OGH 5Ob131/18b

OGH5Ob131/18b3.10.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L*****, vertreten durch Dr. Manfred Angerer ua Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Dr. F*****, vertreten durch Dr. Walter Brunner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen 31.800 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 12. April 2018, GZ 4 R 17/18d‑28, mit dem das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 4. Dezember 2017, GZ 26 Cg 54/16m‑22, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0050OB00131.18B.1003.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen deren mit 1.961,82 EUR (darin 326,97 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Der Vater des Beklagten war vom 19. November 2009 bis zu seinem Ableben am 29. Mai 2014 in einem Pflegeheim untergebracht. Das klagende Land übernahm aufgrund des Kärntner Mindestsicherungsgesetzes (K‑MSG) die durch Eigenpension und Pflegegeld nicht gedeckten Kosten seiner Unterbringung in Höhe von insgesamt 102.376,61 EUR vorschussweise unter der Bedingung, dass der Vater des Beklagten zur Sicherstellung des Ersatzanspruchs gemäß § 47 Abs 1 lit a K‑MSG der Einverleibung eines Pfandrechts zugunsten der klagenden Partei auf dem ihm gehörigen Hälfteanteil einer Eigentumswohnung einwillige. Tatsächlich war der Vater des Beklagten Eigentümer von 800/20.000‑Anteilen einer Liegenschaft verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung top 18, Mit‑ und Wohnungseigentümerin des zweiten halben Mindestanteils war die Mutter des Beklagten. Zu einer Pfandbestellung kam es allerdings nicht. Nachdem die klagende Partei dem Vater des Beklagten im August 2013 die bisher aufgewendeten ersatzfähigen Kosten in Höhe von 81.415,12 EUR mitgeteilt und ihn um die Unterfertigung der Pfandbestellungsurkunde in Bezug auf seinen halben Mindestanteil ersucht hatte, übertrugen die Eltern des Beklagten ihm mit Übergabsvertrag vom 21. Jänner 2014 den gesamten Mindestanteil an der Liegenschaft. Seinen Eltern räumte der Beklagte auf Lebensdauer und ohne Entgelt die Dienstbarkeit der Wohnung und ein Veräußerungs‑ und Belastungsverbot ein. Das Eigentumsrecht des Beklagten wurde am 2. April 2014 einverleibt. Zum Zeitpunkt der Übertragung betrug der Verkehrswert eines Hälfteanteils am Mindestanteil 31.800 EUR.

Die klagende Partei begehrt vom Beklagten den Ersatz der von ihr aufgewendeten Kosten für die stationäre Unterbringung seines Vaters im Ausmaß des Verkehrswerts des übertragenen Hälfteanteils unter Berufung auf § 48 Abs 7 K‑MSG. Der Beklagte habe von seinem ersatzpflichtigen Vater Vermögen in diesem Ausmaß geschenkt erhalten. Der Beklagte hafte auch nach den Bestimmungen des Schadenersatzrechts, weil er in ein ihm bekanntes bzw offenkundiges Forderungsrecht der klagenden Partei gegenüber seinem Vater durch den Übergabsvertrag eingegriffen habe. Bei rechtmäßigem Alternativverhalten wäre für die Klägerin ein Pfandrecht am Liegenschaftsanteil des Vaters des Beklagten intabuliert worden.

