OGH 10Ob6/18g

OGH10Ob6/18g26.6.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Stefula, sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. J***** KG und 2. N*****, beide *****, beide vertreten durch Mag. Dr. Erich Stefan Gerold, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. *****, vertreten durch Dr. Michael Lesigang, Rechtsanwalt in Wien, wegen 10.875,26 EUR sA, über die Revision der klagenden Parteien gegen das Teil‑ und Zwischenurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 2. Oktober 2017, GZ 36 R 74/17z‑19, womit infolge Berufungen der klagenden Parteien und der beklagten Partei das Teil‑ und Zwischenurteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 12. Jänner 2017, GZ 87 C 115/16d‑13, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0100OB00006.18G.0626.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit 459,99 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 76,73 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Strittig ist im Revisionsverfahren allein, ob die Kläger, die vom Beklagten Schadenersatz begehren, ein Mitverschulden dem Grunde nach trifft (Standpunkt des Beklagten) oder nicht (Standpunkt der Kläger).

Die Kläger begehren vom Beklagten 10.875,26 EUR samt Zinsen aus dem Titel des Schadenersatzes. Der Beklagte sei für die Kläger im Verfahren AZ 33 Cg 70/12m des Handelsgerichts Wien (in weiterer Folge: Vorverfahren) als Kurator gemäß § 116 ZPO bestellt worden. Die Kuratorbestellung sei rechtswidrig gewesen, weil die Kläger anwesend und erreichbar gewesen seien. Der Beklagte habe es rechtswidrig und schuldhaft unterlassen, die Kläger zu kontaktieren, obwohl dies einfach möglich gewesen wäre. Das vom Beklagten als Kurator für die Kläger geführte Verfahren sei nichtig gewesen. Zur Beseitigung der Nichtigkeit sei den Klägern ein erheblicher Aufwand (Anträge, Nichtigkeitsklage) entstanden, welcher bei rechtmäßigem Verhalten des Beklagten vermeidbar gewesen wäre. Den Klägern sei keine Verletzung der Schadensminderungspflicht vorwerfbar, weil das Vorverfahren letztlich mit Vergleich geendet habe.

Der Beklagte wandte zur Begründung des von ihm geltend gemachten Mitverschuldens der Kläger ein, dass diese Kenntnis vom anhängigen Verfahren gehabt hätten, was sich auch aus dem Beschluss ergebe, mit dem er zum Kurator bestellt worden sei. Es liege die Vermutung nahe, dass die Kläger sich gezielt einer wirksamen Zustellung durch das Gericht zu entziehen versucht hätten. Obwohl den Klägern das Verfahren bekannt gewesen sei, hätten sie es unterlassen, neuerlich Verbindung mit dem Gericht aufzunehmen. Hätten die Kläger nachgefragt, wäre kein Kurator bestellt worden.

Das Erstgericht sprach mit Teil‑ und Zwischenurteil aus, dass das Klagebegehren dem Grunde nach mit einem Drittel zu Recht bestehe. Das Mehrbegehren von 7.250,17 EUR samt Zinsen wies es ab. Das Erstgericht ging von folgendem wesentlichen Sachverhalt aus:

Die Erstklägerin hatte im Sommer 2012 ihre Geschäftsanschrift in *****. Die Zweitklägerin war persönlich haftende Gesellschafterin der Erstklägerin; J*****, der Ehegatte der Zweitklägerin, war Kommanditist der Erstklägerin. Der Ehegatte der Zweitklägerin war auch Generalbevollmächtigter der Erstklägerin, er vertrat und vertritt auch die Zweitklägerin in gerichtlichen Angelegenheiten. Die Wohnanschrift der Zweitklägerin – und auch ihres Ehegatten – war *****. Die Kläger hielten sich im Zeitraum Anfang Juni 2012 bis Anfang September 2012 weder an der Geschäftsanschrift der Erstklägerin, noch an der Wohnanschrift der Zweitklägerin auf.

Am 4. 6. 2012 teilten beide Kläger dem Zustellpostamt folgende Ortsabwesenheit mit:

„Wegen Betriebsurlaubs sind ab sofort bis inkl. 15. 8. 2012 sämtliche Reko‑, und RSb Briefe an [Erstklägerin], [Ehegatte der Zweitklägerin], [Zweitklägerin] zurückzusenden wegen Ortsabwesenheit!“

Am 6. 7. 2012 brachte die L***** GmbH im Vorverfahren AZ 33 Cg 70/12m des Handelsgerichts Wien eine Mahnklage gegen die Kläger ein. Hinsichtlich der Erstklägerin (im Vorverfahren: Erstbeklagte) war die Zustellung der Klage nicht möglich, weil dem Gericht der Rückschein mit dem Vermerk „Ortsabwesenheit bis 15. 8. 2012“ retourniert wurde. Der Zahlungsbefehl gegen die Zweitklägerin (im Vorverfahren: Zweitbeklagte) wurde beim Postamt zur Abholung ab 17. 7. 2012 hinterlegt.

