OGH 10Ob55/19i

OGH10Ob55/19i13.9.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Mahringer Steinwender Bestebner Rechtsanwälte OG in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. M*****, 2. Mag. (FH) A*****, beide vertreten durch Urbanek & Rudolph Rechtsanwälte OG in St. Pölten, wegen 13.312,43 EUR sA (Revisionsinteresse: 12.369,46 EUR sA), über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom 11. Dezember 2018, GZ 21 R 203/18p‑69, womit das Urteil des Bezirksgerichts St. Pölten vom 23. Juli 2018, GZ 6 C 696/16m‑64, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0100OB00055.19I.0913.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 1.032,91 EUR (darin enthalten 172,15 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist eine Endabrechnung aus einem Leasingvertrag.

Die Klägerin als Leasinggeberin schloss mit den Beklagten als Leasingnehmern beginnend mit 23. 10. 2014 einen Leasingvertrag über einen Pkw BMW 420d mit einem Kaufpreis von 50.400 EUR. Bei einer Mietzinsvorauszahlung von 6.000 EUR und einer Laufzeit von 60 Monaten sollten die monatlichen Leasingraten 401,27 EUR betragen. Der kalkulierte Restwert (nicht garantiert) wurde mit 27.500 EUR angesetzt. Für die Beklagten sollte sich (unter Berücksichtigung diverser Gebühren) Gesamtkosten von 7.643,37 EUR und eine Gesamtbelastung von 58.043,37 EUR ergeben.

Der Pkw wurde am 23. 10. 2014 übergeben. Da der Erstbeklagte die monatlichen Leasingraten nicht mehr aufbringen konnte, ersuchte er im Mai 2015 um Stundung der Raten, welchem Ersuchen die Klägerin nachkam. Mit Schreiben vom 31. 7. 2015 kündigten die Beklagten den Leasingvertrag auf. Am 10. 5. 2016 wurde das Fahrzeug zu einem BMW-Händler gebracht, wo es im Auftrag der klagenden Partei von einem Sachverständigen geschätzt wurde. Der Verkehrswert wurde mit 33.100 EUR brutto bzw 27.583,33 EUR netto bewertet.

Die Klägerin begehrt von den Beklagten 13.312,43 EUR sA mit dem Vorbringen, nach der Kündigung des Leasingvertrags durch die Beklagten bestünde noch eine Zahlungspflicht in dieser Höhe. Die Beklagten erhoben diverse Gegenforderungen.

Das Erstgericht stellte fest, dass die Klagsforderung mit 13.062,43 EUR zu Recht bestehe und die Gegenforderungen nicht zu Recht bestehen, weshalb die beklagten Parteien schuldig erkannt wurden, der Klägerin 13.062,43 EUR sA zu zahlen und die Prozesskosten zu ersetzen. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren in Höhe von 250 EUR sA wurde abgewiesen.

Das Erstgericht stellte – über die eingangs wiedergegebenen Feststellungen hinaus – noch fest, dass laut Vertragspunkt 4.2 im Fall einer Kündigung durch den Leasingnehmer vor Ablauf der Vertragszeit die Abrechnung laut dem Vertragspunkt „Abrechnung bei vorzeitiger Vertragsauflösung“ erfolgt. Gemäß Punkt 17. „Abrechnung bei vorzeitiger Vertragsauflösung“ hat der Leasinggeber neben den Ansprüchen auf Benützungsentgelt und Rückstellung sowie sonstigen Ansprüchen aus dem Vertrag noch einen sofort fälligen Schadenersatzanspruch aus Restwert (bei Nutzenleasing der der Kalkulation zugrunde gelegte Restwert) zuzüglich der Leasingentgelte für die Zeit zwischen Vertragsauflösung und ursprünglich vereinbartem Vertragsende. In diesem Fall hat der Leasinggeber bei Abrechnung die Gesamtbelastung des Leasingnehmers in einem Ausmaß zu ermäßigen, das unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen den Umständen nach angemessen ist, das heißt eine Abzinsung in Höhe des durchschnittlichen 3‑Monats‑EURIBOR (des Vormonats) x 0,5 im Falle einer durch den Leasingnehmer verschuldeten vorzeitigen Vertragsauflösung, ansonsten in Höhe des vertraglich vereinbarten Sollzinssatzes. Diese Forderung verringert sich um einen allfälligen, um alle Verwertungskosten gekürzten Verwertungserlös für das Fahrzeug, etwaige Versicherungsleistungen und unverbrauchte Eigenleistungen.