Das Erstgericht, das sein Urteil noch vor dem 1. Jänner 2018 fällte, gab der Klage statt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge, wies das Klagebegehren ab und hob die Verfahrenskosten gegeneinander auf. Mit dem durch das Sozialversicherungs‑Zuordnungsgesetz BGBl I 125/2017 als Verfassungsbestimmung in das ASVG eingeführten § 330a sei der hier streitgegenständliche Pflegeregress abgeschafft worden. Nach dieser Bestimmung sei ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen, deren Angehörigen, Erben/Erbinnen und Geschenknehmer/Innen im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten unzulässig. Nach der ebenfalls im Verfassungsrang stehenden Übergangsregel des § 707a Abs 2 ASVG idF BGBl I Nr 125/2017 sei § 330a mit 1. Jänner 2018 in Kraft getreten. Nach Abs 2 dieser Bestimmung dürften ab diesem Zeitpunkt Ersatzansprüche nicht mehr geltend gemacht werden, laufende Verfahren seien einzustellen. Dem Argument der Klägerin, dem Gesetzgeber sei nicht zu unterstellen, dass er mit diesen Bestimmungen rückwirkend bereits geltend gemachte Ersatzansprüche, die bis 31. Dezember 2017 erbrachte Sozialleistungen betreffen, beseitigen habe wollen, weil damit mehrere folgenreiche Ungleichbehandlungen in Kauf genommen würden, hielt das Berufungsgericht den eindeutigen Gesetzeswortlaut entgegen, der am Beginn aller Interpretationsbemühungen zu stehen habe. Da hier keine rechtskräftige Entscheidung über die Ersatzpflicht vorliege, sei das Verbot des Pflegeregresses im laufenden Gerichtsverfahren zu beachten, das auch durch Berufung auf Schadenersatz wegen Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte nicht umgangen werden könne. Ein durch den Verfassungsgesetzgeber rückwirkend beseitigtes „fremdes Forderungsrecht“ könne nicht mehr beeinträchtigt werden. Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht zu, weil Rechtsprechung zur Auslegung des § 707a Abs 2 ASVG, der über den Einzelfall hinaus Bedeutung habe, fehle.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Beklagten beantwortete Revision der klagenden Partei ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

1.1 Die Vorinstanzen haben die Rechtslage nach dem K‑MSG zutreffend dargestellt, darauf kann verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO). § 11 Abs 1 K‑MSG erlaubt die Gewährung sozialer Mindestsicherung mit Zustimmung der hilfesuchenden Person auch durch Unterbringung, Verpflegung sowie Betreuung und Hilfe in stationären oder teilstationären Einrichtungen. Dass es sich beim Pflegeheim, in dem der Vater des Beklagten untergebracht war, um eine solche Einrichtung handelte, war im Verfahren nicht strittig.

1.2 § 47 Abs 1 lit a bis c K‑MSG verpflichtet ehemalige Empfänger von Dauerleistungen zum Ersatz der für sie aufgewendeten Kosten, wenn und insoweit verwertbares Vermögen vor oder während der Inanspruchnahme der Leistung sichergestellt wurde oder sie ein solches innerhalb von drei Jahren nach Eintritt der Leistung erworben haben und dieses nicht aus eigener Erwerbstätigkeit stammt oder nachträglich bekannt wird, dass sie zur Zeit der Leistung hinreichendes Einkommen oder verwertbares Vermögen hatten oder nach wie vor haben. § 48 Abs 7 K‑MSG verpflichtet zum Ersatz der Kosten nach § 47 – mit hier nicht relevanten Ausnahmen – auch Personen, denen die Person, die die Leistung in Anspruch genommen hat oder in Anspruch nimmt, innerhalb von drei Jahren vor Beginn, während oder innerhalb von drei Jahren nach deren Inanspruchnahme Vermögen geschenkt oder solches nur für eine in einem groben Missverhältnis zum Wert des Vermögens stehende Gegenleistung übertragen hat. Dies gilt auch für Schenkungen auf den Todesfall. Derartige Ersatzansprüche sind – wenn kein Vergleich zustande kommt – gemäß § 49 Abs 5 K‑MSG im Zivilrechtsweg geltend zu machen. Auf Basis dieser Rechtslage allein käme ein Ersatzanspruch gegen den Beklagten – bis zum Wert des übertragenen Vermögens – somit dann in Betracht, wenn – wie vom Erstgericht angenommen – die Übertragung der Eigentumswohnung zu einer im groben Missverhältnis zu deren Wert stehenden Gegenleistung erfolgt wäre.

