OGH 13Os89/19s

OGH13Os89/19s13.11.2019

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. November 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Schrott in der Strafsache gegen Rodica‑Carmen C***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall und 12 dritter Fall und 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 23. Juli 2019, GZ 30 Hv 19/19y‑83a, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0130OS00089.19S.1113.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rodica‑Carmen C***** des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB (I) und des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 „Abs 2“, Abs 3, 148 zweiter Fall und 12 dritter Fall und 15 StGB (II) schuldig erkannt.

Danach hat sie in G*****

(I) sich vom 1. Juli 2017 bis jedenfalls zum Ende des Jahres 2017 als Mitglied an einer im Urteil beschriebenen kriminellen Vereinigung beteiligt, indem sie die zu II geschilderten Taten beging, sowie

(II) vom 11. Juli 2017 bis zum 28. März 2018 in zahlreichen Angriffen gewerbsmäßig mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, teils im Zusammenwirken mit anderen Mitgliedern der kriminellen Vereinigung (I), teils indem sie andere Mitglieder der kriminellen Vereinigung begleitete und Dolmetscherdienste leistete, Angestellte der im Urteil bezeichneten Unternehmen durch Täuschung über ihre Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit zur Ausfolgung von insgesamt vierzehn drittfinanzierten Fahrzeugen im Wert zwischen 9.999 Euro und 33.890 Euro, zum Abschluss von Mobilfunkverträgen und zur Ausfolgung von Mobiltelefonen sowie Übergabe eines NetCubes verleitet, was die im Urteil bezeichneten Unternehmen in einem 300.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigte bzw schädigen sollte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die aus § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 lit a und 11 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten.

Feststellungen sind nur insoweit mit Mängelrüge anfechtbar, als sie (für die Schuld‑ oder die Subsumtionsfrage) entscheidend sind (RIS‑Justiz RS0117499). Einen solchen Aspekt spricht die Mängelrüge (Z 5) mit ihrer Kritik an den Konstatierungen, die Angeklagte habe sich mit Unterstützung der kriminellen Vereinigung in G***** angemeldet, nicht an.

Die Ableitung der Feststellungen zur Beteiligung der Angeklagten an einer kriminellen Vereinigung aus dem einen Informationsaustausch indizierenden Zusammenwirken der Angeklagten mit mehreren großteils an derselben Adresse gemeldeten, miteinander verwandten und international agierenden Personen sowie aus der Tatsache der Verbringung der Fahrzeuge jeweils aus Österreich nach Spanien (vgl dazu US 11, 14 f) ist unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden.

Die Behauptung offenbar unzureichender Begründung der Feststellungen zu I (der Sache nach ebenfalls Z 5 vierter Fall) übergeht diese Entscheidungsgründe. Solcherart ist die Mängelrüge (Z 5) nicht gesetzmäßig ausgeführt (RIS‑Justiz RS0119370).

Kein Widerspruch (Z 5 dritter Fall) besteht zwischen der angefochtenen Feststellung, die Angeklagte habe Verfügungsberechtigte der Autohäuser über ihre Rückzahlungswilligkeit und ‑fähigkeit getäuscht bzw zu täuschen versucht (US 6) und der weiteren Urteilskonstatierung, die Mitarbeiter der Autohäuser seien verpflichtet, die finanziellen Interessen der finanzierenden Bankinstitute durch Identitätsprüfung zu wahren (US 9).

Soweit sich die Rüge gegen die Feststellungen zur subjektiven Tatseite wendet, aber keinen Bezug zu den Kriterien eines Nichtigkeitsgrundes erkennen lässt, entzieht sie sich einer inhaltlichen Erwiderung.

Nach den Feststellungen zu II handelte die Angeklagte mit dem Vorsatz, sich oder die im Urteil Genannten durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern (US 6, 11). Weshalb auch der tatsächliche Eintritt der unrechtmäßigen Bereicherung (vgl dazu RIS‑Justiz RS0103999 [T1]) für die Erfüllung des Tatbestands des Betrugs Voraussetzung sei (der Sache nach Z 9 lit a), entbehrt der gebotenen Ableitung aus dem Gesetz (RIS-Justiz RS0116565).

Die aus dem äußeren Tatgeschehen und den tristen finanziellen Verhältnissen der Angeklagten erfolgte Ableitung der Feststellungen zur gewerbsmäßigen Intention ist unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RIS‑Justiz RS0098671, RS0116882 und RS0114744). Soweit sich der Vorwurf offenbar unzureichender Begründung nicht an diesen Entscheidungsgründen orientiert, ist die Mängelrüge– erneut – nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Mit den Angaben des in der Hauptverhandlung als Zeugen vernommenen Christian S*****, die Angeklagte nicht mehr mit Sicherheit als Begleiterin der L***** wieder erkennen zu können (ON 83 S 2), und jenen des Rudolf K*****, sich an die Angeklagte nicht konkret erinnern zu können (ON 74 S 10), musste sich das Erstgericht zur Vermeidung von Unvollständigkeit (im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall) nicht auseinandersetzen. Für die Feststellungen zu II bedeutsam wären die Angaben nur dann, wenn sie der Annahme der Täterschaft der Angeklagten entgegenstünden. Davon kann aber keine Rede sein.

Im Übrigen ließ das Erstgericht keineswegs unberücksichtigt, dass Christian S***** (im Urteil irrig als „Christoph Michael Sp*****“ bezeichnet [vgl dazu ON 74 S 10 und ON 83 S 5]) die Angeklagte als Begleiterin eines anderen Mitglieds der kriminellen Vereinigung in der Hauptverhandlung nicht (mehr) mit Sicherheit wiedererkennen konnte, sondern führte dies auf die vom Gericht wahrgenommene Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes zurück (vgl US 17). Zudem übergeht die Rüge, dass der Zeuge seine Angaben vor der Polizei, wo er die Angeklagte auf einem Lichtbild als Begleiterin eines anderen Mitglieds der kriminellen Vereinigung eindeutig identifizieren konnte, ausdrücklich aufrecht hielt (ON 83 S 2 iVm ON 6 S 103).

Mit dem Hinweis auf die Angaben der zuvor genannten Zeugen erweckt die Tatsachenrüge (Z 5a) keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen.

Der in Bezug auf die Feststellungen zur kriminellen Vereinigung, zu den „Betrugshandlungen“ und zur „Gewerbsmäßigkeit“ erhobene Vorwurf des „großteils substanzlosen Gebrauchs der verba legalia“ legt nicht dar, warum es den auf US 6 bis 12 getroffenen Feststellungen am gebotenen Sachverhaltsbezug fehlen sollte (RIS‑Justiz RS0119090 [T3]).

Die Argumentation der Sanktionsrüge (Z 11), die Bankinstitute treffe ein vom Erstgericht unberücksichtigt gelassenes Mitverschulden, das mildernd zu berücksichtigen sei, erschöpft sich in einem Berufungsvorbringen (RIS‑Justiz RS0099911).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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