Rechtlich ging das Erstgericht – soweit für das Revisionsverfahren noch wesentlich – von einer verschuldeten Vertragsauflösung aus und zinste die restlichen 41 Leasingentgelte bis Vertragsende in Höhe des durchschnittlichen 3‑Monats‑EURIBOR (der, der klagenden Partei folgend mit 1,35 % angenommen wurde) x 0,5 ab. Eine Abzinsung des kalkulierten Restwerts sei nicht vereinbart gewesen. Zu den abgezinsten offenen 41 Leasingraten seien die Gutachtens- und Interventionskosten und die Kosten der Zulassungsaufhebung zu zählen sowie auch der kalkulierte Restwert. Von der Summe dieser Beträge sei der Verkehrswert im Rückgabezeitpunkt in Höhe von 27.853,33 EUR in Abzug zu bringen, sodass sich die offene Zahlungsverpflichtung mit 13.062,43 EUR errechne.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahin ab, dass die Klagsforderung als mit 12.369,46 EUR zu Recht bestehe und im Umfang von 942,97 EUR nicht zu Recht bestehe. Da die Gegenforderung nicht zu Recht bestehe, seien die Beklagten zur Zahlung von 12.369,46 EUR verpflichtet.

Rechtlich ging das Berufungsgericht davon aus, dass für das vorliegende Restwertleasing nach § 26 Abs 1 Z 4 Verbraucherkreditgesetz (VKrG) in § 26 Abs 7 VKrG ein eigenes Kündigungsrecht vorgesehen sei. Ein Verschulden der Beklagten sei zum Kündigungszeitpunkt nicht vorgelegen, da infolge aufrechter Stundung kein Ratenverzug gegeben gewesen sei. Die Abzinsung der bis Vertragsende noch ausstehenden Leasingraten habe daher gemäß Punkt 17.1 des Leasingvertrags nach dem vertraglich vereinbarten Sollzinssatz zu erfolgen. Dieser betrage laut der Urkunde Beilage ./B 3,99 % (und nicht – wie von dem Beklagten behauptet – 4,36 %). Dass der vertragliche Restwert ebenfalls abzuzinsen wäre, sei weder dem Leasingvertrag noch der gesetzlichen Regelung zu entnehmen.

Das Berufungsgericht ließ die Revision nachträglich zu der Frage zu, ob auch der Restwert laufzeitabhängige Bestandteile (beispielsweise Zinsen) enthalte und daher ebenfalls abzuzinsen wäre.

Die Beklagten machen in ihrer Revision nicht nur geltend, dass der vertragliche Restwert einer Abzinsung zu unterziehen sei, sondern auch dass bei vorzeitiger Kündigung die noch ausstehende Leistungspflicht nicht nur im Ausmaß des vereinbarten Sollzinssatzes, sondern im Ausmaß des fiktiven Jahreszinssatzes zu vermindern sei.

Die klagende Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

1. Im Revisionsverfahren ist unstrittig, dass ein Restwertleasing nach § 26 Abs 1 Z 4 VKrG vorliegt. Dieses ist dadurch charakterisiert, dass nicht schon allein durch die Zahlung sämtlicher Leasingraten Vollamortisation der Kosten des Leasinggebers erreicht wird, sondern nach Ablauf der Leasingdauer noch ein nicht amortisierter Betrag in Höhe des kalkulierten Restwerts verbleibt. Der Leasingnehmer muss am Ende der vereinbarten Nutzungsdauer regelmäßig eine Abschlusszahlung leisten, um die Vollamortisation sicherzustellen ( Schopper/Skarics in Klang 3 [2016] § 26 VKrG Rz 38).

2. Für das Restwertleasing wurde in § 26 Abs 7 VkrG ein eigenes jederzeitiges Kündigungsrecht geschaffen, dessen Rechtsfolgen sich an den Rechtsfolgen einer vorzeitigen Rückzahlung orientieren (§ 26 Abs 7 Satz 3 VKrG). Kündigt der Leasingnehmer, bevor die der Leasingkalkulation zugrunde gelegte Nutzungsdauer abgelaufen ist, hat er das Leasingobjekt an den Leasinggeber zurückzustellen und muss gegebenenfalls durch Geldleistungen (Schadenersatz) für die Vollamortisation sorgen. Der Unternehmer kann gleich hohe Zahlungen verlangen, wie sie der Verbraucher bei einem Verbraucherleasingvertrag nach § 26 Abs 1 Z 2 oder 3 VKrG aufgrund einer vorzeitigen Rückstellung der Sache zu leisten hätte. Die Zahlungspflicht des Leasingnehmers reduziert sich jedoch um die dem „abgeschnittenen Vertragszeitraum“ entsprechende Zinskomponente und die für diesen Zeitraum vorgesehenen laufzeitabhängigen Kosten. Laufzeitunabhängige Kosten (zB Rechtsgeschäftsgebühren) verringern sich hingegen nicht ( Heinrich/Pendl in Schwimann/Kodek , ABGB 4 § 26 VKrG Rz 27, 31). Zusätzlich ist infolge der vorzeitigen Rückstellung der gegenüber dem ursprünglich vorgesehenen Rückstellungstermin höhere Sachwert in Anschlag zu bringen (§ 26 Abs 7 iVm § 26 Abs 5 bzw Abs 6 Satz 3 VKrG).