2.1 Mit dem Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz (SV‑ZG), BGBl I 2017/125 wurde § 330a ASVG eingefügt. Diese Bestimmung unter der Überschrift „Verbot des Pflegeregresses“ steht im Verfassungsrang und lautet:

„(Verfassungsbestimmung) Ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen, deren Angehörigen, Erben‑/Erbinnen und Geschenknehmer/innen im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten ist unzulässig.“

2.2 Das Inkrafttreten regelt die ebenfalls mit dem SV‑ZG eingeführte Verfassungsbestimmung des § 707a Abs 2 ASVG, die lautet:

„(Verfassungsbestimmung) § 330a samt Überschrift idF des Bundesgesetzes BGBl I Nr 125/2017 tritt mit 1. Jänner 2018 in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt dürfen Ersatzansprüche nicht mehr geltend gemacht werden, laufende Verfahren sind einzustellen. Insoweit Landesgesetze dem entgegenstehen, treten die betreffenden Bestimmungen zu diesem Zeitpunkt außer Kraft. Nähere Bestimmungen über den Übergang zur neuen Rechtslage können bundesgesetzlich getroffen werden […].“

2.3 Nach den Materialien (Begründung des Abänderungsantrags im Nationalrat, AA‑225. GP 3) soll mit § 330a ASVG der Pflegeregress verboten werden. Durch die Übergangsregelung soll sichergestellt werden, dass ab dem Inkrafttreten sowohl laufende gerichtliche als auch verwaltungsbehördliche Verfahren eingestellt werden. Neue Rückzahlungsverpflichtungen sollen nicht mehr auferlegt werden dürfen. Selbstverständlich träten entgegenstehende landesgesetzliche Bestimmungen nur insoweit außer Kraft, als sie sich auf den Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen und ihrer Erben/Erbinnen und Geschenknehmer/Innen zur Abdeckung der Pflegekosten beziehen.

2.4 Nähere Bestimmungen zum Übergang zur neuen Rechtslage im Sinn des § 707a Abs 2 ASVG hat der Bundesgesetzgeber nicht erlassen.

3. In der Revision gesteht die klagende Partei als unstrittig zu, dass für nach dem 31. Dezember 2017 erbrachte stationäre Pflegeleistungen keine Ersatzansprüche mehr geltend gemacht werden können. Allerdings müssten „alte“ Ersatzansprüche unverändert aufrecht bleiben, zumal die Zeitspanne zwischen der Beschlussfassung im Nationalrat über das Verbot und dessen Inkrafttreten eine Art Vertrauensschutz für die bisher ersatzberechtigten Träger auf Landesebene bezwecke, damit diesen ermöglicht werde, Ersatzforderungen für vor dem 31. Dezember 2017 erbrachte Leistungen noch vor dem 1. Jänner 2018 geltend zu machen. Die vom Berufungsgericht vertretene Auslegung führe zu folgenreichen Ungleichbehandlungen, für die es keine sachliche Rechtfertigung gebe. Auch Verfassungsgesetze seien am Gleichheitsgrundsatz zu messen und „gleichheitskonform“ auszulegen, sodass die Wendung „laufende Verfahren sind einzustellen“ so zu interpretieren sei, dass sie nur laufende Verfahren über Ersatzansprüche für nach dem 1. Jänner 2018 erbrachte Leistungen betreffe. Das hier zu beurteilende Verfahren sei daher von § 707a Abs 2 Satz 2 ASVG gar nicht erfasst.

4.1 Zu 2 Ob 12/18f (= iFamZ 2018/106JBl 2018, 528 = EF‑Z 2018/85 [ Tschugguel ]) sprach der zweite Senat – wenn auch nur als obiter dictum – aus, dass Ansprüche aus Kosten für stationäre Pflege, die unter § 330a ASVG fallen, seit 1. 1. 2018 nicht mehr geltend gemacht werden können; ein allfälliger Zivilprozess könne nicht mehr zu einem stattgebenden Urteil führen.

