OGH 4Nc31/19z

OGH4Nc31/19z7.1.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

 Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Schwarzenbacher und Priv.-Doz. Dr. Rassi als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen 1. M***** S*****, 2. F***** S*****, beide geboren am ***** 2005, 3. J***** S*****, geboren am ***** 2009, Mutter: C***** S*****, Vater: E***** A*****, wegen

Übertragung der

Zuständigkeit nach § 

111 Abs 2

JN, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0040NC00031.19Z.0107.000

 

Spruch:

Die mit Beschluss des Bezirksgerichts Fürstenfeld vom 7. Oktober 2019, GZ 23 Ps 110/18h‑85, gemäß § 111 JN verfügte Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache bezüglich M***** und F***** S***** an das Bezirksgericht Schwechat wird genehmigt.

 

Begründung:

Den Eltern kommt hinsichtlich der minderjährigen Zwillinge M***** und F***** die Obsorge gemeinsam zu. Der hauptsächliche Aufenthalt der beiden Minderjährigen befindet sich seit Februar 2019 beim Vater im Sprengel des Bezirksgerichts Schwechat. Die Obsorge über den bei der Mutter in Fürstenfeld wohnhaften J***** kommt der Mutter allein zu.

In dem bisher beim Bezirksgericht Fürstenfeld geführten Pflegschaftsverfahren sind hinsichtlich M***** und F***** keine Anträge offen. Bezüglich J***** ist eine Besuchsmittlung verfügt, die Festlegung eines Kontaktrechts wurde vorbehalten.

Das Bezirksgericht Fürstenfeld übertrug mit Beschluss vom 7. Oktober 2019 die Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache bezüglich M***** und F***** gemäß § 111 JN dem Bezirksgericht Schwechat.

Dieses verweigerte die Übernahme der Zuständigkeit mit der Begründung, dass Pflegschaftsakten hinsichtlich aller minderjähriger Kinder gemeinsam geführt werden sollten. Es erscheine zweckmäßig, dass die Führung der drei Kinder beim Bezirksgericht Fürstenfeld verbleibe.

Das übertragende Gericht legte aufgrund dieser Weigerung den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung gemäß § 

111 Abs 2

JN vor.

Rechtliche Beurteilung

Die Zuständigkeitsübertragung ist zu genehmigen.

1. Gemäß § 

111 Abs 1

JN kann das bisher zur Besorgung der pflegschaftsgerichtlichen Geschäfte zuständige Gericht von Amts wegen oder auf Antrag seine

Zuständigkeit ganz oder zum Teil einem anderen Gericht übertragen, wenn dies im Interesse eines Minderjährigen oder sonst Pflegebefohlenen gelegen erscheint, insbesondere wenn dadurch die wirksame Handhabung des pflegschaftsgerichtlichen Schutzes voraussichtlich gefördert wird. Ausschlaggebendes Kriterium für die

Übertragung der

Zuständigkeit nach § 

111 JN ist immer das Kindeswohl (RIS‑Justiz RS0047074 [T1]). Dabei nimmt die Rechtsprechung an, dass der pflegschaftsgerichtliche Schutz in der Regel am besten durch jenes Gericht gewährleistet wird, in dessen Sprengel sich das Kind aufhält (RS0047300 [T1, T23]). Eine Zuständigkeitsübertragung ist daher grundsätzlich zu genehmigen, wenn der Lebensmittelpunkt des Kindes – wie hier – in den Sprengel eines anderen als des bisher zuständigen Bezirksgerichts verlagert wird (RS0047300 [T11]).

2. Der Umstand, dass der Pflegschaftsakt hinsichtlich J***** beim Bezirksgericht Fürstenfeld verbleibt, hindert nicht die Übertragung bezüglich M***** und F*****. Im Vordergrund steht dabei der Umstand, dass sich der hauptsächliche Aufenthalt der Zwillinge beim (auch) obsorgeberechtigten Vater im Sprengel des Bezirksgerichts Schwechat befindet, während J***** bei seiner allein obsorgeberechtigten Mutter in Fürstenfeld lebt. Es sind keine Anträge offen, die alle Kinder betreffen und diesbezüglich derer eine gemeinsame Verfahrensführung sinnvoll erscheint.

3. Unter Berücksichtigung aller Umstände dient die Übertragung der Zuständigkeit daher dem Kindeswohl.

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