3. Welche Berechnungen hinsichtlich der Modifikation der Zahlungspflicht konkret anzustellen sind, wird durch gesetzliche Regelungen nicht abstrakt vorgegeben, sondern kann nur konkret bezogen auf das jeweilige Vertragsverhältnis beantwortet werden (ErläutRV 650 BlgNR 24. GP  36 f). Für die Höhe der verbleibenden Zahlungspflicht nach einer Kündigung des Leasingnehmers kommt es somit auf die vertragliche Vereinbarung an, wobei die Sonderregelungen in § 26 Abs 6 und 7 VKrG zu berücksichtigen sind ( Schopper/Skarics in Klang 3 § 26 VKrG Rz 38). Die für die Vornahme der Berechnungen erforderlichen Grundlagen sind in der Urkunde über den Leasingvertrag anzugeben (ErläutRV 650 BlgNR 24. GP 36).

4. Im vorliegenden Fall haben die Parteien in Punkt 17.1 des Leasingvertrags vereinbart, die Summe der ausstehenden Leasingraten um die auf die Restlaufzeit des Leasingvertrags entfallenden Sollzinsen (§ 2 Abs 8 VKrG) zu reduzieren. Die Ansicht der Vorinstanzen, dieser Zinssatz sei heranzuziehen, orientiert sich am Wortlaut der vertraglichen Vereinbarung, diese steht nicht in Widerspruch zu § 26 Abs 6 und 7 VKrG. Mit ihrem – nicht weiter begründeten – Vorbringen, die Abzinsung der noch ausstehenden Leasingraten hätte auf Basis des effektiven Jahreszinssatzes erfolgen sollen (welcher Zinssatz die Gesamtkosten des Kredits als jährlichen Prozentsatz des Gesamtkreditbetrags ausdrückt – § 2 Abs 7 VKrG) zeigen die Revisionswerber keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf.

5.1 Der beim Restwertleasing (§ 26 Abs 1 Z 4 VKrG) in den Vertrag aufgenommene Restwert des Fahrzeugs im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung ist als kalkulatorische Konsequenz aus den vereinbarten Leasingraten und der Berücksichtigung des Fahrzeugwerts, der erwarteten jährlichen Kilometerleistung und der bestimmten Vertragsdauer zu verstehen. Es handelt sich um einen kalkulatorischen Berechnungswert, der schon im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ermittelt und zur Vertragsgrundlage gemacht wird (4 Ob 124/00i). Wenngleich bei der Kalkulation dieses Werts vom Ausschöpfen der Vertragslaufzeit ausgegangen wird, ist er nicht mit einer noch ausstehenden, laufzeitabhängigen Leistungspflicht gleichzusetzen, die nach einer vorzeitigen Vertragsauflösung um die darauf entfallende Zinskomponente zu verringern wäre. Hinsichtlich des Werts des Fahrzeugs, ist der verringerten Vertragsdauer dadurch Rechnung zu tragen, dass der aufgrund der vorzeitigen Rückgabe höhere Wert des Leasingobjekts in Anschlag zu bringen ist.

5.2 Die Ansicht des Berufungsgerichts, zu den abgezinsten restlichen Leasingraten sei der vertragliche Nettorestwert (ohne Abzinsung) hinzuzuzählen und (nach Berücksichtigung diverser Gebühren) um den geschätzten Wert des Pkws zu vermindern, entspricht der vertraglichen Vereinbarung, die sich – auch in diesem Punkt – im Rahmen – des § 26 Abs 5 und 6 VKrG hält.

6. Ein Mangel des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Das Berufungsgericht hat sich in ausreichender Weise mit der zur Gegenforderung erhobenen Tatsachenrüge auseinandergesetzt und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass dieser keine Berechtigung zukommt.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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