European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0120OS00079.18M.0823.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Stanley O***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 19. Juni 2015 in W***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem abgesondert verfolgten unbekannten Täter Giulia J***** mit Gewalt zur Duldung von dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlungen genötigt, indem er, nachdem der unbekannte Täter das Opfer von hinten an den Armen gepackt, umgedreht und in Bauchlage zu Boden gebracht hatte, die Arme des Opfers am Boden fixierte, dessen Unterbekleidung zerriss und zuerst einen Analverkehr durchführte und anschließend einen Finger in die Scheide einführte.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und Z 11 StPO gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.
Den Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) gründet die Rüge auf die mangelnde Erörterung der Aussage der Zeugin Giulia J*****, sie würde den Täter mit Sicherheit auf einem Lichtbild sowie bei einer Gegenüberstellung wiedererkennen (ON 3 S 11), obwohl sie dies knapp ein halbes Jahr nach der Tat nach Vorhalt von Lichtbildern nicht vermochte (ON 11 S 13). Sie blendet jedoch der Verfahrensordnung zuwider sämtliche Erwägungen des Erstgerichts (US 5 ff) – im Übrigen auch den Umstand, dass das Opfer die damals immerhin bereits fünf Jahre alten Lichtbilder (ON 11 S 25 f) als ähnlich bezeichnete (US 6) – aus, aufgrund derer dieses zur Überzeugung von der Täterschaft des Beschwerdeführers gelangte (RIS‑Justiz RS0119370, RS0116504;
Ratz,
WK‑StPO § 281 Rz
394), und übersieht ferner, dass Gegenstand des Zeugenbeweises nur sinnliche Wahrnehmungen, nicht aber bloß persönliche Einschätzungen oder Mutmaßungen der Beweisperson sein können (RIS-Justiz RS0097540).
Ein mit Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO bedrohter Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) liegt vor, wenn Tatsachen, die schon die Strafdrohung bestimmen, auch als schuldrelevante Strafzumessungsfaktoren, dh nochmals als erschwerend herangezogen werden (RIS‑Justiz RS0090946).
Der Sanktionsrüge (Z 11) zuwider ist der Vorwurf einer gegen das Doppelverwertungsverbot verstoßenden straferschwerenden Heranziehung generalpräventiver Erwägungen schon deshalb der Boden entzogen, weil die Tatrichter bloß die Verhängung der als schuldangemessen und dem Unrechtsgehalt der Tat entsprechenden Freiheitsstrafe auch aus generalpräventiven Gründen als geboten ansahen (US 8; zur Mitberücksichtigung der Generalprävention bei Bestimmung der Strafhöhe vgl Leukauf/Steininger/Tipold, StGB4 Rz 9 ff; Fabrizy, StGB13 Rz 7 jeweils zu § 32 StGB).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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