4.2 In der Entscheidung 1 Ob 62/18a (NZ 2018/72 = EF‑Z 2018/113 [ Tschugguel ] = ÖZPR 2018/78 [ Pfeil ]) befasste sich der erste Senat – in einem nach dem Wiener Sozialhilfegesetz zu beurteilenden Fall, das dem K‑MSG vergleichbare Bestimmungen enthält – eingehend mit der Übergangsbestimmung des § 707a Abs 2 ASVG und führte hiezu aus:

5.3 Die in der Übergangsbestimmung des § 707a Abs 2 ASVG enthaltene Anordnung, dass laufende Verfahren einzustellen sind, ergänzt § 330a ASVG, der den Zugriff auf das Vermögen des davon erfassten Personenkreises ab 1. 1. 2018 verbietet, und macht unmissverständlich klar, dass diese Bestimmung auch in anhängigen Verfahren anzuwenden ist. Nur dadurch ist sichergestellt, dass das Verbot, ab diesem Zeitpunkt auf Vermögen zuzugreifen, lückenlos umgesetzt werden kann, worauf der Verfassungsgesetzgeber mit den Neuregelungen zweifellos abzielte (s das Wort ‘auch‘ in den Erläuterungen zu § 707a ASVG). Die Übergangsregel des § 707a ASVG steht damit der Anwendung der geänderten Gesetzeslage im Rechtsmittelverfahren nicht nur nicht entgegen, sondern setzt gerade voraus, dass die neue Rechtslage zum Tragen kommt, solange das Verfahren über den Kostenregress noch nicht rechtskräftig beendet ist. Dagegen lässt sich auch nicht mit Erfolg argumentieren, dass die für die ‘Abschaffung des Pflegeregresses‘ nach § 330b ASVG bereitzustellenden Mittel für den Leistungszeitraum bis 31. Dezember 2017 nicht budgetiert seien, wie der Revisionswerber meint. Dabei handelt es sich vielmehr um eine vom Verfassungsgesetzgeber ganz offensichtlich bewusst in Kauf genommene Konsequenz aus der vom ihm getroffenen Stichtagswahl .“

4.3  Tschugguel bezeichnet diese Entscheidung in seiner Glosse (EF‑Z 2018, 236) als nicht wirklich überraschend, auch Pfeil (ÖZPR 2018/78) beurteilt sie als völlig zutreffend. Jüngst plädierte allerdings Hiesel , (Pflegeregress – Ist eine restriktive Auslegung der Übergangsbestimmung verfassungsrechtlich geboten? ÖZPR 2018/59) im Hinblick auf den auch dem Verfassungsgesetzgeber nicht zur beliebigen Disposition stehenden Gleichheitssatz für eine enge Auslegung des § 707a Abs 2 Satz 2 ASVG, weil dem Verfassungsgesetzgeber im Zweifel nicht zugesonnen werden dürfe, Willkür im Ornat einer Verfassungsbestimmung beschlossen zu haben. Der Begriff des „laufenden Verfahrens“ sei im Sinn einer Beschränkung auf Verfahren zur Feststellung der Ersatzpflicht als solche zu verstehen, wobei verfassungssystematisch die besseren Argumente dafür sprächen, am 1. Jänner 2018 laufende Rechtsmittelverfahren nicht als laufende Verfahren im Sinn des § 707a Abs 2 Satz 2 ASVG anzusehen.

4.4 Der erkennende Senat schließt sich ungeachtet der zuletzt von Hiesel vertretenen Auslegung des Begriffs der laufenden Verfahren in § 707a ASVG den überzeugenden Ausführungen zu 1 Ob 62/18a an und teilt auch die in der Revision geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht. Da sowohl § 330a als auch § 707a ASVG im Verfassungsrang stehen, käme eine Verfassungswidrigkeit nur wegen Verstoßes gegen Art 44 Abs 3 B‑VG in Betracht, die hier nicht zu erkennen ist.

