OGH 13Os42/19d

OGH13Os42/19d28.8.2019

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. August 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Rathgeb in der Strafsache gegen Labinot M***** wegen des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Abs 1 Z 1 und 2, 130 Abs 2 zweiter Fall (iVm Abs 1 erster Fall) und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 7. März 2019, GZ 56 Hv 3/19y‑86, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin MMag. Sauter-Longitsch, des Angeklagten Labinot M***** und seines Verteidigers Mag. Hirsch zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0130OS00042.19D.0828.000

 

Spruch:

 

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch II 1 B und in der zum Schuldspruch gebildeten Subsumtionseinheit, demgemäß auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung), aufgehoben und in diesem Umfang in der Sache selbst erkannt:

 

Labinot M***** wird gemäß § 259 Z 3 StPO vom Vorwurf freigesprochen, er habe am 23. Dezember 2015 in W***** gewerbsmäßig mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Helmut N***** durch Einbrechen in einen zum Wohnhaus gehörenden Lagerraum sowie durch Aufbrechen eines Tresors 300.000 Euro weggenommen.

Für das ihm nach dem unberührt bleibenden Schuldspruch I, II 1 A und C, II 2 A, B, C und D unter Neubildung der Subsumtionseinheit weiterhin zur Last liegende Verbrechen des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 1 und 2, 130 Abs 2 zweiter Fall (iVm Abs 1 erster Fall) und 15 StGB wird Labinot M***** nach § 130 Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von

d r e i J a h r e n

verurteilt.

Gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB wird die vom 12. September 2018, 00:00 Uhr, bis zum 7. März 2019, 10:45 Uhr, erlittene Vorhaft auf die Freiheitsstrafe angerechnet.

 

Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Labinot M***** des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Abs 1 Z 1 und 2, „130 Abs 1 erster Fall, Abs 2 zweiter Fall“ und 15 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in W***** und andernorts gewerbsmäßig zwischen 13. November 2015 und 30. Mai 2018 in acht Angriffen fremde bewegliche Sachen im Urteil bezeichneten Unternehmen und Personen in einem 300.000 Euro übersteigenden Wert von 301.587,71 Euro teils durch Einbruch in ein Gebäude, teils durch Aufbrechen von Behältnissen weggenommen und wegzunehmen versucht.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Schuldspruch II 1 B richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Aus deren Anlass war, worauf auch die Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme zutreffend hinweist, der vom Angeklagten nicht geltend gemachte Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO zum Schuldspruch II 1 B von Amts wegen wahrzunehmen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).

Labinot M***** wurde aufgrund des von der Staatsanwaltschaft Wien ausgestellten Europäischen Haftbefehls vom 24. August 2018 (ON 20) in der Republik Serbien festgenommen (ON 24) und in der Folge über Ungarn nach Österreich ausgeliefert (ON 44). Von der Republik Serbien wurde auf die Beachtung des Grundsatzes der Spezialität ausdrücklich nicht verzichtet (ON 53 S 4).

Die dem Schuldspruch II 1 B zugrunde liegende Tat ist vom Europäischen Haftbefehl nicht umfasst (ON 20). Da den Akten diesbezüglich auch keine sonstigen Gründe für eine Aufhebung der Spezialitätsbindung (Art 14 Abs 1 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens) zu entnehmen sind, ist das Urteil im Schuldspruch II 1 B mit einem prozessualen Verfolgungshindernis behaftet.

Dieser Rechtsfehler führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils wie aus dem Spruch ersichtlich (§ 288 Abs 2 StPO).

Mangels aktenkundigen Hinweises auf ein im Zeitpunkt der Fällung des Ersturteils anhängiges Nachtragsauslieferungsverfahren war im Umfang des aufgehobenen Schuldspruchs sogleich in der Sache selbst zu erkennen (§ 288 Abs 2 Z 3 erster Satz StPO) und insoweit mit einem Freispruch vorzugehen (RIS‑Justiz RS0098426 und RS0092340).

Ein Eingehen auf die ausschließlich gegen den von der Aufhebung betroffenen Schuldspruch gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde erübrigt sich daher.

Bei der Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend die (nicht bereits durch § 70 Abs 1 Z 3 erster Fall StGB erfasste) Tatwiederholung (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB), zwei Verurteilungen wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Taten (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB [ON 68]) und die mehrfache Qualifikation nach § 129 StGB, als mildernd hingegen das reumütige Geständnis (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB) und den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB).

Ausgehend davon (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) erweist sich bei einer Strafdrohung von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe (§ 130 Abs 2 StGB) auf der Grundlage der Schuld des Angeklagten (§ 32 Abs 1 StGB) die im Spruch genannte Sanktion als angemessen.

Die bedingte Nachsicht eines Teils der verhängten Freiheitsstrafe nach § 43a Abs 4 StGB kommt hier nicht in Betracht. Ein von dieser Norm vorausgesetzter besonderer Ausnahmefall (RIS‑Justiz RS0092050) liegt nämlich hier schon mit Blick auf das einschlägig getrübte Vorleben des Angeklagten sowie die aktuell vielfach wiederholte Delinquenz keinesfalls vor.

Die Anrechnung der Vorhaftzeiten gründet sich auf § 38 Abs 1 Z 1 StGB.

Über die Anrechnung der nach Fällung des Urteils erster Instanz in Vorhaft (§ 38 StGB) zugebrachten Zeit hat gemäß § 400 StPO die Vorsitzende des Erstgerichts mit Beschluss zu entscheiden.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Strafneubemessung zu verweisen.

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