Am 30. 7. 2012 übermittelte der Ehegatte der Zweitklägerin dem zuständigen Richter am Handelsgericht Wien ein E‑Mail mit folgendem Inhalt:

„Betrifft: Verständigung über die Hinterlegung eines Schriftstücks des HG Wien, Zl. 007 33 Cg 70/12

Sehr geehrter [Richter],

Für meine Frau, [Zweitklägerin], wurde am 17. 7. 2012 ein Schriftstück, Zl 007 33 Cg 70/12, hinterlegt. Wir befinden uns beide seit 9. 7. 2012 auf Urlaub, teils im Ausland, teils in unserem Landhaus in Österreich und kehren erst am 15. 8. 2012 nach Wien zurück, sind bis dahin an o.a. Adresse ortsabwesend. Vom Schriftstück wurden wir von unserer Bedienerin, die ab und zu in die Wohnung sieht, verständigt. Ich ersuche daher, das Schriftstück später nochmals zu senden bzw. die Ortsabwesenheit zu berücksichtigen, sodass keine e.v. Fristen versäumt werden.“

Die Zweitklägerin war von der Hinterlegungsanzeige nicht informiert. Der Rückschein betreffend die Zustellung des Zahlungsbefehls an die Zweitklägerin gelangte mit dem Vermerk „nicht behoben“ an das Handelsgericht Wien zurück.

Am 13. 8. 2012 übermittelten beide Kläger an das Zustellpostamt folgende Mitteilung, in deren Kopf die Anschrift der Erstklägerin angegeben war:

„Für Adresse oben UND ***** [Anm.: unvollständige Anschrift der Zweitklägerin, angegeben ist lediglich die Hausnummer] – Adressaten Firma [Erstklägerin], [Ehegatte der Zweitklägerin], [Zweitklägerin] sind alle Rsa‑, RSb‑ etc. Briefe wegen Urlaubs (Ortsabwesenheit) zurückzusenden!“

Ein Enddatum für die Ortsabwesenheitsmitteilung enthielt dieses Schreiben nicht.

Ein zweiter Versuch des Handelsgerichts Wien, den Zahlungsbefehl an die im Vorverfahren Beklagten und nunmehrigen Kläger zuzustellen (Verfügung vom 20. 8. 2012) scheiterte, weil bezüglich der Erstklägerin der Rückschein mit dem Vermerk „verzogen“, bezüglich der Zweitklägerin der Rückschein mit dem Vermerk „ortsabwesend“ an das Gericht retourniert wurde.

Ab 3. 9. 2012 war das Geschäft der Erstklägerin wieder geöffnet und war der Kommanditist der Erstklägerin und Ehegatte der Zweitklägerin wieder regelmäßig an der Geschäftsanschrift anzutreffen. Ebenfalls ab 3. 9. 2012 waren sowohl die Zweitklägerin als auch ihr Ehegatte wieder regelmäßig an ihrer Wohnanschrift anzutreffen.

Ein dritter Versuch des Handelsgerichts Wien, den Zahlungsbefehl an die im Vorverfahren Erstbeklagte, die nunmehrige Erstklägerin, zuzustellen (Verfügung vom 14. 9. 2012) scheiterte, weil der Rückschein mit dem Vermerk „Ortsabwesenheit 4. 9. 2013“ an das Handelsgericht Wien retourniert wurde.

Ein vierter Versuch des Handelsgerichts Wien den Zahlungsbefehl den nunmehrigen Klägern als Beklagte des Vorverfahrens zuzustellen (Verfügung vom 9. 11. 2012) scheiterte, weil der Rückschein bezüglich der Erstklägerin mit dem Vermerk „16. 11. 2012, Ortsabwesenheit bis 4. 9. 2013“ und der Rückschein bezüglich der Zweitklägerin mit dem Vermerk „Empfängerin ortsabwesend“ an das Gericht retourniert wurden.

