European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0130OS00093.18B.1010.000
Spruch:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Gründe:
Mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 6. September 2017, GZ 78 Hv 127/17a‑49, wurde Harald G***** des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 und 4 StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt.
Den gegen dieses Urteil gerichteten Berufungen des Angeklagten (wegen Nichtigkeit sowie der Aussprüche über die Schuld und die Strafe) und der Staatsanwaltschaft (wegen des Ausspruchs über die Strafe) gab das Oberlandesgericht Graz mit Urteil vom 31. Jänner 2018, AZ 9 Bs 397/17a (ON 58), nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Der hinsichtlich dieser Entscheidung erhobene Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens ist – wie die Generalprokuratur zutreffend aufzeigt – unzulässig.
Für einen nicht auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gestützten Erneuerungsantrag gelten als subsidiären Rechtsbehelf alle gegenüber diesem Gerichtshof normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen der Art 34 und 35 MRK sinngemäß (RIS‑Justiz RS0122737, RS0128394). Demnach hat – weil die Opfereigenschaft nach Art 34 MRK nur dann anzunehmen ist, wenn der Beschwerdeführer substantiiert und schlüssig vorträgt, in einem bestimmten Konventionsrecht verletzt zu sein – auch ein Erneuerungsantrag deutlich und bestimmt darzulegen, worin eine – vom angerufenen Obersten Gerichtshof sodann selbst zu beurteilende – Grundrechtsverletzung im Sinne des § 363a Abs 1 StPO zu erblicken sei (RIS‑Justiz RS0122737 [T17]). Dabei hat sich der Erneuerungswerber mit der als grundrechtswidrig bezeichneten Entscheidung in allen relevanten Punkten auseinanderzusetzen (RIS‑Justiz RS0124359) und, soweit er auf der Grundlage der Gesamtheit der Entscheidungsgründe nicht Begründungsmängel aufzuzeigen oder erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit getroffener Feststellungen zu wecken vermag, seiner Argumentation eben diese Feststellungen zugrunde zu legen (RIS‑Justiz RS0125393 [T1]).
Der Antrag behauptet eine Verletzung des Art 6 MRK, nämlich des „nemo tenetur“‑Grundsatzes, also des Rechts, zu schweigen und sich nicht selbst zu belasten (Art 6 MRK [ Grabenwarter/Pabel , EMRK 6 § 24 Rz 138; mwN]).
Dabei wird er den dargelegten Zulässigkeitskriterien nicht gerecht, weil er sich nicht an der – nicht prozessförmig bekämpften – Sachverhaltsbasis (US 2 f iVm ON 49 S 2 ff) orientiert, nach der dem Erneuerungswerber bei wahrheitsgemäßer Aussage vor der Kriminalpolizei keine – nach eigener Verantwortung (ON 35 S 9, ON 48 S 4) von ihm im Übrigen auch gar nicht befürchtete – („disziplinäre oder sogar“) strafrechtliche Verfolgung (§ 157 Abs 1 Z 1 StPO; vgl Kirchbacher , WK‑StPO § 157 Rz 3 f; Plöchl/Seidl in WK 2 StGB § 290 Rz 8) und auch keine Schande (iSd § 158 Abs 1 Z 1 StPO; vgl Kirchbacher , WK‑StPO § 158 Rz 5; Plöchl/Seidl in WK 2 StGB § 290 Rz 7) gedroht hätte, weshalb ein Recht auf Verweigerung der Aussage (§ 157 Abs 1 StPO) oder der Beantwortung einzelner Fragen (§ 158 Abs 1 StPO) und damit auch die Voraussetzungen von Aussagenotstand nach § 290 Abs 1 StGB ( Plöchl/Seidl in WK 2 StGB § 290 Rz 13) nicht vorgelegen seien (vgl US 3), sondern diese durch gegenteilige Annahmen ersetzt.
Die Kritik an der Nichtanwendung der Diversion lässt keinen Konnex zu den Kriterien des Art 6 MRK erkennen.
Das vom Antragsteller kritisierte Vorgehen der Staatsanwaltschaft ist nicht Gegenstand einer Antragstellung nach § 363a Abs 1 StPO (RIS‑Justiz RS0128957).
Der Antrag war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß § 363b Abs 1 und Abs 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung als unzulässig zurückzuweisen.
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