European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0140OS00041.18P.0529.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch einen rechtskräftigen Freispruch enthaltenden, Urteil wurde Wolfgang A***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 2 StGB (I./), des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB (II./), der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (III./1./ und 2./), des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (III./3./), der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (IV./), der Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 3 StGB (V./) und des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 StGB (VI./) schuldig erkannt.
Danach hat er
I./ am 23. Juli 2017 in A***** Dr. Gabriele S***** mit Gewalt zur Vornahme einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, die diese in besonderer Weise erniedrigte, indem er sie festhielt, ihren Kopf zu seinem Penis drückte, sie an den Haaren riss, sie schlug und ihr seinen Penis gewaltsam in den Mund steckte und dazu zwang, an ihm den Oralverkehr bis zur Ejakulation zu vollziehen und das Ejakulat zu schlucken, indem er ihr den Mund zuhielt;
II./ am 24. Oktober 2017 in S***** und an anderen Orten Dr. Gabriele S***** die persönliche Freiheit entzogen, indem er ihren PKW gegen ihren Willen mit ihr am Beifahrersitz sitzend mit weit überhöhter Geschwindigkeit zumindest 10 bis 15 Minuten lenkte, ohne stehen zu bleiben und sie aussteigen zu lassen;
III./ Dr. Gabriele S***** mit Gewalt (III./1./ und 2./) und durch gefährliche Drohung mit dem Tod (III./3./) zu Handlungen und Unterlassungen genötigt und zu nötigen versucht, und zwar
1./ am 23. Juli 2017 in A***** dazu, die Feierlichkeit in einer Gartenhütte ihrer Nachbarin zu verlassen, indem er sie an den Händen erfasste und bis zu ihrem 200 Meter entfernten Wohnhaus zerrte;
2./ am 24. Oktober 2017 in S***** dazu, in den Kofferraum ihres PKW zu steigen und nicht um Hilfe zu schreien, indem er sie von hinten packte, ihr den Mund zuhielt, als sie um Hilfe schrie und versuchte, sie unter Anwendung von Körperkraft in den Kofferraum ihres PKW zu bugsieren, was ihm jedoch aufgrund der Gegenwehr der Dr. Gabriele S***** nicht gelang, sodass er sie schließlich auf den Beifahrersitz ihres PKW stieß;
3./ am 24. Oktober 2017 in S***** und anderen Orten dazu, die Beziehung mit ihm wieder aufzunehmen, indem er zu der am Beifahrersitz sitzenden Dr. Gabriele S***** äußerte, dass er den von ihm mit stark überhöhter Geschwindigkeit gelenkten PKW in den nächsten Betonpfeiler fahren werde und sie beide umbringen werde, wenn sie ihn nicht zurücknehme, wobei es beim Versuch blieb;
IV./ Dr. Gabriele S***** vorsätzlich am Körper verletzt, indem er
1./ sie am 17. Juni 2017 auf der Insel K***** gegen ein Kästchen stieß, wodurch sie ein Hämatom am rechten Oberschenkel erlitt;
2./ ihr am 23. Juli 2017 in A***** mehrfach Schläge gegen das Gesicht und Tritte gegen den Körper versetzte und ihr in die Lippe biss, wodurch sie Hämatome, Abschürfungen und Schwellungen im Gesichtsbereich, Abschürfungen am Rücken, der Brust und am Hals, eine ein Zentimeter lange Bisswunde unterhalb der Lippe und zahlreiche Hämatome an den Extremitäten erlitt;
3./ die zu III./2./ geschilderte Tathandlung setzte, was Abschürfungen an beiden Händen, am Kinn und Verletzungen im Mundinneren zur Folge hatte;
V./ zu nicht näher bestimmbaren Zeitpunkten in A***** und an anderen Orten Dr. Gabriele S***** durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper zu einer Handlung, die besonders wichtige Interessen der Dr. Gabriele S***** verletzte, nämlich zur Aufrechterhaltung der Lebensgemeinschaft mit ihm, genötigt, indem er ihr mehrfach damit drohte, sie umzubringen;
VI./ am 24. Oktober 2017 in S***** den PKW der Dr. Gabriele S***** ohne deren Einwilligung in Gebrauch genommen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 4, 5, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten versagt.
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung des Antrags auf Vernehmung „der Ermittlungsbeamten zu den Vorfällen vom 24. 10. 2017; dies zum Beweise dafür, dass am 25. 10. 2017 keineswegs eine Festnahme des Angeklagten intendiert gewesen sei, sondern dass Dr. Gabriele S***** gemäß ihrer Nachricht in ON 24 sehr wohl beabsichtigt habe, sich am 25. 10. 2017 mit dem Angeklagten zum Abendessen zu verabreden, was die bezughabenden Angaben der Dr. Gabriele S*****, wonach sie Opfer einer Freiheitsentziehung geworden sei, widerlegen würde“ (ON 29 S 35), Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht verletzt. Denn das Beweisbegehren ließ nicht erkennen, welche Wahrnehmungen diese Zeugen zum behaupteten Vorhaben des Opfers gemacht haben sollen, womit der Antrag insoweit auf unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet war. Die Einschätzungen der Polizeibeamten betreffend das Vorliegen der (hier: tatsächlichen) Voraussetzungen von prozessualen Zwangsmitteln sind im Übrigen gar kein Gegenstand eines Zeugenbeweises (RIS‑Justiz RS0097540).
Weshalb es mit den Denkgesetzen nicht in Einklang zu bringen sein soll, dass der Angeklagte den Konstatierungen zufolge das Schlucken seines Ejakulats erzwang, indem er den Mund des Opfers zuhielt (US 8), macht die Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) nicht deutlich.
Entgegen dem weiteren Beschwerdeeinwand (Z 5 vierter Fall) ist die zu III./1./ erfolgte Ableitung der subjektiven Tatseite aus dem objektiven Geschehen (US 21) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (vgl RIS-Justiz RS0116882).
Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).
Indem der Beschwerdeführer mit ausführlichen eigenständigen Beweiswerterwägungen das Verhalten des Opfers nach der zu I./ abgeurteilten Tat als unplausibel einstuft, sich pauschal auf die „Unschuldsvermutung“ und fehlende belastende Beweisergebnisse beruft, Falschbezichtigungstendenzen der Zeugin Dr. S***** vermutet, dieser eine unterbliebene Beweissicherung in Bezug auf Spermaspuren vorwirft, mangelnde Wahrnehmungen der Zeugin Nina S***** zum Vergewaltigungsgeschehen hervorkehrt und hinsichtlich der zu I./ und III./ abgeurteilten Taten die Aussagen des Opfers zu unwesentlichen Begleitumständen bezweifelt, weckt er keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen.
Die Subsumtionsrüge (Z 10) leitet ihre pauschale Rechtsbehauptung, das Ejakulieren in den Mund des Opfers sei notwendige Begleiterscheinung des Oralverkehrs und stelle daher keine Erniedrigung im Sinn des § 201 Abs 2 erster Satz StGB dar (vgl aber RIS-Justiz RS0095315 [T6]), nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab und verfehlt damit eine prozesskonforme Ausführung des geltend gemachten materiellen Nichtigkeitsgrundes (vgl RIS-Justiz RS0118429 [T3]).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.
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