European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0170OS00004.18V.0625.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karl‑Christoph K***** von der Anklage freigesprochen, er habe in Wien als Referent des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, mithin als Beamter, mit dem Vorsatz, dadurch die Republik Österreich an ihrem „Recht auf Abfrage von elektronischen Daten über Fahndungsmaßnahmen ausschließlich bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzung“ und an ihrem Recht auf Durchführung einer effizienten Strafverfolgung zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht, indem er ohne dienstliche Veranlassung in der Applikation „Personenfahndung“ im elektronischen Informationssystem (EKIS) Abfragen zum ihn betreffenden Datensatz durchführte, und zwar
1/ am 3. August 2015;
2/ am 13. September 2016;
3/ am 20. September 2016.
Rechtliche Beurteilung
Nur gegen den Freispruch zu Punkt 1 richtet sich die aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, der keine Berechtigung zukommt.
Die Mängelrüge (nominell auch die Rechtsrüge Z 9 lit a) kritisiert die Urteilspassagen, der Grund für die Abfrage vom 3. August 2015 sei nicht feststellbar, diese sei jedoch in keinem Zusammenhang mit einer gegen den Angeklagten gerichteten „Anzeige wegen § 107a Abs 1 und Abs 2 Z 1 und Z 2 StGB“ gestanden, der Angeklagte sei (auch bei dieser Abfrage) vom Vorliegen eines dienstlichen Interesses ausgegangen (US 3), als widersprüchlich und unbegründet (Z 5 dritter und vierter Fall). Sie spricht damit keine entscheidende Tatsache an (vgl RIS‑Justiz RS0117499), weil sie die (weitere) Feststellung, der Angeklagte habe nicht mit dem Vorsatz gehandelt, die Republik Österreich an ihrem „Recht auf Abfrage von elektronischen Daten über Fahndungsmaßnahmen ausschließlich bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzung“ (das sich übrigens im unbeachtlichen Anspruch des Staates, keinen Befugnismissbrauch zu begehen, erschöpft vgl RIS‑Justiz RS0096270) oder an ihrem Recht auf Strafverfolgung zu schädigen (US 3), unbekämpft lässt. Zudem sind die Aussagen, ein bestimmtes (vom Gericht geprüftes) Motiv für die Abfrage sei auszuschließen, ein (anderer) Grund für die Abfrage jedoch nicht (positiv) feststellbar, nach Maßgabe von Denkgesetzen und grundlegenden Erfahrungssätzen sehr wohl miteinander vereinbar (RIS‑Justiz RS0117402). Das Fehlen eines Zusammenhangs mit der erwähnten Anzeige begründeten die Tatrichter übrigens – von der Rüge übergangen (vgl RIS‑Justiz RS0119370) – unter anderem (unbedenklich) mit dem Umstand, dass der Angeklagte in zeitlicher Nähe keine weiteren Abfragen getätigt habe, die „jedoch zu erwarten gewesen wären, wenn er sich tatsächlich über allfällige Fahndungsmaßnahmen gegen seine Person im Zusammenhang mit diesem Verfahren hätte informieren wollen“ (US 4).
Die weitere Kritik (nominell Z 5 vierter Fall), das Erstgericht habe es „gänzlich unterlassen, sich differenziert mit der Glaubwürdigkeit des Angeklagten auseinanderzusetzen“, erschöpft sich in bloßer Beweiswürdigungskritik nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung. Im Übrigen haben die Tatrichter die Verantwortung des Angeklagten ausführlich erörtert und sind dieser – mit durchaus differenzierter Begründung – nur teilweise gefolgt (US 4 f).
Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) Konstatierungen zum Inhalt eines zwischen dem Angeklagten und einer Polizeibeamtin (im zeitlichen Konnex zur inkriminierten Abfrage) geführten Gesprächs fordert, legt sie nicht dar, weshalb dies (angesichts der sonstigen Negativfeststellungen) für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage entscheidend sein soll. Im Übrigen ist das Erstgericht (im Rahmen der Beweiswürdigung) ohnehin von einem derartigen Gesprächsinhalt ausgegangen (US 4).
Die – zudem ohne konkrete Bezugnahme auf Verfahrensergebnisse erhobene – Forderung nach „Ersatzfeststellungen“ (insbesondere) zur subjektiven Tatseite verkennt, dass ein Feststellungsmangel nur hinsichtlich eines nicht durch Urteilskonstatierungen geklärten, gleichwohl (durch Ergebnisse des Beweisverfahrens) indizierten Sachverhalts geltend gemacht werden kann ( Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 600). Vorliegend begehrt die Beschwerdeführerin indes (wie der von ihr verwendete Begriff verdeutlicht) den Ersatz tatsächlich getroffener Feststellungen durch für ihren Standpunkt günstigere nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
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