European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0150OS00033.18V.0523.000
Spruch:
In der Strafsache gegen Hans F***** wegen § 283 Abs 1 Z 1 und Z 2, Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 5 St 52/16s der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis, verletzt die Entscheidung über die Beendigung des Ermittlungsverfahrens § 283 Abs 1, Abs 2 StGB iVm § 190 Z 1 StPO.
Gründe:
Die Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis führte zu AZ 5 St 52/16s ein Ermittlungsverfahren gegen Hans F***** wegen § 283 Abs 1 und Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen.
Mit Verfügung vom 31. Juli 2017 (ON 1 S 17 ff des Aktes 11 HR 53/16i des Landesgerichts Ried im Innkreis) stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren – soweit hier von Interesse – in Ansehung des Tatverdachts wegen § 283 Abs 1 und (richtig) Abs 2 StGB gemäß § 190 Z 1 StPO ein und führte hiezu aus, Hans F***** stehe im Verdacht, im Zeitraum von 14. März bis zumindest 26. Juli 2016 von seinem Wohnort in W***** aus auf seiner Facebook-Seite unter dem Pseudonym „P*****“ zur aktuellen Flüchtlingsthematik mit nachstehenden „eindeutigen Einträgen, Vorurteilen, Verunglimpfungen und Beschimpfungen pauschal gegen schutzsuchende Personen und Angehörige des islamischen Glaubens gehetzt“ zu haben, wobei die Einträge – je nach Profileinstellung – für jeden Facebook-User oder nur für seine (zumindest 1094) Facebook-Freunde einsehbar gewesen wären, und zwar (soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung):
1./ am 14. März 2016: „es wissen jetzt annähernd alle: diese einschwimmenden invasoren sind KEINE flüchtlinge, sind KEINE vor bomben und terror geflohenen, sind SEHR WOHL BETRÜGERISCHE DRECKSKERLE, die sich auf unsre kosten das leben finanzieren lassen wollen, uns zudem dennoch hassen, uns ihre mittelalterlichen lebensweisen aufdrängen! in den diversen tv-talks quasseln immer noch die vertreter der antikparteien von den armen schutzsuchenden, etc. was bitte soll das?? wird jetzt offensichtlicher betrug zur unwidersprochenen diskussionskultur?“ (ON 10 S 19);
2./ am 29. März 2016: „jeder, verdammt nocheinmal jeder.weiß, in syrien herrscht auf max. 20 % der fläche krieg, diese typen, die da kommen, sind AUSNAHMSLOS miese betrüger, abzocker der schlimmsten sorte, ungebildet, ohne gefühl für unsre werte, für normalmenschliche werte, sind gewalttätig in verbaler und physischer ebene, die sind – uns auslachende dreckskerle, die mitgebrachte kinder als human shields missbrauchen, etc, etc, und da sagt diese u fassbar verblöddete UNO: für syrer muß es mehr legale wege zur einreise geben???? bin ich im falschen film,??“
- „ein menschenrecht, menschenrechte abzuerkennen, wenn unmensch! demagogisch? sicher ned! der seit gut einem jahr eingebürgerten gewalt, die uns vernichten will, mit intelligenterer weit brutalerer gewalt begegnen. hab mich entschieden! ICH SCHLAGE ZURÜCK: gnade euch müslischeißkerlen gott!“
- „und wenns noch primitiver sein muss ich schlage zurück!“ (ON 10 S 19 f wobei letzterem Eintrag Abbildungen eines Morgensterns, einer Streitaxt und eines Schwertes angefügt waren);
3./ am 28. April 2016: „das hinterlistigste überhaupt, so mein ich: der uno-marionett spricht von fremdenhass in österreich, er leugnet so, wider bessren wissens, den status der dreckskerle, die unser land benützen, als gewinnmaximierer, als mörder, als miese charakter! oder will er unsre wut steigern?“ (ON 10 S 15);
