OGH 14Os102/18h

OGH14Os102/18h9.10.2018

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Oktober 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Holzer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Murat D***** wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 25. April 2018, GZ 115 Hv 25/18s‑29, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0140OS00102.18H.1009.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Murat D***** des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 9. August 2017 in W***** an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst verursacht, indem er in der von Melanie R***** bewohnten Wohnung der Stadt W*****, W***** auf einer Matratze im Schlafzimmer und einer Sitzgarnitur im Wohnzimmer unter Zuhilfenahme einer brennbaren Flüssigkeit mit offener Flamme ein Feuer legte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 11 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Aktenwidrigkeit (

Z 5 fünfter Fall) liegt nur bei erheblich unrichtiger Wiedergabe des Inhalts eines Beweismittels in den Entscheidungsgründen vor (RIS-Justiz RS0099431). Ein solches Fehlzitat spricht die Mängelrüge gar nicht an, indem sie auf eine Passage aus dem polizeilichen Abschlussbericht verweist, nach der die Feuerwehr erst um 9:18 Uhr ausrückte, um den Brand zu bekämpfen (und nicht– wie vom Erstgericht angenommen – um 9:17 Uhr vor Ort war; US 4), und gegen die Erwägungen der Tatrichter, nach denen „der Zeitraum 8 Uhr bis 9 Uhr weder durch Zeugenaussagen noch durch anderweitige objektive Beweisergebnisse belegt ist“ (US 7), ins Treffen führt, dass der Angeklagte nach den weiteren Urteilsannahmen um 8:52:16 Uhr mit seinem Handy in der W***** eingeloggt war (US 9).

Davon abgesehen bezieht sich das Vorbringen (auch mit Blick auf den konstatierten Tatzeitpunkt „gegen 8.30 Uhr“ [US 3]) weder auf eine entscheidende Tatsache (RIS‑Justiz RS0117264, RS0117499) noch auf einen Umstand, der eine notwendige Bedingung für die Feststellung einer solchen darstellen würde (RIS‑Justiz RS0116737).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermisst Feststellungen zu einem auf das Fehlen der Einwilligung des Wohnungseigentümers bezogenen Vorsatz des Beschwerdeführers, rekurriert dabei aber bloß auf eine einzelne Urteilspassage und verfehlt solcherart den (auf der Sachverhaltsebene) in der Gesamtheit der Entscheidungsgründe gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810). Weshalb nämlich die– im Rahmen der Beweiswürdigung nachgetragene, von der Beschwerde vernachlässigte – Konstatierung, nach denen der Angeklagte zumindest mit bedingtem Vorsatz auf alle in § 169 Abs 1 StGB genannten Tatbestandsmerkmale handelte (US 12), im Verein mit den Sachverhaltsannahmen zum objektiven Täterverhalten (US 2 f, 13) und unter Heranziehung des Urteilstenors zu deren

Verdeutlichung (RIS-Justiz RS0117247 [T2]) die vorgenommene Subsumtion in subjektiver Hinsicht nicht tragen sollte, erklärt sie nicht.

Der Sanktionsrüge (nominell Z 11 zweiter Fall), die – an sich zutreffend – in der Wertung des „Fehlens jedweder Verantwortungsübernahme“ des Angeklagten als eine für die Ablehnung der Gewährung bedingter Strafnachsicht entscheidende Tatsache (US 13) eine – richtig: im Sinn der Z 11 dritter Fall – unrichtige Gesetzesanwendung erblickt (RIS-Justiz RS0090897), kommt gleichfalls keine Berechtigung zu, weil die angefochtene Entscheidung zweifelsfrei zum Ausdruck bringt, dass die – mit Blick auf die über den Angeklagten verhängte dreijährige Freiheitsstrafe einzig in Frage kommende – Anwendung von § 43a Abs 4 StGB bereits aus generalpräventiven Gründen abgelehnt wurde (erneut US 13; RIS-Justiz RS0090897 [T3, T5]).

Der weiters behauptete Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (Z 11 zweiter Fall) liegt schon deshalb nicht vor, weil das Erstgericht die Inkaufnahme einer „massiven potentiellen Gefährdung von gänzlich Unbeteiligten“ (US 13) bei der Strafbemessung im engeren Sinn (nach dem 4. Abschnitt des allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs), auf die alleine sich der in Anspruch genommene Nichtigkeitsgrund bezieht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 662, 677 f), nicht als erschwerend gewertet, sondern ausschließlich bei Erstellung der spezialpräventiven Prognose im Rahmen der Entscheidung über die (Nicht-)Gewährung bedingter Nachsicht des Sanktionsausspruchs (Strafzumessung im weiteren Sinn) berücksichtigt hat (RIS‑Justiz RS0090946; RS0113407).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte