OGH 13Os58/18f

OGH13Os58/18f27.6.2018

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Juni 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Sinek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Henriette M***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten sowie die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Privatbeteiligten Roland F***** gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 5. Dezember 2017, GZ 26 Hv 35/16z‑81, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0130OS00058.18F.0627.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Henriette M***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie von April 2014 bis Oktober 2014 in S***** und an anderen Orten gewerbsmäßig mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Roland F*****, Brigitte D*****, Monika P*****, Oliver V***** und Günther Sa***** durch Vorspiegelung ihrer Rückzahlungsfähigkeit und Rückzahlungswilligkeit zur Gewährung von insgesamt zwölf Darlehen (in mehrheitlich je 5.000 Euro übersteigender Höhe, US 6, 7, 8 und 9) verleitet, die diese an deren Vermögen um insgesamt 80.500 Euro schädigte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4, 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten geht fehl.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) verfiel der Antrag auf Vernehmung des Uwe St***** und eines Beamten der Steuerfahndung als Zeugen zum Beweis dafür, dass Werner G***** im Besitz sämtlicher Geschäftsunterlagen der E***** GmbH sei und deren Herausgabe trotz Aufforderung im Rahmen der Abtretung von Anteilen an die Angeklagte verweigere (ON 80 S 14), zu Recht der Abweisung (ON 80 S 16). Inwieweit der angesprochene Umstand hätte geeignet sein können, die Lösung der Schuld- oder der Subsumtionsfrage zu beeinflussen, ließ der Antrag nämlich offen (RIS‑Justiz RS0116503). Der mit diesem Antrag auch angestrebte Nachweis, dass die Angeklagte von Werner G***** betrogen worden sei, betrifft keinen entscheidenden Aspekt.

In der Beschwerde nachgetragenes Antragsvorbringen ist prozessual verspätet und daher unbeachtlich (RIS‑Justiz RS0099618, RS0099117).

Die gegen die Feststellungen zur subjektiven Tatseite gewendete Tatsachenrüge (Z 5a) übersieht, dass der psychologische Vorgang der Würdigung eines Beweismittels, somit auch die Aberkennung der Glaubwürdigkeit der Angeklagten aufgrund des von ihr in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks, einer Anfechtung entzogen ist (RIS-Justiz RS0099419, RS0106588). Die Beurteilung der Überzeugungskraft von Aussagen kann unter dem Gesichtspunkt der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) mangelhaft erscheinen, wenn sich das Gericht beim Ausspruch über entscheidende Tatsachen mit gegen die Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit sprechenden Beweisergebnissen nicht auseinandergesetzt hat. Solche spricht die Rüge aber mit dem Hinweis auf die Angaben der Angeklagten zum „spanischen Geschäftsmodell“ nicht an (vgl dazu US 15, 16, 18).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) beschränkt sich darauf, die im Urteil festgestellten Täuschungshandlungen (US 9) zu bestreiten und verfehlt demnach den Bezugspunkt materiell-rechtlicher Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).

Die Geltendmachung des Vorbringens „auch unter Z 5 des § 281 Abs 1 StPO“ verkennt, dass die Nichtigkeitsgründe wesensmäßig verschieden sind und daher getrennt ausgeführt werden müssen (RIS‑Justiz RS0115902).

Indem die Rüge Details der Aussagen der Zeugen F*****, Sa***** und P***** isoliert hervorhebt oder auf die leugnende Verantwortung der Angeklagten verweist, bringt sie keinen Nichtigkeitsgrund deutlich und bestimmt zur Darstellung.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) vermisst Feststellungen zu einem Teil der Voraussetzungen des § 70 Abs 1 StGB. Weshalb die

in Bezug auf alle zwölf Angriffe und den gesamten Tatzeitraum von April 2014 bis Oktober 2014 („vom Anfang an“) festgestellte, sohin auch bei der dritten Tat konstatierte, Intention der Angeklagten, sich durch wiederkehrende Begehung schwerer Betrügereien über einen Zeitraum von mehreren Monaten ein 400 Euro übersteigendes monatliches fortlaufendes Einkommen zu verschaffen (US 10), zur Annahme der Voraussetzung der früheren Begehung zweier solcher Taten (vgl § 70 Abs 1 Z 3 erster Fall StGB) nicht genügen sollte, leitet sie jedoch nicht aus dem Gesetz ab (vgl aber RIS-Justiz RS0116565).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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