OGH 15Os25/19v

OGH15Os25/19v10.4.2019

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. April 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Rögner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Johann K***** wegen der Verbrechen nach § 3g VerbotsG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 27. November 2018, GZ 605 Hv 4/18f‑16, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0150OS00025.19V.0410.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Johann K***** – soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant – mehrerer Verbrechen nach § 3g VerbotsG schuldig erkannt.

Danach hat er sich zwischen 22. Oktober 2015 und 5. Juni 2016 in W***** auf andere als die in den §§ 3a bis 3f VerbotsG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, indem er

I./ nationalsozialistisches Gedankengut (aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen zu ergänzen:) verherrlichende Abbildungen „herunterlud“ und teilweise mit nationalsozialistisches Gedankengut verherrlichenden Kommentaren versah, und zwar

A./ „auf sein öffentliches einsehbares Facebook-Profil 'Johann K*****'“

1./ am 31. Oktober 2015 eine Schwarze Sonne als ein das Hakenkreuz ersetzendes Symbol mit dem Kommentar „Es wird noch immer geritten“;

2./ am 29. November 2015 eine Schwarze Sonne als ein das Hakenkreuz ersetzendes Symbol, umfasst von zwei roten Kreislinien vor einem Kreuz aus roten Linien;

3./ am 29. Februar 2016 Adolf Hitler als Koch mit dem Untertitel „Also … zuerst drehen wir das Gas auf!“;

4./ am 7. März 2016, indem er ein vom User „Adam S*****“ ins Netz gestelltes Bild von Adolf Hitler vor dem Hintergrund einer Hakenkreuzfahne und einer historischen Aufnahme des Aufmarsches anlässlich des Reichsparteitags 1934 in Nürnberg hochlud;

5./ am 15. März 2016 eine weiße, geballte, aufwärts gerichtete rechte Faust mit dem Schriftzug „WHITE POWER“, welche ein Symbol und einen Begriff in der Neonaziszene darstellen, mit dem Kommentar „Wer die Wahrheit sagt wird gehasst“;

6./ am 19. März 2016 ein Foto deutscher Wehrmachtsoldaten auf einem Panzer mit dem Kommentar „Sie haben ihr Leben für uns gegeben, und dann kommt DDR Angela und zerstört alles was nicht niet und nagelfest ist … Nicht weil man einen Krieg verloren hat sondern sie lacht über all die die ihr Leben für unsere Zukunft gaben.“;

7./ am 8. April 2016 eine Abbildung, welche ua zwei Schwarze Sonnen als das Hakenkreuz ersetzende Symbole zeigt;

8./ am 25. Mai 2016 ein kleines Mädchen, welches den Hitlergruß ausführt, mit dem Kommentar „Surely the Champions“;

9./ am 5. Juni 2016 ein (in den von 1933 bis 1945 bestehenden Reichsfarben des Deutschen Reiches gehaltenes) schwarz-weiß-rotes Wappen mit dem Wahlspruch der Schutzstaffel (SS) „Meine Ehre heißt Treue“;

10./ zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt einen Soldaten mit einer Hakenkreuz-Armbinde mit dem Text: „DAS IST TIM. TIM TRÄGT BRAUNHEMD UND LIEBT KNUSPERFLOCKEN. ER TREIBT SPORT, LABERT NICHT MIT BULLEN UND DISKUTIERT NICHT MIT ROTFRONT. TIM IST KLUG SEI WIE TIM.“;

B./ „auf sein Facebook-Profil 'Johann P***** K*****'“

1./ am 15. Dezember 2015 Adolf Hitler an einem Rednerpult mit erhobenen Händen mit der Überschrift „Gibt es eigentlich noch ein Judenwitz den ich nicht schon über 6 Millionen mal gehört habe ?!?!“;

2./ am 19. Dezember 2015 eine Schwarze Sonne als ein das Hakenkreuz ersetzendes Symbol vor blauem Hintergrund;

3./ am 20. Dezember 2015 einen Erwachsenen und viele Kinder, welche auf zwei wehende Fahnen blicken, eine Hakenkreuzfahne und eine österreichische Fahne, auf welcher sich ebenfalls ein Hakenkreuz befindet, mit dem Kommentar „Sonntag, seht sich mein Herz nach der Heimat“;

