European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0150OS00123.18D.1121.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Michael D***** – soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant – des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er in der Nacht vom 27. auf den 28. Jänner 2018 in B***** eine wehrlose Person unter Ausnützung dieses Zustands missbraucht, indem er an der durch Suchtmittelkonsum beeinträchtigten und schlafenden Sabrina W***** eine digitale anale Penetration, somit eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung vorgenommen hat.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 5a, „9“ und 10 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
Entgegen der Beschwerde (nominell Z 5, „9“ und 10, der Sache nach Z 9 lit a) haben die Tatrichter bei einer auch den Tenor (US 2; arg „eine digitale anale Penetration vorgenommen hat“) in den Blick nehmenden (vgl RIS-Justiz RS0116587 [T2], RS0114639) Analyse des Urteils die Feststellung getroffen, dass der Angeklagte dem schlafenden Opfer zwei Finger in den Anus eingeführt hat (RIS-Justiz RS0117228; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 19). Denn die Konstatierung, wonach der Angeklagte am 28. Jänner 2018 eine solche Aussage gegenüber dem Opfer gemacht hat, ist in Zusammenschau mit der daran anschließenden Begründung zu lesen, dass der Angeklagte „dies“ (ersichtlich gemeint: das Einführen von zwei Fingern in den Anus des Opfers) im Bewusstsein um die Wehr- und Willenlosigkeit seiner Freundin im Schlaf „tat“ (US 4 f; siehe auch US 7 und 9).
Mit Blick auf die vom Schöffengericht als „Schutzbehauptung“ gewertete leugnende Verantwortung des Angeklagten (US 7) und die zuvor dargestellten Urteilskonstatierungen zum Tatgeschehen bestehen gegen die Ableitung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite aus dem „objektiven Tathergang“ (US 7 f) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) keine Bedenken (RIS-Justiz RS0116882, RS0098671).
Indem die Beschwerde behauptet, das Erstgericht habe die Feststellungen zur inneren Tatseite „lediglich“ damit begründet, dass das Opfer schon mehrmals gegenüber dem Angeklagten Analverkehr abgelehnt habe, greift sie prozessordnungswidrig (RIS-Justiz RS0119370) nur ein einzelnes Begründungselement auf. Im Übrigen berechtigen nicht nur zwingende Schlüsse – wie dies die Rüge vermeint – zu Tatsachenfeststellungen, sondern auch vertretbare Wahrscheinlichkeitsschlüsse, die als Akt freier richterlicher Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) mit Nichtigkeitsbeschwerde nicht anfechtbar sind (RIS-Justiz RS0098471 [T4]). Dass dem Beschwerdeführer die Urteilsbegründung „lebensfremd“ erscheint und er unter Zugrundelegung seiner Verantwortung eine andere Interpretation der Beweisergebnisse als jene des Schöffengerichts begehrt, stellt keinen Nichtigkeitsgrund dar.
Mit der Verantwortung des Angeklagten, das Opfer in der Tatnacht lediglich gestreichelt zu haben, um es zu Sex zu bewegen, haben sich die Tatrichter auseinandergesetzt, diese aber als Schutzbehauptung gewertet (US 7). Berücksichtigt wurde auch, dass bei einer Untersuchung des Opfers keine analen Verletzungen festgestellt wurden (US 7). Die auf diese beiden Umstände rekurrierende Tatsachenrüge (Z 5a) orientiert sich somit nicht an der Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiserwägungen und geht daher vom Ansatz ebenso fehl wie die eigenständige Interpretation der Aussage des Angeklagten und die Kritik an den Feststellungen zur subjektiven Tatseite (RIS-Justiz RS0117961, RS0118780 [T1]; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 487).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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