European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0210DS00003.18F.0123.000
Spruch:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Beschuldigten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde ***** (richtig [ES 4]) jeweils mehrerer Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten und der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 DSt schuldig erkannt.
Danach hat er im Verfahren AZ 23 C 293/17w des Bezirksgerichts Salzburg mit Schriftsatz vom 19. September 2017 vorgebracht, dass der Anschein bestehe, Rechtsanwalt Dr. Manfred N***** mahne Personen unberechtigt ab, um Kosten zu lukrieren, und überdies angekündigt, im Fall der Abweisung der im bezeichneten Verfahren gegenständlichen, von Dr. N***** als Vertreter der klagenden Partei eingebrachten Klage werde er vom Kläger oder dessen Rechtsvertreter belangte Personen in medialer Form ermutigen, sich an ihn zu wenden, um (aufgrund gleichartiger Abmahnungen) zu Unrecht bezahlte Beträge zurückzufordern.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen wegen Vorliegens der Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z 8 und 9 lit a StPO sowie wegen des Ausspruchs über die Schuld erhobene Berufung des Beschuldigten geht fehl.
Mit ihrem Vorbringen zur Nichtigkeit aus Z 8 verkennt die Berufung elementare Unterschiede zwischen der Anklageschrift (§ 211 StPO) und dem Einleitungsbeschluss (§ 28 DSt). Während nämlich Erstere (neben Angeklagtem und Tat) auch die aus ihrer Sicht durch die Tat verwirklichten strafbaren Handlungen (§ 211 Abs 1 Z 2 StPO) und die übrigen anzuwendenden Strafgesetze (§ 211 Abs 1 Z 3 StPO) zu bezeichnen hat (vgl zum Strafantrag auch §§ 451 Abs 1, 484 StPO), muss Letzterer bloß „unter Angabe der näheren Umstände die Tathandlungen, deren der Beschuldigte verdächtigt wird“, anführen (§ 28 Abs 2 erster Satz DSt). Anders als die Anklageschrift, die – wie dargelegt – auch eine rechtliche Wertung des Anklagesachverhalts vorzunehmen hat, dient der Einleitungsbeschluss nach dem Gesetz somit ausschließlich dazu, den Prozessgegenstand auf der Sachverhaltsebene abzugrenzen (RIS‑Justiz RS0056011 und RS0056014 [T4]). Unter dem Aspekt des § 281 Abs 1 Z 8 StPO folgt daraus, dass eine Informationspflicht im Sinn des § 262 StPO begrifflich ausscheidet, weil der in Verfolgung gezogene Sachverhalt im Einleitungsbeschluss gar nicht zu subsumieren ist.
Indem die Berufung argumentiert, der Beschuldigte sei über die rechtliche Einordnung des im Einleitungsbeschluss beschriebenen Sachverhalts nicht hinreichend informiert worden, verlässt sie somit den im Regelungsbereich des DSt geltenden Anfechtungsrahmen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) orientiert sich nicht am festgestellten Wortlaut der schriftlichen Äußerungen (ES 2) sowie an deren – auf der Sachverhaltsebene liegenden (RIS‑Justiz RS0092588) und solcherart – ebenfalls festgestelltem Bedeutungsinhalt (ES 2 und 4) und verfehlt demnach den Bezugspunkt materiell‑rechtlicher Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).
Sofern das Vorbringen auch als Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld zu verstehen ist, werden mit den Hinweisen auf Informationen von am gegenständlichen Zivilrechtsstreit nicht beteiligten Personen, Äußerungen in sozialen Medien sowie angeblich fehlerhaft unterlassenen Rechtsausführungen im Auftragsschreiben Dris. N***** keine Bedenken an der Lösung der Schuldfrage geweckt. Entgegen dem Berufungsvorbringen werden dadurch nämlich weder die Feststellungen zum Bedeutungsinhalt der inkriminierten Äußerungen noch jene zur subjektiven Tatseite in Zweifel gesetzt.
Der Disziplinarrat verhängte über den Beschuldigten gemäß § 16 Abs 1 Z 2 DSt eine Geldbuße von 1.000 Euro und wertete dabei das Zusammentreffen mehrerer Disziplinarvergehen als erschwerend, den bislang ordentlichen Lebenswandel sowie das besondere Engagement für den Mandanten als mildernd.
Die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe, die (ohne inhaltliche Argumentation) einen schriftlichen Verweis im Sinn des § 16 Abs 1 Z 1 DSt anstrebt, geht fehl.
Die vom Disziplinarrat angenommenen Strafbemessungsgründe sind dahin zu korrigieren, dass das „besondere Engagement“ für den Mandanten fallbezogen nicht als mildernd zu werten ist, besteht doch der disziplinarrechtliche Vorwurf hier gerade darin, dass der Beschuldigte die in § 9 Abs 1 RAO umschriebenen Grenzen der Vertretungspflicht überschritten hat. Hievon ausgehend sowie mit Blick auf die – im anwaltlichen Disziplinarverfahren sinngemäß heranzuziehenden (RIS‑Justiz RS0054839) – allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung des § 32 StGB ist die vom Disziplinarrat ausgesprochene Sanktion einer Reduktion keinesfalls zugänglich.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 54 Abs 5 DSt.
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