4./ am 20. Dezember 2015 eine Frau, die in ein offenes Backrohr schreit, mit der Überschrift „FUCK YOU, JEWS!“, mit dem Kommentar „Selten so gelacht“;

5./ am 20. Dezember 2015 ein Bild, das einen Anhänger mit dem Wort „Hope“ und denselben Anhänger auf dem Kopf stehend zeigt, wodurch der Schriftzug so ähnlich aussieht wie „adolf“, darunter eine Fotografie von Adolf Hitler mit dem Kommentar „Ich trage eine hoffnung im mir“;

6./ am 20. Dezember 2015 eine doppelte Siegrune mit einem kleinen Totenkopf;

7./ am 22. Dezember 2015 ein Bild, das einen Anhänger mit dem Wort „Hope“ und denselben Anhänger auf dem Kopf stehend zeigt, wodurch der Schriftzug so ähnlich aussieht wie „adolf“, darunter eine Fotografie von Adolf Hitler, mit dem Kommentar „Solnge nichts vergessen ist, ist nichts verloren ...“;

8./ am 28. Dezember 2015 eine Schwarze Sonne als ein das Hakenkreuz ersetzendes Symbol vor blauem Hintergrund, mit dem Kommentar „Noch gibt es Hoffnung, […] … Ein einziges deutsches Herz schlägt ist Nichts verloren ...“;

9./ am 29. Dezember 2015 einen Erwachsenen und viele Kinder welche auf zwei wehende Fahnen blicken, eine Hakenkreuzfahne und eine österreichische Fahne, auf welcher sich ebenfalls ein Hakenkreuz befindet, mit dem Kommentar „Gerde n diese Zeiten wo sich grenzen verschieben, wäre ein Neuanfang bitter nötig“;

10./ am 29. Dezember 2015 einen Totenkopf mit dem Text „Waffentotenkopf“, flankiert jeweils von einer doppelten Siegrune, mit dem Kommentar „Ganz so schlimm wird es nicht --- schlimmer gruSS an sonderbar ...“;

11./ am 1. Jänner 2016 einen schwarz-weiß-roten Schmetterling, auf dessen Flügel die Zahl „88“ zu erkennen ist, welche als Abkürzung für den Gruß „Heil Hitler“ dient, mit dem Kommentar „Wenn sogar die Natur sagt, wos lang geht, Was soll dann noch passieren ...“;

12./ am 2. Jänner 2016 eine Schwarze Sonne als ein das Hakenkreuz ersetzendes Symbol vor blauem Hintergrund, mit dem Kommentar „Ahtme blaues Licht [...]“;

13./ am 6. Jänner 2016 eine Schwarze Sonne als ein das Hakenkreuz ersetzendes Symbol im Ziffernblatt einer Uhr, flankiert von zwei Gestalten, mit der Überschrift „TIME IS TICKING“ und dem Untertitel „FOR EUROPEAN MANKIND“, mit dem Kommentar „Leben für das Morgen“;

14./ am 14. Jänner 2016 einen Reichsadler auf grünem Grund mit der Überschrift „Deutschland“ und dem Untertitel „Ewige Treue“;

15./ am 27. Jänner 2016 eine Landkarte Europas, auf welcher die meisten Länder, darunter Österreich, rot gefärbt sind, mit einem schwarzen Hakenkreuz auf einem weißen Kreis in der Mitte, wobei zwischen Deutschland und unter anderem Österreich sowie der Schweiz keine Landesgrenze eingezeichnet ist;

16./ am 18. Februar 2016 eine Schwarze Sonne als ein das Hakenkreuz ersetzendes Symbol vor blauem Hintergrund;

17./ am 2. März 2016 ein Cover eines Computerspiels mit Adolf Hitler als Kämpfer mit einer Überschrift, in der eine doppelte Siegrune zu sehen ist;

18./ am 5. März 2016 einen Soldaten der Schutzstaffel (SS) mit darunter befindlichem und in Anlehnung an eine Ariel-Werbung gestaltetem Text: „ARIER … nicht nur sauber – sondern rein!“;

