OGH 13Os96/19w

OGH13Os96/19w29.1.2020

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Jänner 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Schriftführerin Dr. Ondreasova in der Finanzstrafsache gegen Liselotte M* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Abgabenbetrugs nach §§ 33 Abs 1, 39 Abs 2, Abs 3 lit c FinStrG idF BGBl I 2015/118 sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Birgit L* und die Berufung der Angeklagten Liselotte M* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 29. Jänner 2019, GZ 126 Hv 3/16h‑259, sowie die Beschwerden der Angeklagten Liselotte M* und Birgit L* gegen den zugleich ergangenen Beschluss auf Erteilung von Weisungen nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E127396

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten Birgit L* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 29. September 2016 (ON 206) wurde – soweit hier von Bedeutung – Birgit L* mehrerer Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 11 dritter Fall, 33 Abs 2 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG in den Fassungen BGBl I 2004/57 und BGBl I 2005/103 (II/A) und des Verbrechens des Abgabenbetrugs nach §§ 11 dritter Fall, 33 Abs 2 lit a, 39 Abs 2, Abs 3 lit c FinStrG idF BGBl I 2015/118 (II/B) schuldig erkannt.

Mit Erkenntnis des Obersten Gerichtshofs vom 6. September 2017, AZ 13 Os 4/17p (ON 223), wurde das Urteil in teilweiser Stattgebung von Nichtigkeitsbeschwerden und aus deren Anlass – soweit hier von Bedeutung – in der Subsumtion der Birgit L* zu II/A angelasteten Taten nach § 38 Abs 1 FinStrG (demgemäß auch im Strafausspruch) aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.

Die Frage nach gewerbsmäßiger Begehung (§ 38 FinStrG idF vor BGBl I 2019/62) der vom Schuldspruch II/A umfassten Taten wurde im zweiten Rechtsgang verneint. Für die von den rechtskräftigen Schuldsprüchen umfassten Finanzvergehen und das Verbrechen verhängte das Gericht unter Anwendung des § 21 Abs (1 erster Satz und) 2 dritter und vorletzter Satz FinStrG nach § 33 Abs 5 FinStrG (idF vor BGBl I 2019/62) eine Geldstrafe von drei Millionen Euro und nach § 39 Abs 3 lit c FinStrG (idF vor BGBl I 2019/62) eine Freiheitsstrafe von drei Jahren.

Gemäß § 26 Abs 1 FinStrG iVm § 43a Abs 1 StGB wurde ein Teil der verhängten Geldstrafe von einer Million Euro unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe setzte das Gericht „eine Ersatzfreiheitsstrafe von3 (drei) Monaten für den bedingten Teil und 10 (zehn) Monaten für den unbedingten Teil“ fest (US 4).

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Sanktionsausspruch wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Birgit L*.

Der Sanktionsrüge zuwider blieb die Verfahrensdauer bei der Strafbemessung keineswegs unberücksichtigt (US 19). Indem die Beschwerde eine andere als die vom Erstgericht vorgenommene Gewichtung dieser Dauer fordert, erstattet sie bloß ein Berufungsvorbringen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden gegen den – ungeachtet des Hinweises im ersten Rechtsgang verfehlt in Urteilsform ergangenen (RIS‑Justiz RS0086112; Lässig in WK2 FinStrG § 26 Rz 9) – Beschluss auf Erteilung von Weisungen gemäß § 26 Abs 2 FinStrG, (welcher anlässlich der Beschwerde in Ansehung eines Rechenfehlers berichtigt wurde) kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

Hinzugefügt sei (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO), dass der Liselotte M* und Birgit L* betreffende Ausspruch nach § 20 Abs 1 FinStrG an nicht geltend gemachter Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 11 dritter Fall StPO) leidet, die diesen Angeklagten zum Nachteil gereicht.

Die Festsetzung von Ersatzfreiheitsstrafen im Ausmaß „von 4 (vier) Monaten für den bedingten Teil“ und „14 (vierzehn) Monaten für den unbedingten Teil“ (Liselotte M*, US 3 f) und „von 3 (drei) Monaten für den bedingten Teil“ und „10 (zehn) Monaten für den unbedingten Teil“ (Birgit L*, US 4) widerspricht § 20 Abs 1 FinStrG, wonach für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe zugleich eine an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe auszusprechen ist. Der Ausspruch mehrerer Ersatzfreiheitsstrafen für einzelne Teile der – einheitlichen (§ 21 Abs 1 erster Satz FinStrG) – Geldstrafe findet im Gesetz daher keine Deckung.

Diesem Umstand wird das Oberlandesgericht bei den Berufungsentscheidungen Rechnung zu tragen haben (RIS-Justiz RS0122140).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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