OGH 7Nc23/19w

OGH7Nc23/19w22.8.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Höllwerth und die Hofrätin Dr. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. A***** A*****, 2. W***** R*****, beide vertreten durch Dr. Friederike Wallentin-Hermann, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei F*****, Ägypten, wegen 800 EUR sA, über den Ordinationsantrag der klagenden Partei den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0070NC00023.19W.0822.000

 

Spruch:

Als örtlich zuständiges Gericht wird das Bezirksgericht Graz-Ost bestimmt.

 

Begründung:

Die Kläger streben die Verpflichtung der beklagten Fluglinie mit Sitz in Cairo (Ägypten) zur Zahlung von 800 EUR sA aufgrund der Verordnung (EG) Nr 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. 2. 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen an. Bei ihrem bei der Beklagten gebuchten Flug von Graz nach Hurghada am 7. 10. 2018 sei es zu einer Ankunftsverspätung von 23 Stunden gekommen.

Die Kläger beantragen beim Obersten Gerichtshof gemäß § 28 JN unter Anschluss der einzubringenden Klage die Ordination eines örtlich zuständigen Gerichts in Österreich. Die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichts seien nicht gegeben, jedenfalls aber nicht zu ermitteln. Die Kläger seien österreichische Staatsbürger mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich und der Abflugort sei in Österreich (Flughafen Graz) gelegen, womit jedenfalls ein Naheverhältnis zum Inland bestehe. Die Rechtsverfolgung am Sitz der Beklagten in Ägypten wäre aussichtslos, unmöglich bzw unzumutbar, insbesondere weil der Verfahrensaufwand unverhältnismäßig wäre und zwischen Österreich und Ägypten kein Abkommen über die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen nach der Fluggastrechteverordnung bestehe. Die Kläger beabsichtigten deshalb eine Exekutionsführung in Österreich, insbesondere auf Vermögensgegenstände, welche von der Beklagten im Zuge ihrer Geschäftstätigkeit immer wieder nach Österreich verbracht würden (insbesondere Flugzeuge und sonstige Betriebsmittel) bzw auf Forderungen, welche der Beklagten aus ihrer Geschäftstätigkeit in Österreich und gegen Schuldner in Österreich erwachsen. Eine Ordination sei letztlich auch aus unionsrechtlichen Überlegungen, insbesondere im Hinblick auf den effet utile, geboten.

Rechtliche Beurteilung

Die Voraussetzungen für eine Ordination durch den Obersten Gerichtshof sind gegeben.

1. Die Ordination hat zu unterbleiben, wenn ohnehin ein Gerichtsstand im Inland besteht, was der Oberste Gerichtshof anhand der Angaben im Ordinationsantrag zu prüfen hat (2 Nc 2/19w mwN). Aus dem Vorbringen der Kläger ergibt sich kein Gerichtsstand im Inland.

2. Gemäß § 28 Abs 1 Z 2 JN hat der Oberste Gerichtshof unter anderem dann ein örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen, wenn der Kläger österreichischer Staatsbürger ist und im Einzelfall die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder unzumutbar wäre. § 28 Abs 1 Z 2 JN soll Fälle abdecken, in denen trotz Fehlens eines Gerichtsstands im Inland ein Bedürfnis nach Gewährung inländischen Rechtsschutzes vorhanden ist, weil ein Naheverhältnis zum Inland besteht und im Einzelfall eine effektive Klagemöglichkeit im Ausland nicht gegeben ist (8 Nc 16/19y).

3. Unzumutbarkeit der Rechtsverfolgung im Ausland liegt ua dann vor, wenn eine Exekutionsführung im Inland geplant ist, die ausländische Entscheidung in Österreich aber nicht vollstreckt würde (RS0046148 [T17]). Diese Voraussetzungen sind hier nach den Behauptungen der Kläger gegeben, weil zwischen Österreich und Ägypten kein Abkommen über die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen nach der Fluggastrechteverordnung besteht (2 Nc 12/19s mwN; vgl auch 6 Nc 18/19b). Dem Ordinationsantrag ist daher stattzugeben, was auch unionsrechtlichen Überlegungen (effet utile) entspricht (4 Nc 11/19h).

4. Die Bestimmung des zuständigen Gerichts erfolgte nach den Kriterien der Parteinähe (Wohnsitze der Parteien) sowie der Sachnähe (Abflugort) und der Zweckmäßigkeit (RS0106680 [T13]).

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