European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0120OS00058.18Y.0823.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und über die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Den Angeklagten Patrick M***** und Muhammed Ka***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Patrick M***** der Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs 1. 15 Abs 1 StGB (I./A./AA./1./ und 2./, I./A./BB./, I./B./AA./, I./B./BB./ und I./B./CC./) sowie Muhammed Ka***** der Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen schuldig erkannt.
Danach haben, soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz,
I./ in M***** mit Gewalt gegen eine Person und/oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) Nachgenannten fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, durch deren Zueignung sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern,
A./ weggenommen oder abgenötigt, und zwar
AA./ David K*****, Patrick M*****, Muhammed Ka***** und Dominik E***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB)
1./ am 30. September 2017 dem Tobias Ki***** und einem bislang lediglich unter dem Namen „Desiree“ bekannten Opfer ein Mobiltelefon im Wert von ca 200 Euro, eine Lautsprecherbox sowie Lebensmittel und Getränke, indem sie Tobias Ki*****, „Desiree“ und Rene G***** umzingelten, Muhammed Ka***** dem Rene G***** zwei Faustschläge gegen das Gesicht versetzte und ihm befahl, das von ihm mitgeführte Cannabiskraut herauszugeben und die Angreifer Tobias Ki***** und „Desiree“ unter Ausnützung ihrer körperlichen und zahlenmäßigen Überlegenheit befahlen, ihnen ihre Wertgegenstände zu übergeben und sie ihnen für den Fall der Verweigerung der Herausgabe ihrer Wertgegenstände inhaltlich ebenfalls Faustschläge und eine Verletzung am Körper in Aussicht stellten;
2./ am 12. Oktober 2017 dem Tobias Ki***** ein Mobiltelefon im Wert von 199,95 Euro im Austausch gegen ein geringwertiges defektes Mobiltelefon, indem sie drohend auf ihn zugingen, ihn umringten und ihm unter Ausnützung ihrer körperlichen und zahlenmäßigen Überlegenheit befahlen, sein Mobiltelefon herauszugeben, wobei David K***** zu ihm sinngemäß äußerte, dass Muhammed Ka***** heute schlechte Laune habe, ihm inhaltlich somit bei Verweigerung der Heraushabe des Handys – angesichts des vorherigen, unter Punkt I./A./AA./1./ und I./B./AA./ angeführten Tatgeschehens – Schläge und eine Verletzung am Körper in Aussicht stellte;
BB./ David K***** und Patrick M***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) am 17. Oktober 2017 dem David S***** ein Mobiltelefon im Wert von ca 260 Euro im Austausch gegen ein beschädigtes und geringwertiges Mobiltelefon und ein zuvor dem Fabian Sc***** herausgelocktes Tablet, indem sie ihn umringten und den Weg versperrten und ihm David K***** unter Ausnützung der körperlichen und zahlenmäßigen Überlegenheit der Angreifer befahl, sein Mobiltelefon an Muhammed Ka***** zu übergeben und ankündigte, dass ihn Muhammed Ka***** schlagen werde, wenn er der Aufforderung nicht nachkomme, wobei er betonte, dass David S***** wisse, was mit Rene G***** passiert sei, womit – in Anbetracht des am 30. September 2017 unter Punkt I./A./AA./1./ und I./B./AA./ angeführten Tatgeschehens – inhaltlich eine Verletzung am Körper in Aussicht gestellt wurde;
B./ wegzunehmen oder abzunötigen versucht, und zwar
AA./ David K*****, Patrick M*****, Muhammed Ka***** und Dominik E***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) am 30. September 2017 dem Rene G***** Cannabiskraut durch die unter Punkt I./A./AA./1./ angeführte Tathandlung, wobei ihr Vorhaben misslang, weil G***** kein Suchtgift bei sich hatte;
BB./ David K*****, Patrick M*****, Muhammed Ka***** und Ronald Sk***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) am 17. Oktober 2017 dem Oliver Ei***** ein Mobiltelefon im Wert von ca 500 Euro, indem sie ihn umringten, David K***** den Oliver Ei***** am T‑Shirt ergriff, ihn festhielt und ihm befahl, sein Mobiltelefon herauszugeben und ankündigte, dass sie ihn bei Verweigerung der Herausgabe des Handys zu viert zusammenschlagen, wobei ihr Vorhaben aufgrund des Umstands, dass Oliver Ei***** die Herausgabe seines Handys verweigerte und die Flucht ergreifen konnte, misslang;
CC./ Patrick M***** und Muhammed Ka***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) am 17. Oktober 2017 dem Fabian Sc***** Bargeld und weitere Wertgegenstände, indem Muhammed Ka***** den Genannten am Körper erfasste und gegen eine Wand drückte, Muhammed Ka***** sowie Patrick M***** ihn unter Anwendung überlegener Körperkraft festhielten und seine Jacke, seinen Rucksack und seine Brieftasche nach Bargeld und anderen Wertgegenständen durchsuchten, wobei ihr Vorhaben deshalb misslang, weil Fabian Sc***** kein Bargeld und keine Wertgegenstände mit sich führte.