Ebenfalls am 9. 11. 2012 (arg: „Ausfolgung des handschriftlichen Schreibens vom 9. 11. 2012 'am gleichen Tag'“) sprach die für die Geschäftsanschrift der Erstklägerin zuständige Postzustellerin den Ehegatten der Zweitklägerin darauf an, dass er „eh da wäre“. Über Nachfrage des Ehegatten der Zweitklägerin, wie das gemeint sei, wies ihn die Postzustellerin darauf hin, dass eine Ortsabwesenheitsmeldung beim Postamt vorliege. Der Ehegatte der Zweitklägerin forderte die Zustellerin auf, die Ortsabwesenheitsmeldung sofort rückgängig zu machen. Die Postzustellerin meinte, sie würde dazu „etwas Schriftliches“ benötigen. Darauf verfasste der Ehegatte der Zweitklägerin handschriftlich folgendes Schreiben: „Ab sofort alle Sendungen Rsa‑ und RSb Briefe wieder zustellen“ und händigte dieses der Zustellerin aus.

Ein Storno der Abwesenheitsmeldung für die Erstklägerin, für die in der EDV der Österreichischen Post AG eine Ortsabwesenheitsmeldung bis 4. 9. 2013 eingetragen war, erfolgte erst ab 8. 1. 2013.

Mit Beschluss vom 20. 11. 2012 wurde der Beklagte im Vorverfahren zum Kurator gemäß § 116 ZPO für die im Vorverfahren beklagten und nunmehr klagenden Parteien bestellt. Dieser Beschluss wurde in der Ediktsdatei veröffentlicht und erwuchs in Rechtskraft.

Im Vorverfahren erging am 7. 8. 2013 ein klagestattgebendes Urteil, das in Rechtskraft erwuchs. Vom Vorverfahren und diesem Urteil erlangten die Kläger Kenntnis durch das anschließende Exekutionsverfahren.

Infolge des Antrags der Kläger vom 13. 2. 2014 wurde der Beklagte mit Beschluss vom 18. 2. 2014 als Kurator im Vorverfahren enthoben.

Die Kläger beantragten am 24. 2. 2014 im Vorverfahren ua die Nichtigerklärung des gesamten durchgeführten Verfahrens und die Aufhebung der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Urteils vom 7. 8. 2013. Diese Anträge wurden vom Handelsgericht Wien im Vorverfahren mit Beschluss vom 15. 9. 2014 (dort ON 53) abgewiesen.

Am 5. 11. 2014 brachten die Kläger zu AZ 33 Cg 76/14x des Handelsgerichts Wien eine Nichtigkeitsklage gegen die Klägerin des Vorverfahrens ein. In diesem Verfahren verkündeten die Kläger dem Beklagten mit einem diesem am 20. 3. 2015 zugestellten Schriftsatz den Streit. Der Beklagte trat dem Verfahren nicht als Nebenintervenient bei. Mit rechtskräftigem Urteil vom 5. 6. 2015 (ON 10 in AZ 33 Cg 76/14x) wurde ua das klagestattgebende Urteil des Handelsgerichts Wien im Vorverfahren vom 7. 8. 2013 als nichtig aufgehoben und das diesem Urteil vorangegangene Verfahren ab der Bestellung des Beklagten zum Kurator mit Beschluss vom 20. 11. 2012 für nichtig erklärt. Am 29. 9. 2015 beendeten die Parteien das in der Hauptsache fortgesetzte Vorverfahren mit unbedingtem Vergleich.

Das Erstgericht sprach mit Teil‑ und Zwischenurteil aus, dass das Klagebegehren von 10.875,26 EUR samt 4 % Zinsen seit 14. 12. 2015 dem Grunde nach zu einem Drittel zu Recht bestehe. Das Mehrbegehren von 7.250,17 EUR sA wies es ab. Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, dass der Wirkungsbereich des gemäß § 116 ZPO bestellten Kurators in eingeschränktem Ausmaß auch die Pflicht zur Ausforschung des Abwesenden umfasse. Diese Pflicht habe der Beklagte schuldhaft verletzt, weil ihm bereits aus den mit dem Bestellungsbeschluss übermittelten Aktenbestandteilen auffallen hätte müssen, dass es eine E‑Mail‑Adresse und Telefonnummern gab, unter denen er zumindest den Versuch hätte machen müssen, die Kläger zu erreichen und über das Verfahren zu informieren. Auch über das Internet wäre er auf entsprechende Kontaktdaten gestoßen. Die Kläger treffe jedoch ein Mitverschulden, ihnen sei grob sorgloses Verhalten vorzuwerfen. Die Kläger hätten faktisch Kenntnis vom Vorverfahren gehabt. Sie hätten das Erstgericht im Vorverfahren darüber informiert, nach dem 15. 8. 2012 wieder erreichbar zu sein. Dann hätten sie aber im Gegenteil gegenüber dem Zustellpostamt eine weitere Ortsabwesenheit ohne Enddatum mitgeteilt, obwohl sie seit 3. 9. 2012 wieder ortsanwesend gewesen seien. Die Kläger hätten keinen Versuch unternommen, mit dem Gericht in Kontakt zu treten und auch nicht in die Ediktsdatei Einsicht genommen. Daher sei von einer Verschuldensteilung von 2 : 1 zu Lasten der Kläger auszugehen.