4.5 Der Verfassungsgerichtshof hat in dem in der Revision zitierten Erkenntnis vom 12. Dezember 1998, B 342/98 ausgesprochen, dass auch dem Verfassungsgesetzgeber der Gleichheitssatz nicht zur beliebigen Disposition steht, weil er als ein wesentlicher Bestandteil der Grundrechtsordnung und des demokratischen Baugesetzes einen nicht ohne Volksabstimmung nach Art 44 Abs 3 B‑VG abänderbaren festen Kern hat. Selbst dort hat er aber einen gewissen Spielraum zu seiner (verfassungsgesetzlichen) Konkretisierung oder – wie dort – zu einer punktuellen Durchbrechung in besonderen Sachlagen anerkannt. Überdies steht es nach der Rechtsprechung des VfGH (VfSlg 19.308/2011; 17.238/2004) grundsätzlich in der rechtspolitischen Freiheit des Gesetzgebers festzulegen, wann eine neue, den Normadressaten begünstigende Bestimmung in Kraft treten soll und für welche Fälle sie zu gelten hat. Ihm bleibt es im Prinzip überlassen, den Stichtag festzulegen, ohne dass es für die Wahl des Stichtags einer Rechtfertigung bedarf. In diesem Sinn weist jede Stichtagsregelung auch ein gewisses Maß an Beliebigkeit auf, sodass es besondere Gründe geben müsste, warum gerade ein bestimmter Stichtag unsachlich wäre. In seinem Erkenntnis vom 12. Oktober 2016, G 478/2015 hielt der Verfassungsgerichtshof ausdrücklich daran fest, dass bundesverfassungsgesetzliche Ermächtigungen, die Eingriffe des einfachen Gesetzgebers in bestehende Ansprüche – dort in Bezüge‑ und Ruhegenussansprüche – verfassungsrechtlich für zulässig erklären sollten, im Zweifel und in baugesetzkonformer Interpretation nicht die Bedeutung zuzumessen sei, dass damit der einfache Gesetzgeber von allen bundesverfassungsgesetzlichen Schranken, insbesondere von Grundrechten und vom Gleichheitssatz entbunden werde und Kürzungen jedweder Art und Intensität erlaubt sein könnten. Derartige die Grundrechte beschränkende und insoweit die verfassungsgerichtliche Kontrolle ausschließende bundesverfassungsgesetzliche Regelungen seien eng auszulegen. Um einen Eingriff in bestehende Leistungen sachlich rechtfertigen zu können, sei dem Gewicht des öffentlichen Interesses, das durch Verfassungsbestimmungen zum Ausdruck komme, die Intensität des Eingriffs gegenüberzustellen. Ein an sich gravierender Eingriff könne im Hinblick darauf verfassungsrechtlich unbedenklich sein, dass er über einen gewissen Zeitraum bzw für bestimmte Altersgruppen durch Einschleifregelungen in seiner Wirkung abgemildert und abgefedert werde.

4.6 Ein gewisser Spielraum des Verfassungsgesetzgebers auch in Bezug auf die Durchbrechung des Gleichheitssatzes ist in der ständigen verfassungsrechtlichen Judikatur daher allgemein anerkannt. Dieser wurde durch die Übergangsbestimmungen des § 707a Abs 2 ASVG jedenfalls in Bezug auf die hier in Rede stehenden am 1. Jänner 2018 noch nicht rechtskräftig zuerkannten Ersatzansprüche nicht überschritten, selbst wenn dies in bestimmten Sachverhaltskonstellationen (instruktiv hiezu Hiesel , Die Abschaffung des Pflegeregresses, ÖZPR 2017/88) zu unsachlichen Ergebnissen führen mag. Ein Verstoß gegen die Baugesetze der Verfassung ist insoweit daher zu verneinen (so ursprünglich auch Hiesel aaO).