4./ am 4. Mai 2016: „sollte heute tatsächlich die visafreiheit für türken beschlossen werden – ist das die vollständige kapitulatuon europas vor dem müslvolk! es wird der kriegs und gewaltbereite abschaum in unsre länder strömen und in kürzester zeit die herrschaft übernehmen! was haben wir verbrochen, um uns derart demütigen lassen zu müssen !“ (ON 10 S 19);
5./ Mitte Mai 2016:
- „was machen wir mit den 537 journalisten, die genötigt von ihren chefredaktionen, gegen hofer stimmung machten? Vorschlag – jeweils ein monat sozialdienst – beim abtransport der müslsäue!“ (ON 10 S 15);
- „jeder von der eu aufgenommene arsch wird uns verarschen und :MORDEN!“ (ON 10 S 17);
6./ am 16. Mai 2016: „täglich::: wieder 1.100 „flüchtlinge“ gerettet!!! dieser irrsinn!! DASSIND; VERDAMMT NOCHEINMAL – KEINE FL:::;DAS SIND BRUTALE INVASOREN; HALLLLLLLLLOOOOOOOOOOOOOOO!!!!!!! und die kommen und werden hierher gebracht!!! sind alle zuständigen irrsinnig!!!“ (ON 10 S 17);
7./ am 17. Juli 2016: „mehr migranten in den öffentlichen dienst? ganz sachlich – welche qualifikation bringt so ein arabisch sprechender, gebrochen englisch stottender, durch betrügerische aussagen sich das asyl erschwindelnd habender mit? allein migrant zu sein ist ein befähigungsnachweis? aus welchem grund sagt ein regierungsmitglied derartiges? dahinter steckt doch wohl ein motiv! wohl hausverständlich klar, hier will jemand mit staatsmacht‑autorität den einheimischen zurückdrängen.“ (ON 17 S 55);
8./ am 18. Juli 2016: „nach vielen anschlägen, tod und terror bleibt uns nichts andres übrig, als die gesamte muselschaft in europa unter generalverdacht zu stellen und AUSZUWEISEN! stattdessen werden sie geschützt, bedauert und jede straftat legalisiert! wo leben wir? was haben unsre komischen regierungen vor? sie demütigen IHR volk: UNS ALLE – TÄGLICH!“ (ON 17 S 53);
9./ am 20. Juli 2016: „wie soll das volk, die überwältigende mehrheit, das aushalten! wir führen einen 2‑fronten KRIEG. unsre gewählten vertreter scheißen auf uns, und das müslümbaggaschige fotzt uns ungestraft. alles gesagt was sollen wir tun? effektives iss nicht möglich, nagut, dann lassen wir eben zu versklavt zu bleiben. brav samma, ja?“ (ON 17 S 53);
Als Beschuldigter vernommen habe Hans F***** angegeben, er sei seit zwei Jahren mit der politischen Situation in Bezug auf die neuen Siedler in Österreich unzufrieden; er sei davon überzeugt, dass sich Hilfsorganisationen unrechtmäßig bereicherten; es sei richtig, dass er auf Facebook unter dem Pseudonym „P*****“ Ausdrücke wie einschwimmende Invasoren, betrügerische Dreckskerle, Betrüger, Abzocker und auslachende Dreckskerle verwendet habe; der Eintrag, wonach diesen Personen die Menschenrechte aberkannt werden sollten, sei aber mit einem Fragezeichen versehen und außerdem aus dem Zusammenhang gerissen; er sei weder Rassist noch Ausländerfeind und berufe sich auf seine Meinungsfreiheit; dass er sich unter Alkoholeinfluss zu emotionalen Ausrutschern habe hinreißen lassen, sei aber durchaus möglich; durch die aktuellen Ereignisse werde unsere Kultur überschwemmt und von einer fremden überstülpt; ihn störe, dass sich diese integrations[un‑]willigen Personen gewaltbereit aufspielten und zu viel forderten.