Dagegen richten sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und Z 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Patrick M***** sowie die bloß angemeldete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Muhammed Ka*****.
Rechtliche Beurteilung
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Patrick M***** :
Deren Erledigung ist voranzustellen, dass die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 StPO voneinander wesensmäßig verschieden (zu § 281 Abs 1 Z 5 und Z 5a StPO siehe RIS-Justiz RS0116733) und daher gesondert geltend zu machen sind, wobei der Nichtigkeitswerber unter Beibehaltung dieser klaren Trennung deutlich und bestimmt jene Punkte zu bezeichnen hat, durch die er sich für beschwert erachtet (vgl RIS-Justiz
RS0115902). Unklarheiten, die durch die von ihm selbst gewählte Art der gemeinsamen Ausführung der Mängel- (Z 5) und der Tatsachenrüge (Z 5a) bedingt sein könnten, gehen demnach zu seinen Lasten (vgl § 285a Z 2 StPO).
Dass die Angeklagten bei den den Rechtsmittelwerber betreffenden Raubtaten den Opfern mit Gewalt bzw durch Drohungen mit Schlägen und Verletzungen am Körper fremde bewegliche Sachen wegnehmen oder abnötigen wollten (US 29 f), haben die Tatrichter dem Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) zuwider zulässig aus deren Vorgangsweise erschlossen (US 40, vgl auch US 46; RIS‑Justiz RS0098671, RS0116882).
Von der einen Rechtsfehler mangels Feststellungen behauptenden Rüge (dSn Z 9 lit a) wird nicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz abgeleitet (RIS‑Justiz RS0116569), dass (zu I./A./AA./1./ und I./B./AA./) ein spontan gefasster Tatentschluss zum Raub auch zum Nachteil von Tobias Ki***** und dem unbekannt gebliebenen Opfer, nachdem Muhammed Ka***** in Gegenwart des Beschwerdeführers (US 26) dem Rene G***** zwei Faustschläge versetzt hatte, dem – wie erwähnt, ohnedies konstatierten – Tatvorsatz des Nichtigkeitswerbers entgegenstehen sollte (vgl Eder-Rieder in WK2 StGB § 142 Rz 53).
Der behauptete Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zwischen der Annahme eines kollektiven Tatvorsatzes zu I./A./AA./1./ und der Feststellung, die Angeklagten hätten geplant, zumindest Rene G***** Suchtgift wegnehmen zu wollen (US 25 f), ist nicht erkennbar.
Die die Erörterung der Aussage des Zeugen Rene G*****, wonach auch Patrick M***** versucht hätte, Muhammed Ka***** von der Sachwegnahme abzuhalten (US 43 iVm ON 149 S 111 ff), ohnedies zugestehende, eine Scheinbegründung der Urteilsannahme, wonach alle Angeklagten am Raub beteiligt gewesen seien, behauptende Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) orientiert sich der Verfahrensordnung zuwider nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS-Justiz RS0119370, RS0116504; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 394), indem sie die weiteren Erwägungen des Erstgerichts ausblendet, die die Täterschaft aller Angeklagten insbesondere auf die als glaubwürdig eingestuften Angaben des Zeugen Tobias Ki***** gründeten (US 43 f).
Entgegen dem Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) wurde die Aussage des Zeugen David S***** ohnedies in ihrer Gesamtheit berücksichtigt (US 46 f). Schließlich werden ebenfalls als übergangen bezeichnete Angaben der Zeugin Athena Kr***** (der Beschwerdeführer stand nicht bloß dabei, sondern etwas weiter außen, aber nicht weit weg) von der Rüge derart unvollständig wiedergegeben (vgl aber RIS‑Justiz RS0116504), dass sich deren Erörterungsbedürftigkeit nach dem Protokollsinhalt (stand so, dass er auf alle Seiten sehen kann, ob jemand kommt; ON 149 S 39) nicht erschließt.
Ein auf Aktenbasis (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 481) gegründetes Vorbringen, das geeignet wäre, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die dem Schuldspruch zugrunde liegenden Tatsachen zu wecken (Z 5a), ist den Ausführungen nicht zu entnehmen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Muhammed Ka*****:
Dieser hat zwar rechtzeitig Nichtigkeitsbeschwerde angemeldet (ON 181), deren (schriftliche) Ausführung jedoch unterlassen, ohne dieses Rechtsmittel ausdrücklich zurückzuziehen (ON 197). Mangels – auch bei der Anmeldung unterbliebener – deutlicher und bestimmter Bezeichnung eines in § 281 Abs 1 Z 1 bis 11 StPO angegebenen Nichtigkeitsgrundes war die Nichtigkeitsbeschwerde daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 iVm § 285a Z 2 StPO).
Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die (implizit erhobenen) Beschwerden (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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