4.7 Der von Hiesel (Pflegeregress – Ist eine restriktive Auslegung der Übergangsbestimmung verfahrensrechtlich geboten? ÖZPR 2018/59) geforderten restriktiven Interpretation des Begriffs des „laufenden Verfahrens“ in § 707a Abs 2 Satz 2 ASVG dahin, dass ein am 1. Jänner 2018 in zweiter Instanz anhängiges Verfahren nicht mehr als laufend anzusehen sei, ist der unmissverständliche Wortlaut des Gesetzes entgegenzuhalten. Auch nach dem allgemeinen Sprachgebrauch handelt es sich bei einem derartigen Verfahren um ein solches, dass – wenn auch in zweiter Instanz – noch läuft. Auf das Entscheidungsdatum erster Instanz stellte der Verfassungsgesetzgeber ausdrücklich nicht ab; im Übrigen würde auch dies die von Hiesel monierten Unsachlichkeiten lediglich verlagern und nicht beseitigen. Auch aus logisch‑systematischer Sicht ist zu berücksichtigen, dass zum 1. Jänner 2018 anhängige Verfahren üblicherweise bereits vor diesem Zeitpunkt fällig gewordene Ansprüche betreffen werden; diesem Teil der Übergangsregelung wäre der Anwendungsbereich entzogen, wollte man sie – wie in der Revision gefordert – dahin auslegen, dass sie sich nur auf nach dem 1. Jänner 2018 fällig gewordene Ansprüche und anhängig gemachte Verfahren beziehen hätte sollen. Dass es der deklarierte Wille des Verfassungsgesetzgebers war, das Verbot, ab 1. Jänner 2018 auf Vermögen zuzugreifen, lückenlos umzusetzen, hat schon der erste Senat zu 1 Ob 62/18a ausdrücklich hervorgehoben. Selbst wenn man mit Hiesel einer engen Auslegung des Begriffs des „laufenden Verfahrens“ das Wort reden wollte, stünde dies jedenfalls einer Anwendung der geänderten Gesetzeslage im Rechtsmittelverfahren nicht entgegen, wenn das Verfahren über den Kostenersatz noch nicht rechtskräftig beendet ist.

5.1 In der Revision wendet sich die klagende Partei auch gegen die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, ein Eingriff in ein fremdes Forderungsgericht könne nicht mehr vorliegen, weil die zugrundeliegende Forderung vom Gesetzgeber beseitigt worden sei. Einer Auseinandersetzung mit der Auswirkung der Bestimmungen über die Abschaffung des Pflegeregresses in §§ 330a, 707a ASVG auf Ersatzansprüche aus dem Titel der Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte im Zusammenhang mit erbrachten Sozialhilfeleistungen bedarf es aber nicht, weil ein derartiger Ersatzanspruch schon nach dem Prozessvorbringen der klagenden Partei und den Feststellungen von vornherein auszuschließen ist:

5.2 Die klagende Partei begründet ihren Schadenersatzanspruch damit, bei rechtskonformem Verhalten des Beklagten wäre an den 800/20.000stel‑Anteilen seines Vaters an der Liegenschaft ein Pfandrecht zu Gunsten der klagenden Partei intabuliert worden. Ersatzansprüche, die auf vor dem 31. Dezember 2017 erbrachten Sozialleistungen beruhen und bereits grundbücherlich sichergestellt seien, seien von der Regelung des § 107a Abs 2 ASVG nicht erfasst (Pfeil, Umsetzungsfragen für das „Verbot des Pflegeregresses“, ÖZPR 2017/109 [184, 186]). Dazu ist hier nicht Stellung zu nehmen, weil die vom Vater des Beklagten angeblich zugesagte pfandrechtliche Belastung (nur) seines halben Mindestanteils rechtlich nicht möglich ist.

5.3 Gemäß § 13 Abs 2 und 3 WEG 2002 dürfen bei Begründung einer Eigentümerpartnerschaft die beiden halben Mindestanteile nicht verschieden belastet sein. Durch das gemeinsame Wohnungseigentum der Partner werden ihre Anteile am Mindestanteil so verbunden, dass sie – solange die Eigentümerpartnerschaft besteht – nicht getrennt und nur gemeinsam beschränkt, belastet oder der Zwangsvollstreckung unterworfen werden dürfen. Dieser Grundsatz galt gemäß § 9 Abs 1 WEG 1975 bereits für das Ehegattenwohnungseigentum und wurde durch das WEG 2002 unverändert übernommen, sodass auf die zum Ehegattenwohnungseigentum ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann (5 Ob 101/16p = immolex 2016/97 [ Veith ]). Sämtliche rechtsgeschäftliche Verfügungen über den gemeinsamen Mindestanteil, sei es nun entgeltliche und unentgeltliche Weitergabe, Belastung oder auch die Einräumung von Bestand‑ oder Nutzungsrechten können daher nur von beiden Partnern gemeinsam vorgenommen werden ( Höllwerth in Hausmann/Vonkilch , Österreichisches Wohnrecht 4 § 13 WEG Rz 25; vgl RIS‑Justiz RS0082788). Bei Vorliegen eines Exekutionstitels nur gegen einen Ehegatten ist die Begründung eines Pfandrechts an einem gemäß § 12 Abs 1 WEG 1975 verbundenen Mindestanteil aufgrund der zwingenden Bestimmung des § 9 Abs 2 WEG 1975 rechtlich unzulässig (RIS‑Justiz RS0115295). Eine teilweise, nur den Anteil eines Eigentumspartners am Mindestanteil erfassende pfandrechtliche Belastung kommt nicht in Betracht (3 Ob 296/00a; 5 Ob 29/06k).