Das von den Klägern und vom Beklagten angerufene Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger teilweise, der Berufung des Beklagten hingegen nicht Folge. Es änderte das Urteil des Erstgerichts mit Teil‑ und Zwischenurteil dahin ab, dass es aussprach, dass das Klagebegehren dem Grunde nach mit zwei Dritteln zu Recht bestehe. Das Mehrbegehren von 3.625,08 EUR sA wies das Berufungsgericht ab. Dem Beklagten sei vorzuwerfen, dass er trotz ausreichender Hinweise nicht selbst versucht habe, die Kläger – zumindest unter den ihm bekannten Kontaktdaten – zu erreichen. Die Kläger treffe ein Mitverschulden. Sie seien in Kenntnis eines Verfahrens vor dem Handelsgericht Wien und eines erfolglosen Zustellversuchs gewesen, mögen die Kläger auch nicht gewusst haben, dass dieses Verfahren direkt gegen sie geführt werde. Obwohl die Kläger dem zuständigen Richter beim Handelsgericht Wien mitgeteilt hätten, dass Zustellungen ab 15. 8. 2012 wieder möglich seien, hätten sie eine weitere Ortsabwesenheit gemeldet, ohne deren Ende bekannt zu geben. Auch nach ihrer Rückkehr nach Wien im September 2012 hätten die Kläger das Zustellpostamt nicht verständigt. Bei gehöriger Sorgfalt wäre den Klägern erkennbar gewesen, dass Poststücke des Gerichts weiterhin nicht zugestellt werden können. Dessen ungeachtet hätten sie keinen Kontakt mit dem Handelsgericht Wien aufgenommen. Die Fahrlässigkeit des Beklagten wiege jedoch schwerer als jene der Kläger, sodass eine Verschuldensaufteilung von 2 : 1 zu Lasten des Beklagten vorzunehmen sei.

Das Berufungsgericht ließ die Revision über Antrag der Kläger nachträglich zu, weil die Frage, ob die unterlassene Meldung der Kläger noch adäquat mit dem späteren Verhalten des Beklagten in Einklang zu bringen und so im Sinn des § 1304 ABGB zu berücksichtigen sei, einer Klärung durch das Höchstgericht zugänglich sei.

Gegen dieses Teil‑ und Zwischenurteil richtet sich die Revision der Kläger mit dem Antrag, dem Klagebegehren dem Grunde nach zur Gänze stattzugeben.

In seiner Revisionsbeantwortung beantragt der Beklagte die Zurück‑, hilfsweise die Abweisung der Revision.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch unzulässig. Die Zurückweisung der Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Kläger machen zusammengefasst geltend, dass es für die Annahme ihres Mitverschuldens nicht nur am Verschulden, sondern bereits an der Kausalität fehle. Ursächlich für den den Klägern entstandenen Schaden sei allein das Fehlverhalten des Beklagten nach seiner Bestellung zum Kurator gewesen, weil er die Kläger nicht kontaktiert habe. Die Bestellung des Beklagten zum Kurator allein stelle keinen Schaden dar und habe keinen Schaden verursacht. Die Kläger hätten keine Obliegenheit verletzt. Sie hätten insbesondere keine Kenntnis über den Inhalt jenes gerichtlichen Schriftstücks gehabt, auf das sich das E‑Mail des Ehegatten der Zweitklägerin vom 30. 7. 2012 an das Handelsgericht Wien bezogen habe. Sie hätten daher nicht nachfragen müssen. Davon unabhängig hätten die Kläger ihre Ortsanwesenheit gegenüber dem Zustellpostamt jedenfalls vor der Bestellung des Beklagten zum Kurator gemeldet.

