European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0120OS00084.19Y.0812.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch rechtskräftige Freisprüche enthaltenden Urteil wurde Johannes F***** des Vergehens der Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt zwischen 2014 und Ende 2015 in Y***** den am 9. August 2001 geborenen Bernhard S***** am Körper zu verletzen versucht, indem er ihn bei seinem T-Shirt packte, gegen einen Kasten drückte, an den Füßen vom Bett zog, an den Haaren packte, mit der flachen Hand schlug und mit den Füßen gegen dessen Körper trat.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 5, 5a, 8, 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.
Soweit die Mängelrüge (Z 5 erster Fall) die einen bloßen Misshandlungsvorsatz des Angeklagten zum Ausdruck bringenden Feststellungen bekämpft, spricht sie keine entscheidenden Tatsachen an, weil sich diese Konstatierungen auf andere Übergriffe des Angeklagten, aber nicht auf den abgeurteilten Sachverhalt beziehen (vgl US 5 zweiter Absatz: „Abgesehen davon..“). Zu diesem hat das Erstgericht einen Verletzungsvorsatz ohnedies deutlich konstatiert (vgl US 5 erster Absatz).
Der weiteren Beschwerde (Z 5 zweiter Fall) zuwider musste sich das Gericht – dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe entsprechend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) – nicht mit sämtlichen Details der (als glaubwürdig erachteten [US 7, 9]) Depositionen des Opfers Bernhard S***** auseinandersetzen.
Ob Alexandra S***** bei dem abgeurteilten Übergriff zugegen war, ist für die Lösung der Schuldfrage nicht entscheidend. Die von der Beschwerde (Z 5 zweiter Fall) hervorgekehrten Beobachtungen dieser Zeugin zu Gewalttätigkeiten des Angeklagten gegenüber Bernhard S***** stehen den schulderheblichen Feststellungen nicht erörterungsbedürftig entgegen.
Der weitere Einwand der Mängelrüge (nominell Z 5 zweiter Fall, der Sache nach erster Fall), wonach die Feststellungen (US 1, 5) zur Tatzeit („zwischen 2014 und Ende 2015“) eine abschließende Beurteilung, ob die dem Angeklagten angelastete strafbare Handlung bereits verjährt ist, nicht zulassen würden, trifft nicht zu. Denn vorliegend hatte die Verjährungsfrist im Hinblick auf das Alter des zur Tatzeit minderjährigen Opfers einer strafbaren Handlung gegen Leib und Leben noch nicht einmal zu laufen begonnen (vgl § 58 Abs 3 Z 3 StGB).
Mit der Kritik an der dem Opfer Bernhard S***** attestierten Glaubwürdigkeit und dem Vorbringen, dass sich dieser vor den kontradiktorischen Vernehmungen mit der Zeugin Alexandra S***** abgesprochen habe, bekämpft die Beschwerde bloß die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.
Indem die Beschwerde auf den „Zweifelsgrundsatz“ (in dubio pro reo) rekurriert, macht sie einen Begründungsmangel im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 StPO nicht geltend (RIS‑Justiz RS0102162).
Bloß abermalig unbeachtliche Beweiswürdigungskritik übt der Beschwerdeführer, soweit er die Konstatierungen zu den Tathandlungen im Hinblick darauf, dass diese keine Verletzungsfolgen nach sich gezogen hatten, bezweifelt.
Mit dem Einwand der Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) in Bezug auf den Umstand, ob die Zeugin Alexandra S***** den dem Angeklagten zur Last gelegten Übergriff beobachten konnte, ist auf die obenstehenden Ausführungen zu verweisen.
Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS‑Justiz RS0118780).
Indem die Beschwerde lediglich pauschal die Begründung der angefochtenen Entscheidung auf Basis eigener Beweiswerterwägungen kritisiert und den Umstand hervorkehrt, dass Bernhard S***** keine Verletzungen davongetragen hat, weckt sie keine erheblichen Bedenken gegen den Ausspruch über entscheidende Tatsachen.
Die aus Z 8 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Rechtsmittelkritik, die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat sei abweichend von der auf fortgesetzte Gewaltausübung nach § 107b Abs 1, 2 und 3 Z 1 und Abs 4 vierter Fall StGB gerichteten Anklage nach § 83 Abs 1 StGB subsumiert worden, wozu er nicht gehört worden sei, geht ins Leere. Denn die Tatbilder der erwähnten Tatbestände unterscheiden sich nicht wesentlich voneinander und beziehen sich vorliegend auf denselben Lebenssachverhalt, weshalb es am Beschwerdeführer gelegen wäre, darzulegen, inwieweit seine Verteidigung bei entsprechender Information über die vorgenommene (im Übrigen zu seinen Gunsten ausschlagende) rechtliche Beurteilung eine andere gewesen wäre (vgl RIS‑Justiz RS0113755, RS0126786; Hinterhofer/Oshidari , Strafverfahren Rz 9.177).
Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS‑Justiz RS0099810).
Daran scheitert die Beschwerde, indem sie die zur subjektiven Tatseite getroffenen Feststellungen (US 5) als nicht ausreichend erachtet, weiters darauf verweist, dass das Fehlen von Verletzungsfolgen „unwahrscheinlich“ sei, Begründungsmängel dieser Konstatierungen verortet und– mit Rücksicht auf den Zweifelsgrundsatz – fahrlässiges Handeln des Angeklagten behauptet.
Die weitere Rüge (nominell Z 9 lit a, der Sache nach lit b) macht im Hinblick auf § 58 Abs 3 Z 3 StGB nicht klar, weshalb sich auf Basis der getroffenen Feststellungen zur Tatzeit die Frage allfälliger Verjährung stellen soll. Insoweit kann auf die obenstehende Erledigung zur Mängelrüge verwiesen werden.
Die Sanktionsrüge (Z 11) kritisiert die Gewichtung der Strafzumessungsfaktoren und das Unterbleiben der Heranziehung weiterer Strafmilderungsgründe und erstattet damit lediglich ein Berufungsvorbringen (vgl RIS‑Justiz RS0099911, RS0099920; Hinterhofer/Oshidari , Strafverfahren Rz 9.233).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.
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