5.4 Hier war der Vater des Beklagten nach dem Klagevorbringen und den Feststellungen nur Mit‑ und Wohnungseigentümer hinsichtlich des halben Mindestanteils, den er schon aus rechtlichen Gründen nicht verpfänden konnte. Dass die Ehefrau des Vaters des Beklagten einer Verpfändung auch ihres Anteils und damit des gesamten Mindestanteils zugestimmt hätte, hat niemand behauptet, dies ist aus dem Beweisverfahren auch nicht hervorgekommen. Dem nur an den Vater des Beklagten gerichteten Schreiben ./D ist eine derartige Aufforderung nicht zu entnehmen. Auch die übermittelte Pfandbestellungsurkunde betraf nur den Hälfteanteil der Eigentumswohnung des Vaters des Beklagten. Schon aus rechtlichen Gründen war daher der von der klagenden Partei als schadensbegründend behauptete Umstand, nämlich der Abschluss des Übergabsvertrags zwischen dem Beklagten und seinen Eltern, nicht geeignet, einen Verlust des Forderungsrechts der klagenden Partei mangels pfandrechtlicher Sicherstellung zu bewirken. Selbst eine vom Vater des Beklagten zu Lebzeiten unterfertigte Pfandbestellungsurkunde in Bezug auf seinen halben Mindestanteil hätte nicht zu einer Einverleibung eines Pfandrechts zugunsten der klagenden Partei für die Ersatzforderung führen können, weil dieser halbe Mindestanteil nicht Gegenstand des Rechtsverkehrs sein kann. Ein schadenskausales Verhalten des Beklagten scheidet somit bereits nach dem Prozessvorbringen der klagenden Partei aus. Einer Auseinandersetzung mit den weiteren Voraussetzungen des Schadenersatzanspruchs wegen Beeinträchtigung eines fremden Forderungsrechts (vgl hiezu RIS‑Justiz RS0025946) bedarf es daher nicht. Überraschend kann diese Rechtsansicht schon deshalb nicht sein, weil der Beklagte unter Hinweis auf das Miteigentum der Mutter des Beklagten am Mindestanteil (Verhandlungsprotokoll vom 31. August 2017, Seite 2) zutreffend darauf verwiesen hatte, dass dieser kein verwertbares Vermögen im Sinn des K‑MSG sei.

6. Soweit sich die Revision gegen die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts wendet, ist ihr die ständige Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0044233) entgegenzuhalten, dass sich der Ausschluss eines Rekurses gegen Entscheidungen der zweiten Instanz über den Kostenpunkt auf sämtliche Entscheidungen erstreckt, mit denen in irgendeiner Form über Kosten abgesprochen wird. Das Gericht zweiter Instanz entscheidet in allen mit Kostenansprüchen zusammenhängenden Fragen endgültig. Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof gegen Entscheidungen des Gerichts zweiter Instanz im Kostenpunkt sind daher ausnahmslos unzulässig (RIS‑Justiz RS0044233 [T11]). Die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts ist daher sowohl hinsichtlich der erst‑ als auch der zweitinstanzlichen Kosten unanfechtbar (RIS‑Justiz RS0044233 [T24]).

7. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Im Revisionsverfahren hat der Beklagte voll obsiegt, sodass ihm die tarifgemäß verzeichneten Kosten der Revisionsbeantwortung zuzusprechen sind.

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