Nach Ansicht der (nicht nach den einzelnen Beiträgen differenzierenden, erkennbar vom Vorliegen der tatsächlichen Kriterien für die Annahme einer tatbestandlichen Handlungseinheit (s Ratz in WK2 StGB Vor §§ 28–31 Rz 89) ausgehenden; vgl zu deren Grundsätzen bei Ehrenbeleidigungs- und Medienstrafsachen RIS‑Justiz RS0120533) Staatsanwaltschaft werde in den angeführten Einträgen des Hans F***** mit Blick auf deren Wortlaut und die Verantwortung des Genannten „nicht zu Gewalt gegen Asylwerber/Immigranten/Muslime aufgefordert oder zu Hass gegen sie aufgestachelt“. „Wenn überhaupt“, käme Tatbestandsmäßigkeit nach § 283 Abs 1 Z 2 und (richtig:) Abs 2 StGB in Betracht. Beschimpfungen iSd § 283 Abs 1 Z 2 StGB „müssten in einer die Menschenwürde verletzenden Weise erfolgen“, wobei die Bestimmung in subjektiver Hinsicht absichtliches Handeln verlange. „Unter Berücksichtigung des Wortlauts der Einträge“ sei der Tatbestand des § 283 Abs 1 Z 2 StGB „gerade noch nicht“ erfüllt, weshalb das Ermittlungsverfahren gemäß § 190 Z 1 StPO einzustellen sei.
Ergänzend merkte die Anklagebehörde darüber hinaus an, dass eine auf die Verletzung der Menschenwürde anderer gerichtete Absicht des Hans F***** „aufgrund seiner tatsachengeständigen Verantwortung“ (noch) nicht nachgewiesen werden könne, sodass mangels Schuldnachweises (im Hinblick auf § 283 Abs 1 Z 2 StGB) auch mit einer Einstellung nach § 190 Z 2 StPO vorzugehen gewesen wäre.
Diese Entscheidung über die Beendigung des Ermittlungsverfahrens steht – wie die Generalprokuratur in ihrer über Anregung des Rechtsschutzbeauftragten (Note vom 14. Februar 2018, AZ 1 RSB 149/18i) erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt – auf Basis der tatsächlichen Annahmen der Staatsanwaltschaft mit dem Gesetz nicht im Einklang
Rechtliche Beurteilung
Das Vergehen der Verhetzung nach § 283 Abs 1 Z 1 StGB begeht, wer öffentlich auf eine Weise, dass es vielen Menschen zugänglich wird, zu Gewalt gegen eine Kirche oder Religionsgesellschaft oder eine andere nach den vorhandenen oder fehlenden Kriterien der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion oder Weltanschauung, der Staatsangehörigkeit, der Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft, des Geschlechts, einer körperlichen oder geistigen Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung definierte Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe auffordert oder zu Hass gegen sie aufstachelt.
Die Tathandlung besteht demnach in der Aufforderung zu Gewalt oder im Aufstacheln zu Hass. Aufstacheln ist mehr als Auffordern und entspricht dem Begriff des Hetzens (§ 283 Abs 2 StGB idF BGBl I 2011/103). Hetze ist eine in einem Appell an Gefühle und Leidenschaften bestehende tendenziöse Aufreizung zu Hass und Verachtung. Hass ist eine menschliche Emotion scharfer und anhaltender Antipathie. Bloß abfällige Herabsetzungen, aber auch beleidigende und verletzende Äußerungen, die nicht auf die Erweckung von Hassgefühlen gegen andere abzielen, genügen nicht (Plöchl in WK2 StGB § 283 Rz 18; Hinterhofer, SbgK § 283 Rz 26; Fabrizy, StGB12 § 283 Rz 3).
Nach § 283 Abs 1 Z 2 StGB ist zu bestrafen, wer öffentlich auf eine Weise, dass es vielen Menschen zugänglich wird, in der Absicht die Menschenwürde anderer zu verletzen, eine der in § 283 Abs 1 Z 1 StGB bezeichneten Gruppen in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, diese Gruppe in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen.
Beschimpfen ist eine in beleidigenden Worten, Zeichen, Gebärden oder Handlungen zum Ausdruck gebrachte Missachtung eines anderen. Verächtlich macht derjenige, der den anderen als der Achtung seiner Mitmenschen unwert oder unwürdig hinstellt, ihn also deren Verachtung aussetzt (Plöchl in WK2 StGB § 283 Rz 18 f; Hinterhofer, SbgK § 283 Rz 27; Fabrizy, StGB12 § 115 Rz 1 vgl RIS‑Justiz RS0104618).