1. Die Vorinstanzen sind davon ausgegangen, dass den gemäß § 116 ZPO bestellten Kurator eine Verpflichtung treffe, Nachforschungen über den Abwesenden, den er zu vertreten hat, anzustellen, wenn dafür Hinweise aus der Aktenlage vorliegen, und dass der Beklagte diese Pflicht im konkreten Fall schuldhaft verletzt hat. Diese Rechtsansicht (vgl zum strittigen Meinungsstand in der Lehre nur Stumvoll in Fasching/Konecny² II/2 § 116 Rz 8 FN 62 mwH; aA für Kuratoren gemäß § 116 ZPO Mondel, Die Kuratoren im österreichischen Recht² Rz 4/139) ist im Revisionsverfahren mangels Anfechtung durch den Beklagten für den Obersten Gerichtshof nicht mehr überprüfbar.

2.1 Das Mitverschulden im Sinn des § 1304 ABGB setzt kein Verschulden im technischen Sinn voraus. Auch Rechtswidrigkeit des Verhaltens ist nicht erforderlich. Es genügt vielmehr eine Sorglosigkeit gegenüber den eigenen Gütern, sofern sie – worauf das Berufungsgericht hingewiesen hat – für den Schaden kausal ist (RIS‑Justiz RS0022831; RS0022681 [T2]). Das Ausmaß eines allfälligen Mitverschuldens des Geschädigten kann jeweils nur im Einzelfall beurteilt werden und stellt daher regelmäßig keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS‑Justiz RS0022681 [T8, T10, T11]).

2.2 Es steht fest, dass die Kläger Kenntnis von der Existenz des Vorverfahrens hatten, wobei nicht feststeht, dass sie Kenntnis über den Inhalt des vom Handelsgericht Wien zugestellten Poststücks hatten. Es steht weiters fest, dass die Kläger dem Handelsgericht Wien im Vorverfahren mitteilten, (nur) bis 15. 8. 2012 ortsabwesend zu sein und mit E‑Mail vom 30. 7. 2012 an das Gericht ersuchten, das Schriftstück „später“ nochmals zu senden. Entgegen dieser dem Handelsgericht Wien erteilten Information teilten die Kläger jedoch bereits vor Ende der ursprünglich bekanntgegebenen Ortsabwesenheit, nämlich am 13. 8. 2012 ihrem Zustellpostamt eine weitere Ortsabwesenheit mit, ohne ein Enddatum bekannt zu geben. Diese Ortsabwesenheit endete am 3. 9. 2012, ohne dass die Kläger dies zunächst dem Zustellpostamt bekannt gaben, vielmehr erfolgte diese Bekanntgabe erst am 9. 11. 2012. Die Kläger führen dazu in der Revision aus, dass ihnen keine „Obliegenheitsverletzung“ zur Last zu legen wäre, weil der Beklagte den Einwand nicht erhoben hätte, sie hätten nach ihrer Rückkehr nach Wien im September 2012 das Zustellpostamt nicht von ihrer Rückkehr verständigt. Dies trifft jedoch nicht zu, weil der Beklagte im Verfahren erster Instanz vorbrachte, dass die Kläger sich im Vorverfahren „gezielt einer wirksamen Zustellung und damit einem Gerichtsverfahren zu entziehen suchten“ (ON 7) und vom Erstgericht auch ausdrücklich der Einwand des Mitverschuldens der Kläger erörtert wurde (ON 8). Mit der Behauptung, eine „urlaubsbedingte Abwesenheit“, wie sie von den Klägern am 13. 8. 2012 dem Zustellpostamt bekannt gegeben worden sei, dauere „nach allgemeiner Lebenserfahrung“ zwei bis maximal drei Wochen, „noch dazu, wenn man einen laufenden Betrieb zu führen habe“, übergehen die Revisionswerber, dass sie das Ende ihres Urlaubs ursprünglich – auch dem Handelsgericht Wien gegenüber – mit 15. 8. 2012 bekannt gegeben haben. Vor diesem Hintergrund ist die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass das Verhalten der Kläger für die in weiterer Folge erfolgte Bestellung des Beklagten zum Kurator gemäß § 116 ZPO zumindest mitursächlich im dargestellten Sinn war, im Einzelfall nicht korrekturbedürftig.

