OGH 14Os112/19f

OGH14Os112/19f3.12.2019

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Dezember 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz‑Hummel in Gegenwart der Schriftführerin Jäger in der Strafsache gegen Hagi G***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Bandeh A***** gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 24. Juli 2019, GZ 42 Hv 64/19h‑83, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0140OS00112.19F.1203.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten A***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung – Bandeh A***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt (II).

Danach hat er

(II) von Jänner 2017 bis 7. März 2019, teils im einverständlichen Zusammenwirken mit dem unter einem rechtskräftig verurteilten Mittäter Hagi G*****, in W***** und an anderen Orten Österreichs in zahlreichen Angriffen vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) um mehr als das Fünfundzwanzigfache übersteigenden Menge, nämlich 25.000 Gramm Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 4 % Delta‑9‑THC, Nachgenannten durch gewinnbringenden Verkauf überlassen, und zwar

a) bis h) zwischen Sommer/Herbst 2017 und Anfang März 2019 im Urteil namentlich genannten Abnehmern insgesamt 820 Gramm;

i) von einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt bis 7. März 2019 dem Mitangeklagten G***** insgesamt 12.000 Gramm und

j) von einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt bis 7. März 2019 nicht mehr ausforschbaren unbekannten Abnehmern die verbleibende Restmenge.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A***** ist nicht im Recht.

Entgegen dem Vorwurf der Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) steht die Feststellung einer vom Beschwerdeführer in Verkehr gesetzten Suchtgiftmenge von 25 Kilogramm Cannabiskraut (US 7) nicht im Widerspruch zu den diesbezüglichen beweiswürdigenden Erwägungen (US 9 ff).

Denn die Tatrichter stützten ihre Überzeugung von der Unglaubwürdigkeit der Verantwortungen der Angeklagten, wonach die anlässlich ihrer kriminalpolizeilichen Vernehmungen getätigten (überhöhten) Mengenangaben auf ihre damalige Nervosität zurückzuführen seien und der Beschwerdeführer aus diesem Grund irrtümlich eingestanden hätte, 300 Cannabiskraut pro Woche (statt richtig: pro Monat) verkauft zu haben, zwar (auch) auf das äußere Erscheinungsbild der darüber aufgenommenen Protokolle, in welchen die auf Basis der Aussagen errechneten Gesamtmengen durch Fettdruck und Unterstreichungen gekennzeichnet wurden, führten aber zudem – von der Beschwerde prozessordnungswidrig übergangen (RIS‑Justiz RS0119370) – mit mängelfreier Begründung aus, aus welchen Gründen sie in Bezug auf den Angeklagten A***** zu dessen Gunsten dennoch davon ausgingen, dass er eine um 5.000 Gramm reduzierte Quantität anderen überließ (US 10).

Aktenwidrigkeit im Sinn der Z 5 fünfter Fall liegt dann vor, wenn das Urteil den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (RIS‑Justiz RS0099431). Ein solches Fehlzitat spricht der Beschwerdeführer mit dem Hinweis auf seine Aussage in der Hauptverhandlung, er habe erst ab März 2017 Suchtgifthandel betrieben (vgl dagegen im Übrigen ON 15 S 15 iVm US 9) und der Behauptung des Fehlens von Beweisergebnissen zu einem schon im Jänner 2017 gelegenen Beginn des Tatzeitraums nicht an. Davon abgesehen bezieht sich der Einwand nicht auf eine für die Lösung der Schuld- oder der Subsumtionsfrage entscheidende Tatsache. Denn während die konstatierten Tatzeiträume zu II/a bis h ohnehin nach dem März 2017 liegen, umfassen die Schuldsprüche zu II/i und j jeweils gleichartige Verbrechensmengen bloß pauschal individualisierter Taten (RIS‑Justiz RS0119552). Ausgehend von den Urteilsannahmen, nach denen der Angeklagte A***** 300 Gramm Cannabis pro Woche verkaufte (US 10), würde die mit dem Vorbringen angestrebte Einschränkung des entsprechenden Tatzeitraums um etwa zwei Monate daher nur zu einer die Überschreitung des Fünfundzwanzigfachen der Grenzmenge nicht tangierenden Reduktion der verkauften Mengen (um etwa 2.400 Gramm) führen.

Mit dem Hinweis auf die Konstatierungen zur Gewöhnung des Beschwerdeführers an Suchtgift (US 14) sowie jene, nach denen er beschloss, (auch) seinen eigenen Suchtgiftkonsum durch den Verkauf von Suchtgift zu finanzieren und der – in eventu aufgestellten – Behauptung eines Feststellungsmangels zu den Voraussetzungen des § 28a Abs 3 (§ 27 Abs 5) SMG lässt die – auf eine rechtliche Beurteilung nach § 28a Abs 3 SMG abzielende – Subsumtionsrüge (Z 10; vgl RIS‑Justiz RS0131857) außer Acht, dass der Schuldspruch auch nach der Qualifikationsnorm des § 28a Abs 4 Z 3 SMG erfolgte (US 4), wogegen § 28a Abs 3 SMG ausschließlich an Schuldsprüche nach § 28a Abs 1 oder 2 SMG knüpft. Solcherart leitet sie die angestrebte rechtliche Konsequenz nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (RIS‑Justiz RS0116569).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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