Die Menschenwürde wird nur durch eine qualifizierte Beschimpfung verletzt, etwa wenn durch die Tathandlung den Angehörigen der angegriffenen Gruppe unmittelbar oder mittelbar das Recht auf Menschsein schlechthin abgesprochen wird, indem ihnen etwa das Lebensrecht als gleichwertige Bürger bestritten wird oder sie als minderwertige oder wertlose Teile der Gesamtbevölkerung dargestellt werden. Maßgebend ist, dass die der betreffenden Gruppe angehörenden Menschen im unverzichtbaren Kernbereich ihrer Persönlichkeit getroffen werden. Das trifft etwa zu, wenn sie als ethnisch, kulturell oder moralisch schlechthin minderwertig abqualifiziert werden (Plöchl in WK2 StGB § 283 Rz 18; Hinterhofer, SbgK § 283 Rz 28; Fabrizy, StGB12 § 283 Rz 5; vgl 13 Os 154/03, 13 Os 155/03 [„Scheiß‑Neger“]).
Bei der Beurteilung des Bedeutungsinhalts einer Äußerung handelt es sich um eine – der rechtlichen Beurteilung vorgelagerte – Tatfrage. Dabei ist der Bedeutungsinhalt einer inkriminierten Textstelle – ausgehend vom Wortsinn – aus dem Gesamtzusammenhang der mit den damit inhaltlich im Konnex stehenden Ausführungen zu ermitteln, sohin auf den situativen Kontext abzustellen, in den der fragliche Aussageinhalt einzuordnen ist (RIS‑Justiz RS0092588).
In welchem Zusammenhang die angeführten Äußerungen verfasst wurden, konnte die Staatsanwaltschaft fallbezogen nur aus ihrem Inhalt selbst erschließen, weil jene Inhalte des sozialen Netzwerks Facebook, auf welche diese Äußerungen Bezug nehmen, den Akten (ON 10, ON 17 und ON 32) nicht zu entnehmen sind.
Die Anklagebehörde hat ihrer Entscheidung über die Einstellung des Ermittlungsverfahrens – die den Anfechtungsgegenstand einer nach § 23 Abs 1a StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes bildet (vgl RIS‑Justiz RS0130620) – allein den Wortlaut der auf Facebook veröffentlichten Äußerungen zugrunde gelegt (vgl ON 1 S 20 f). Die auf Basis der von der Staatsanwaltschaft herangezogenen Sachverhaltsgrundlage (vgl Ratz, WK‑StPO § 292 Rz 6 f, 18/10; RIS‑Justiz RS0130620 [T1]) erfolgte rechtliche Beurteilung, die Äußerungen stellten weder ein Auffordern zu Gewalt noch ein Aufstacheln zu Hass dar (§ 283 Abs 1 Z 1 StGB), erweist sich jedoch als verfehlt.
Ausgehend von den Sachverhaltsannahmen der Staatsanwaltschaft in ihrer Einstellungserklärung ist in den oben zu 1./ bis 9./ angeführten, von der Generalprokuratur bekämpften Äußerungen des Hans F***** ein Appell an Gefühle und Leidenschaften des angesprochenen Rezipientenkreises mit dem Ziel zu erblicken, Hass und Verachtung gegen die nach dem fehlenden Kriterium der österreichischen Staatsangehörigkeit definierte Gruppe der Flüchtlinge (vgl RIS‑Justiz RS0131433) sowie die nach dem Kriterium der Religion definierte Gruppe der Moslems hervorzurufen. Denn die betreffenden Gruppen werden pauschal und generell („ausnahmslos“, „jeder von der EU aufgenommene Arsch“, „unter Generalverdacht stellen“) als „durch betrügerische Aussagen sich Asyl erschwindelnd“ Habende (7./) und „brutale Invasoren“ (6./) dargestellt, die „auf unsere Kosten das Leben finanzieren lassen wollen, uns hassen und ihre mittelalterlichen Lebensweisen aufdrängen“ (1./) und „ohne Gefühl für normalmenschliche Werte“ sowie „gewalttätig in verbaler und physischer Ebene“ (2./) seien, sodass man ihnen mit „weit brutalerer Gewalt“ (wobei diese Ankündigung mit Abbildungen von Hieb- und Stichwaffen illustriert wird) begegnen müsse und F***** zurückschlagen wolle. Diese Äußerungen sind erkennbar nicht auf einen sachlichen Diskurs abzielend, sondern appellativ und (negative) Emotionen ansprechend, indem sie – undifferenziert, ohne Abstufungen und einem bipolaren Deutungsschema („Wir“ - „Sie“) folgend – beim Rezipienten ein Bild der Bedrohung durch moralisch minderwertige Massen evozieren wollen. Dies wird noch durch die emotionalisierende, teils martialische („2-Fronten-Krieg“, „Kapitulation“, „Versklavung“) Wortwahl und Diktion sowie das Schriftbild (markanter Einsatz von Ausrufezeichen und Großschreibung) unterstrichen.