3.1 Eine adäquate Verursachung eines Schadens liegt dann vor, wenn das Verhalten unter Zugrundelegung eines zum Zeitpunkt der Beurteilung vorhandenen höchsten menschlichen Erfahrungswissens und unter Berücksichtigung der zum Zeitpunkt der Handlung dem Verantwortlichen oder einem durchschnittlichen Menschen bekannten oder erkennbaren Umstand geeignet war, eine Schadensfolge von der Art des eingetretenen Schadens in nicht ganz unerheblichem Ausmaß zu begünstigen (RIS‑Justiz RS0022914). Nach ständiger Rechtsprechung ist die Adäquanz des Kausalzusammenhangs objektiv und nicht danach zu beurteilen, was dem Schädiger subjektiv vorhersehbar war (RIS‑Justiz RS0022940 ua). Eine Haftung besteht nur für jene Folgen des schädigenden Verhaltens, mit denen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge gerechnet werden muss, nicht für den atypischen Erfolg (RIS‑Justiz RS0022944). Der Schaden ist dann inadäquat, wenn nach allgemeiner Lebenserfahrung das schädigende Ereignis für den eingetretenen Schaden gleichgültig ist und nur durch eine außergewöhnliche Verkettung von Umständen eine Bedingung für den Schaden war (RIS‑Justiz RS0098939). Für die Anrechnung des Mitverschuldens gelten keine Besonderheiten: der Kausalzusammenhang muss auch hier adäquat sein (4 Ob 299/98v mwH; Harrer/Wagner in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 1304 Rz 23). Auch die nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilende Frage, ob ein Schaden noch als adäquate Folge eines schädigenden Ereignisses anzusehen ist, betrifft im Allgemeinen keine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität (RIS‑Justiz RS0110361).

3.2 Zweck der Kuratorbestellung ist die Wahrung der Interessen des unbekannt Abwesenden (G. Kodek, Die Suche nach unbekannten Erben im Verlassenschaftsverfahren, ÖJZ 2009, 197 [204]; Mondel, Kuratoren² Rz 4/84, spricht vom 'Wohl des Kuranden' als zentrale Forderung jeder Kuratel). Der Kurator kann sich – abgesehen von seiner von den Vorinstanzen hier bejahten eingeschränkten Ausforschungspflicht – in der Regel darauf verlassen, dass die Unbekanntheit des Aufenthalts des Abwesenden vor seiner Bestellung durch zumutbare und vom Prozessgericht für erforderlich gehaltene Erhebungsmaßnahmen (Stumvoll in Fasching/Konecny ² § 116 ZPO Rz 15) ausreichend bescheinigt ist (G. Kodek, ÖJZ 2009, 204 zum Kurator gemäß § 270 ABGB). Hauptsächlich ist der gemäß § 116 ZPO bestellte Kurator verpflichtet, den Abwesenden im Rechtsstreit so lange auf dessen Gefahr und Kosten zu vertreten, bis dieser selbst im Prozess auftritt (Mondel, Kuratoren² Rz 4/137). Bei gebotener objektiver Betrachtung muss daher derjenige, der die Bestellung eines Kurators gemäß § 116 ZPO durch Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten zumindest mitverursacht, damit rechnen, dass die gesetzliche Verpflichtung des Kurators, zur Wahrung der Interessen des Abwesenden tätig zu werden, Kosten verursacht. Vor diesem Hintergrund ist das vom Berufungsgericht erzielte Ergebnis, dass sich die Kläger ein Mitverschulden am eingetretenen Schaden dem Grunde nach zurechnen lassen müssen, weil es sich dabei um eine adäquat mitverursachte Schadensfolge handelt, im Einzelfall vertretbar. Da über die Höhe des geltend gemachten Anspruchs erst im fortzusetzenden Verfahren zu entscheiden sein wird, erübrigt sich an dieser Stelle eine nähere Auseinandersetzung mit der Frage, welche Kosten im Einzelnen einen vom Beklagten verursachten Schaden der Kläger darstellen und von den Klägern mitverschuldet sind.

4. Die Vorinstanzen gingen ohnedies davon aus, dass die schriftliche Verständigung vom Ende der Ortsabwesenheit am 9. 11. 2012 erfolgte, hingegen die Bestellung des Beklagten zum Kurator gemäß § 116 ZPO erst am 20. 11. 2012, sodass die behauptete Aktenwidrigkeit nicht vorliegt.

Mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO war die Revision daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Der Beklagte hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. In diesem Fall findet auch bei einem (Teil‑)Zwischenurteil kein Kostenvorbehalt statt. Vielmehr sind dem Beklagten die Kosten der Revisionsbeantwortung nach den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO zuzusprechen (1 Ob 73/10g; RIS‑Justiz RS0123222 [T4; T10]; vgl RS0117737 [T4; T5]).

Stichworte