OGH 9Ob24/19y

OGH9Ob24/19y15.5.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Stefula in der Pflegschaftssache des mj R* H*, geboren am *, vertreten durch den Vater Ing. R* H*, wegen Obsorge und Kontaktrecht, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter Mag. (FH) J* H*, vertreten durch Dr. Reinhard Lachinger, Rechtsanwalt in Korneuburg, gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 15. Jänner 2019, GZ 20 R 269/18a‑334, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E125275

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

Der am * geborene R* ist das eheliche Kind von Ing. R* H* und Mag. J* H*. Seit der Trennung der Eltern lebte der Minderjährige vorerst bei seiner Mutter. Die Ehe der Eltern wurde am 29. 1. 2016 im Einvernehmen geschieden. Im Scheidungsvergleich vereinbarten die Eltern die gemeinsame Obsorge über ihren Sohn R*, wobei die hauptsächliche Betreuung des Minderjährigen durch die Mutter erfolgen sollte.

Mit Beschluss des Erstgerichts vom 29. 10. 2018 wurde ua die Obsorge für den Minderjährigen der Mutter entzogen, dem Vater endgültig alleine übertragen (Spruchpunkt 1.) und der Antrag der Mutter auf Übertragung der alleinigen Obsorge abgewiesen (Spruchpunkt 2.). Der Antrag der Mutter auf Einholung eines Sachverständigengutachtens von einem anderen als dem beigezogenen Sachverständigen wurde ebenfalls abgewiesen (Spruchpunkt 5.).

Das Rekursgericht gab dem – ausschließlich aus dem Rekursgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens erhobenen – Rekurs der Mutter gegen die Spruchpunkte 1., 2. und 5. nicht Folge. Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte es mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG für nicht zulässig.

Dagegen richtet sich der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der Mutter.

Rechtliche Beurteilung

1. Eine im Rechtsmittel an die zweite Instanz unterlassene Rechtsrüge kann in dritter Instanz auch im Außerstreitverfahren nicht nachgeholt werden (8 Ob 119/18k; RS0043480 [T12]; Schramm in Gitschthaler/Höllwerth, § 66 AußStrG Rz 30). Dem Obersten Gerichtshof ist daher eine Auseinandersetzung mit den Rechtsausführungen im Revisionsrekurs verwehrt (8 Ob 119/18k).

2. Auch im Pflegschaftsverfahren kann eine bereits vom Rekursgericht verneinte Mangelhaftigkeit des Verfahrens grundsätzlich im Verfahren dritter Instanz nicht mehr angefochten werden (10 Ob 8/19b [Pkt 5.2]; 7 Ob 115/18i [Pkt 2.]; RS0050037 [T4]; RS0030748 [T18]). Die Voraussetzungen für die Durchbrechung dieses Grundsatzes aus Gründen des Kindeswohls liegen hier nicht vor. In dem von der Mutter in erster Instanz vorgelegten klinisch-psychologischen Befundbericht wird zwar allgemein festgehalten, dass sich bezüglich der Persönlichkeitsdiagnostik keine Auffälligkeiten bei der Mutter zeigen würden. Mit der für das Kindeswohl entscheidenden Erziehungsfähigkeit der Mutter, die der gerichtliche Sachverständige unter Berücksichtigung aller vorliegenden, im Akt dokumentierten Umstände, einer ausführlichen klinisch-psychologischen Diagnostik der Mutter und insbesondere auch seiner durchgeführten Interaktionsbeobachtungen zwischen den Eltern und ihrem Sohn beurteilte, befasst sich der Bericht nicht.

Die Frage, ob weitere Beweise zur Gewinnung von Feststellungen aufzunehmen sind, ist eine solche der in dritter Instanz nicht mehr bekämpfbaren Beweiswürdigung (RS0043414). Auch die Frage der Beweiskraft eines Sachverständigengutachtens zu den Grundlagen der Beurteilung der Erziehungsfähigkeit der Mutter gehört in das Gebiet der Beweiswürdigung und ist daher mit Revisionsrekurs nicht bekämpfbar (1 Ob 20/19a [Pkt 2.] mwN).

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Mutter ist daher zurückzuweisen.

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