtlich begründet. Das Rekursgericht hat diese Vorgehensweise unter Hinweis auf die in § 25 Abs 2 Z 2 AußStrG nicht zwingend angeordnete Unterbrechung gebilligt und dem ausschließlich auf die Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens wegen des Unterbleibens der Unterbrechung gestützten Rekurs der Erstantragstellerin nicht Folge gegeben. Die „in eventu“ angekündigte Rechtsrüge wurde im Rekurs nicht ausgeführt.
Rechtliche Beurteilung
In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs zeigt die Erstantragstellerin keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf:
1. Vorweg ist festzuhalten: In Verlassenschaftssachen liegt regelmäßig ein Entscheidungsgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur vor (RS0122922). Im vorliegenden Fall hat das Rekursgericht entgegen § 59 Abs 2 AußStrG keinen Bewertungsausspruch getroffen. Eine Rückstellung an das Rekursgericht zur Nachholung des Bewertungsausspruchs ist aber entbehrlich, wenn der Entscheidungsgegenstand eindeutig 30.000 EUR übersteigt (RS0007073 [T7, T10]). Diese Voraussetzung ist nach der Aktenlage im Hinblick auf die nachlasszugehörigen Liegenschaften unzweifelhaft erfüllt.
2. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens wurde geprüft, sie liegt nicht vor. Das Rekursgericht hat den Rekurs der Erstantragstellerin inhaltlich erledigt. Einer mit der bloßen Hilfsbegründung, wegen der mittlerweile erfolgten Verständigung durch die Staatsanwaltschaft über das Absehen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens sei die Beschwer der Erstantragstellerin „fraglich“, im Zusammenhang stehenden behaupteten Verletzung des rechtlichen Gehörs fehlte es selbst bei deren Vorliegen an Entscheidungsrelevanz (vgl RS0043027 [T17]).
3. Das Unterbleiben einer Unterbrechung des Verfahrens nach § 25 Abs 2 Z 2 AußStrG kann im Hinblick auf § 26 Abs 4 AußStrG (e contrario) nur insoweit mit dem Rekurs gegen die Hauptsache geltend gemacht werden, als dies zu einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens geführt hat, die auf die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung in der Hauptsache durchschlägt (vgl 6 Ob 87/07y [6 Ob 88/07w]; RS0122156).
Das wurde im Rekurs nicht behauptet.
4. Eine im Rechtsmittel an die zweite Instanz unterlassene Rechtsrüge kann in dritter Instanz auch im Außerstreitverfahren nicht nachgeholt werden (8 Ob 119/18k; RS0043480 [T12]). Schon deshalb kann auf die rechtlichen Ausführungen der Revisionsrekurswerberin, auch soweit darin das Fehlen von Feststellungen infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung erblickt werden könnte, nicht eingegangen werden.
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