19./ am 13. März 2016 eine Bildcollage einerseits mit einem historischen Foto von Adolf Hitler anlässlich seiner Rede an die Jugend auf dem Reichsparteitag 1938 in einem Wagen inmitten einer begeisterten Menschenmenge mit ihm entgegengestreckten Händen, von welchen er zwei ergreift, mit darunter befindlichem Text: „WHEN YOU´RE ELECTED AND LOVED BY YOUR PEOPLE“, andererseits mit Papst Franziskus, Recep Tayyip Erdogan, Barack Obama und Angela Merkel, welche von Bodyguards abgeschirmt werden, mit darunter befindlichem Text: „... AND WHEN YOU´RE NOT!“, mit dem Kommentar „So ist es“;

20./ am 27. Mai 2016 ein Porträt Adolf Hitlers mit dem Kommentar „Eine Frage … wurde er nun heilig gesprochen Oder doch nicht habe da etwas läuten gehört aus Rom.“;

C./ am 18. November 2015 in der öffentlich einsehbaren Facebook Gruppe der „NPÖ‑Wien“ unter seinem Facebook-Profil „Johann K*****“ eine von einer anderen Person auf Facebook hochgeladene, das nationalsozialistische Gedankengut verherrlichende Abbildung, nämlich ein Bild mit einer Waffe der Marke Luger, Patronen, einem „Soldbuch“ sowie einem Abzeichen, wobei auf den letzten beiden jeweils ein Reichsadler mit Hakenkreuz zu sehen ist, und ein Bild eines Reichsadlers mit Hakenkreuz, zu dem ein anderer Facebook-User „Mein Lieblings Adler ...“ schrieb, mit „Richtige Antwort“ kommentierte;

II./ zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt eine von einer anderen Person am 7. März 2016 auf Facebook hochgeladene, das nationalsozialistische Gedankengut verherrlichende Abbildung, nämlich ein Bild von Adolf Hitler mit einer großen Hakenkreuzfahne im Hintergrund, auf Facebook unter seinem Facebook-Profil „Johann K*****“ mit „Gefällt mir“ markierte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 9 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

Die Rüge nach Z 9 behauptet, der Wahrspruch zu sämtlichen von den Geschworenen bejahten Hauptfragen sei in sich widersprechend, weil mit einem Herunterladen von Abbildungen deren Publizierung und Kommentierung auf Facebook technisch nicht möglich sei.

Sie übersieht, dass sich der herangezogene Nichtigkeitsgrund nur auf Mängel in der Antwort der Geschworenen, nicht aber auf Fehler der Fragestellung bezieht (RIS‑Justiz RS0121301, RS0123182; Ratz, WK-StPO § 345 Rz 76).

Im Übrigen bringen die gestellten Hauptfragen trotz der missverständlichen Verwendung des Wortes „herunterlud“ unter Berücksichtigung der Formulierung „auf sein Facebook-Profil“ und der teils erfolgten Bezugnahme auf Kommentierungen durch den Angeklagten erkennbar zum Ausdruck, dass sie sich auf die Veröffentlichung von Abbildungen und Kommentaren bezogen.

Der zur Hauptfrage 37 (Schuldspruch II./) erhobene Vorwurf, der Wahrspruch der Geschworenen sei in sich widersprüchlich und denkunmöglich, weil bei nicht feststellbarer Tatzeit „denklogisch auch nicht festgestellt werden“ könne, dass sie zwischen 22. Oktober 2015 und 5. Juni 2016 liege, betrifft abermals nur die Fragestellung und im Übrigen auch keine entscheidende Tatsache (RIS‑Justiz RS0120126, RS0098557). Der weitere Einwand zur selben Hauptfrage, das vom Angeklagten mit „Gefällt mir“ markierte Bild sei erst am 7. März 2016 von einer anderen Person auf Facebook hochgeladen worden, sodass die Tat zwischen 22. Oktober 2015 und 6. März 2016 „gar nicht begangen worden sein kann“, bleibt angesichts des in der Frage enthaltenen Tatzeitraums von 22. Oktober 2015 bis 5. Juni 2016 im Übrigen unverständlich.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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