Da die von Hans F***** veröffentlichten Kommentare für zumindest 1094 andere Facebook-User einsehbar waren (ON 1 S 17 und S 21), erfolgte die Tatbegehung jeweils öffentlich (§ 69 StGB) auf eine Weise, dass sie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich wurde. Der Tatbestand der Verhetzung nach § 283 Abs 1 (iVm Abs 2) StGB war daher in objektiver Hinsicht erfüllt. Ausgehend vom gezeigten Verhalten und dem Wortlaut der Äußerungen des Hans F***** ist überdies das Vorliegen der subjektiven Tatseite in Bezug auf die Tatbestandsvariante des § 283 Abs 1 Z 1 StGB, bei der die Staatsanwaltschaft keine Aussage zum Vorsatz getroffen hat, sodass der Oberste Gerichtshof dieses Fehlen der Sachverhaltsgrundlage in freier Beweiswürdigung ersetzen durfte (s Ratz, WK‑StPO § 292 Rz 18/10 iVm § 281 Rz 50; RIS‑Justiz RS0118977), nahe liegend (§ 210 Abs 1 StPO; Nordmeyer, WK‑StPO § 190 Rz 2; Schroll, WK‑StPO § 192 Rz 2; Birklbauer/Mayrhofer, WK‑StPO § 210 Rz 5). Da die zu 1./ bis 9./ angeführten Äußerungen demnach mit gerichtlicher Strafe bedroht sind und die weitere Verfolgung des Hans F***** auch nicht sonst aus rechtlichen Gründen unzulässig gewesen wäre, steht die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis, das Ermittlungsverfahren gegen den Genannten wegen § 283 Abs 1 und Abs 2 StGB gemäß § 190 Z 1 StPO einzustellen, mit dem Gesetz nicht in Einklang.
Im Übrigen bringen diese Äußerungen in objektiver Hinsicht auch die Missachtung der angesprochenen Gruppen zum Ausdruck und stellen sie als (jedenfalls) minderwertige Teile der Gesamtbevölkerung dar, indem sie als „betrügerische Dreckskerle“ (1./), „ausnahmslos miese Betrüger, Abzocker der schlimmsten Sorte“, „Müslischeißkerle“ (2./), „Mörder“, „miese Charaktere“ (3./), „gewaltbereiter Abschaum“ (4./), „Müslsäue“, „Arsch“ (5./) und „Müslümbagage“ (9./) bezeichnet werden. Sie werden damit als ethnisch, kulturell und moralisch schlechthin minderwertig abqualifiziert, weshalb die für die geschützten Gruppen gebrauchten Bezeichnungen grundsätzlich auch geeignet sind, diese in der öffentlichen Meinung als der Achtung ihrer Mitmenschen unwürdig hinzustellen.
Die tatsächlichen Annahmen der Staatsanwaltschaft zum Fehlen der Erweislichkeit der subjektiven Tatseite in Richtung § 283 Abs 1 Z 2 StGB wurden jedoch von der Generalprokuratur nicht iSd § 281 Abs 1 Z 5 StPO angefochten (vgl 17 Os 8/16d; Ratz, WK‑StPO § 292 Rz 18/10 iVm § 281 Rz 50).
Die aufgezeigte Gesetzesverletzung hat sich nicht zum Nachteil des Beschuldigten ausgewirkt, sodass es mit ihrer Feststellung sein Bewenden hat.
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