European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0150OS00131.18F.1121.000
Spruch:
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil ebenso wie demzufolge der Beschluss auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.
Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Charles E***** jeweils eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 dritter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 2 SMG (I./) sowie nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG (II./) schuldig erkannt.
Danach hat er in W***** und andernorts
I./ als Mitglied einer kriminellen Vereinigung, der neben ihm unter anderem zwei weitere (im Urteil umschriebene) unbekannte Täter angehörten, zur vorschriftswidrigen Ausfuhr einer insgesamt die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge Suchtgift aus den Niederlanden und zur anschließenden Einfuhr derselben nach Österreich beigetragen, indem er um den 30. September 2017 (1./), 28. Oktober 2017 (2./) und 14. Jänner 2018 (3./) jeweils bei einem in den Niederlanden aufhältigen Suchtgiftlieferanten Suchtgift bestellte, woraufhin der UT „9855‑Drogenorganisator“ zu 1./ und 2./ jeweils zumindest 50 Gramm und zu 3./ zumindest 40 Gramm Kokain jeweils mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 20 % Reinsubstanz Cocain durch einen unbekannten Suchtgiftkurier aus den Niederlanden nach Österreich transportieren und an den Angeklagten übergeben ließ;
II./ vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er zwischen 30. September 2017 und 4. Februar 2018 das zu I./ genannte Suchtgift in mehreren Angriffen an unbekannte Abnehmer veräußerte.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen erhobenen und auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt Berechtigung zu.
Zutreffend zeigt die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) auf, dass die entscheidungswesentlichen Feststellungen zur Reinsubstanz des inkriminierten Suchtgifts (US 5) zur Gänze unbegründet geblieben sind. Auf eine darauf bezogene Gerichtsnotorietät hat sich das Schöffengericht – entgegen der Vermutung des Beschwerdeführers – im Übrigen gar nicht gestützt. Denn dass (auch) gerichtsnotorische Tatsachen keiner Begründung bedürfen (vgl Ratz , WK-StPO § 281 Rz 463; RIS-Justiz RS0098570 [T8]), entbindet das Gericht nicht davon, bei Annahme von Gerichtsnotorietät sich im Urteil auf diese zu berufen, also zu behaupten, dass eine Tatsache ohnehin allen Mitgliedern des Schöffensenats bekannt war.
Es war daher das Urteil – und damit einhergehend der gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO gefasste Beschluss – schon bei der nichtöffentlichen Beratung aufzuheben und ein neuer Rechtsgang anzuordnen (§ 285e StPO).
Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde wird der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.
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