European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0280NS00001.17M.0313.000
Spruch:
Die Durchführung des Disziplinarverfahrens gegen ***** wird dem Disziplinarrat der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer übertragen.
Gründe:
Am 4. Dezember 2017 beantragte der Kammeranwalt der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich die Bestellung eines Untersuchungskommissärs zur Disziplinarbehandlung von *****, Rechtsanwalt in *****, wegen des Vorwurfs bestehe, dass dieser im Schreiben vom 7. Juni 2017 an die Rechtsanwaltskammer Niederösterreich eine „sorgfältige Prüfung“ von Geschäftsbeziehungen zu *****, Rechtsanwalt in *****, aufgerufen und zugleich bei der Staatsanwaltschaft Korneuburg eine Strafanzeige gegen diesen Kollegen eingebracht habe.
Mit Note vom 11. Dezember 2017 zeigte der Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich dem Obersten Gerichtshof seine Befangenheit an, weil ***** Mitglied des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich ist und beantragte die Delegierung des Disziplinarverfahrens an den Disziplinarrat einer anderen Rechtsanwaltskammer.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 25 Abs 1 erster Satz DSt kann die Durchführung des Disziplinarverfahrens wegen Befangenheit der Mitglieder des Disziplinarrats oder aus anderen wichtigen Gründen auf Antrag des Disziplinarbeschuldigten oder des Disziplinarrats selbst einem anderen Disziplinarrat übertragen werden.
Befangenheit ist entweder eine tatsächliche Hemmung der unparteiischen Entschließung durch unsachliche psychologische Motive oder aber eine besondere Fallgestaltung, die einen unbefangenen Außenstehenden in begründeter Weise an der unparteiischen Entscheidungsfindung zweifeln lassen kann (RIS‑Justiz https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0114514&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False ).
Der Umstand, dass sich der Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich im Disziplinarverfahren AZ D 23/17 mit Rücksicht auf die Zugehörigkeit des Disziplinarbeschuldigten zu eben diesem Gremium für befangen erklärt hatte, bildet – auch zwecks Vermeidung des Anscheins der Befangenheit – einen wichtigen Grund für die Delegierung dieses Verfahrens an den Disziplinarrat einer anderen Rechtsanwaltskammer (vgl RIS‑Justiz https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0083346&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0056894&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False ).
Die Durchführung des Disziplinarverfahrens AZ D 23/17 des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich gegen ***** war daher dem Disziplinarrat der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer zu übertragen.
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