European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0140OS00079.18A.0911.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Hillary E***** – soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant – des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2 SMG schuldig erkannt.
Danach hat er in K***** von Herbst 2016 bis 16. Juni 2017 als Mitglied einer kriminellen Vereinigung mit zwei bereits rechtskräftig verurteilten Mittätern vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge des § 28b SMG übersteigenden Menge, nämlich insgesamt etwa 160,5 Gramm Kokain mit einem durchschnittlichen
Reinheitsgehalt von zumindest
30 %, in zahlreichen Angriffen an mehrere, im Urteil namentliche Abnehmer überlassen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die sich inhaltlich nur gegen die Annahme der Qualifikation nach § 28a Abs 2 Z 2 SMG richtet, ist nicht im Recht.
Entgegen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) blieben bei der für die Feststellung insoweit entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse nicht unberücksichtigt (RIS-Justiz RS0118316).
Mit dem Vorwurf, das Erstgericht habe sich mit einzelnen Passagen aus den Bekundungen der Zeugen Patricia P*****, Andreas K*****, Manuel R***** und Mirkend Ki***** nicht auseinandergesetzt, aus denen sich nach dem Beschwerdestandpunkt ergeben soll, dass der Angeklagte sowie die abgesondert Verurteilten Chineda N***** und Dominic I***** „jeweils eigene Telefonnummern hatten“, bezieht sich die Beschwerde nicht auf eine entscheidende Tatsache. Für die Konstatierungen zum Vorliegen einer aus den Genannten bestehenden kriminellen Vereinigung und zum Agieren des Beschwerdeführers als deren Mitglied bildet die gemeinschaftliche Nutzung von Mobiltelefonnummern keine notwendige
Bedingung und ist daher auch unter diesem Aspekt nicht Gegenstand der Mängelrüge (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 410). Die Tatrichter stützten diese Feststellungen vielmehr (auch) auf andere erhebliche Umstände, insbesonders die weitere (von den Mitgliedern geschaffene) Infrastruktur, die dem Absatz großer Suchtgiftmengen in wechselnder unmittelbarer Täterschaft diente (nämlich die Errichtung eines Vertretungsnetzwerks für den Fall örtlicher Abwesenheiten und Verhinderungen und die Nutzung einer Wohnung als „gemeinschaftliche Basisstation“, von der aus die Suchtgiftgeschäfte koordiniert und abgewickelt wurden; US 4), und leiteten diese Sachverhaltsannahmen – den Kriterien logischen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen entsprechend – aus den Angaben der oben genannten Zeugen sowie jenen von Anton Il***** und Makanda M*****, den umfangreichen Sicherstellungen in der angeführten Wohnung und den Aussagen der ermittelnden Kriminalbeamten, ab (US 11).
Auf wessen Initiative der Beschwerdeführer und Chineda N***** den Suchtgiftabnehmer Makanda M***** während der Abwesenheit des Dominic I***** mit Kokain versorgten, ist gleichfalls nicht erheblich. Passagen aus der Aussage des Zeugen M*****, nach denen er sich selbst an die Mitbewohner seines Hauptsuchtgiftlieferanten wandte (und nicht – wie vom Erstgericht angenommen [US 6] – von Dominic I***** ausdrücklich an diese verwiesen wurde), mussten daher unter dem Aspekt von Unvollständigkeit gleichfalls nicht erörtert werden.
Inwiefern die Bekundungen des Stefan F***** den für die kritisierte Subsumtion nach § 28a Abs 2 Z 2 SMG relevanten Konstatierungen entgegenstehen sollten (Z 5 zweiter Fall), erklärt die Rüge nicht. Soweit sie dessen Glaubwürdigkeit mit eigenständigen Erwägungen in Zweifel zieht, und die Ansicht vertritt, seine Aussagen seien zur Begründung der bekämpften Feststellungen nicht geeignet, übersieht sie zum Einen, dass die Annahme der Tatrichter von der (in der Regel erheblichen Tatsache der) Glaubwürdigkeit einer Beweisperson als (bloß) beweiswürdigende Erwägung keinen zulässigen Bezugspunkt des hier der Sache nach erhobenen Einwands offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) darstellt (
Ratz, WK-StPO § 281 Rz 431; RIS-Justiz
RS0106588). Zum anderen hat das Erstgericht die Aussage des Genannten ohnehin nur zur Fundierung der – im Rechtsmittel nicht bestrittenen – Urteilsannahmen zum Bezug von 20 Gramm Kokain vom Beschwerdeführer selbst herangezogen (US 8), während die Feststellungen zur „Vertretungstätigkeit“ des Chineda N***** während der Abwesenheit des Angeklagten in Bezug auf die Überlassung von Suchtgift an Stefan F***** und seine Lebensgefährtin Patricia P***** auf den Depositionen der letztgenannten Zeugin basieren (US 11).
Die das (Nicht‑)Vorliegen einer kriminellen Organisation betreffenden Angaben des Chineda N***** haben die Tatrichter insgesamt als unglaubwürdig verworfen (US 11). Einer gesonderten Auseinandersetzung mit all ihren – von der Beschwerde relevierten – Details bedurfte es daher nicht (RIS-Justiz RS0098642).
Dass Dominic I***** nach den (in der Hauptverhandlung verlesenen; ON 109 S 18) Daten in seinem Reisepass zwischen 22. Dezember 2016 und 30. März 2017 nicht in Österreich aufhältig war, steht – auch unter Berücksichtigung der Konstatierungen, nach denen der Angeklagte seinerseits von März bis Anfang Juni 2017 abwesend war (US 5) – schon deshalb nicht im erörterungspflichtigen Widerspruch zu den Feststellungen zum Vorliegen einer kriminellen Vereinigung, weil es– entgegen der Auffassung des Rechtsmittelwerbers – für die vorgenommene rechtliche Beurteilung keiner ständigen „Interaktion“ zwischen sämtlichen Mitgliedern der kriminellen Vereinigung bedarf (vgl Plöchl in WK² StGB § 278 Rz 10).
Insgesamt erschöpft sich die Beschwerde darin, aus den angeführten, vom Erstgericht ohnehin berücksichtigten oder irrelevanten Verfahrensergebnissen andere, für ihren Standpunkt günstigere Schlüsse als jene der Tatrichter zu ziehen. Solcherart macht sie keinen Begründungsmangel iSd Z 5 geltend, sondern bekämpft bloß unzulässig die Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung (
RIS‑Justiz
RS0098471 [va T2, T7]).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die (implizit erhobene) Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.
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