OGH 14Os120/17d

OGH14Os120/17d13.2.2018

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Februar 2018 durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Zach, LL.M. (WU) als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mag. Simon F***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 iVm § 161 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 19. September 2017, GZ 14 Hv 11/14t‑88, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0140OS00120.17D.0213.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde im zweiten Rechtsgang das Mag. Simon F***** bereits im ersten Rechtsgang rechtskräftig (vgl dazu 14 Os 86/15a) zur Last gelegte Verhalten (auch) § 156 Abs 2 StGB subsumiert.

Danach hat er in K***** als Geschäftsführer der Fr***** GmbH von Anfang bis Ende 2008 das Vermögen dieser Gesellschaft verringert und dadurch die Befriedigung der Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelt oder geschmälert, indem er zumindest 340.000 Euro aus der Gesellschaft entnahm und für unternehmensfremde Zwecke verwendete, wobei er durch die Tat einen Schaden in diesem Ausmaß herbeiführte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 2, 5, 5a und „9 lit a“ StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht.

Die Verfahrensrüge (Z 2) kritisiert, dass der im zweiten Rechtsgang neu beigezogene Sachverständige bei der Befundaufnahme Unterlagen aus dem im ersten Rechtsgang erstatteten Gutachten verwendet habe, die vom Steuerberater des Beschwerdeführers stammten, „der nicht von seiner beruflichen Verschwiegenheitsverpflichtung entbunden worden ist“. Dieser Einwand wurde inhaltsgleich im ersten Rechtsgang mit Bezug auf die Verlesung des dort eingeholten Gutachtens erhoben; es wird daher auf die zu AZ 14 Os 86/15a gegebene Antwort verwiesen.

Entgegen der Mängelrüge liegt Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) der Begründung nicht vor. Das Erstgericht hat das Sachverständigengutachten samt mündlicher Ergänzung erörtert und die Feststellung zur Höhe des herbeigeführten Schadens – unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit unbedenklich – sogar ausdrücklich auf dieses gestützt (US 5 f). Zudem ist den ins Treffen geführten Ausführungen des Sachverständigen in der Hauptverhandlung bei gebotener Gesamtbetrachtung keineswegs zu entnehmen, dass die inkriminierten Entnahmen bei Berücksichtigung einer vom Sachverständigen als „angemessen“ bezeichneten (zur in wirtschaftlichen Krisensituationen gebotenen Beschränkung auf die „allerbescheidenste Lebensführung“ vgl hingegen erneut 14 Os 86/15a [mit Bezug auf die diesbezüglichen Urteilsannahmen zum im ersten Rechtsgang in Rechtskraft erwachsenen Teil des Schuldspruchs]; RIS‑Justiz RS0118310) Geschäftsführerentlohnung bloß 280.000 Euro betragen hätten. Vielmehr verwies der Sachverständige auf Entnahmen im Tatzeitraum in einem insgesamt deutlich größeren Ausmaß, von denen – selbst nach Abzug (unter anderem) einer vom Beschwerdeführer in Anspruch genommenen Geschäftsführerentlohnung – ein tatbestandsrelevanter Betrag von zumindest 340.000 Euro verblieb (ON 87 S 11 ff). Dass der Beschwerdeführer diesen Betrag der Gesellschaft ohne Rechtsanspruch zum Schaden der Gläubiger entnahm, hat auch das Erstgericht (dem Gutachten folgend) hinreichend deutlich festgestellt (US 3 und 5).

Die Kritik fehlender Begründung (Z 5 vierter Fall), weshalb das Erstgericht „einen angemessenen Geschäftsführerbezug nicht als Rechtsgrund für eine Entnahme sieht“, geht daher – abgesehen davon, dass es sich dabei um eine Rechtsfrage handelt, die nicht Gegenstand von Feststellungen (vgl Ratz , WK-StPO § 288 Rz 19) und daher einer Anfechtung mit Mängelrüge entzogen ist – schon deshalb ins Leere.

Ein Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zwischen der Feststellung des Gläubigerschadens (von 340.000 Euro) und einer Begründungspassage, derzufolge der Beschwerdeführer (nach seiner Verantwortung) nicht vorgehabt habe, einen Teilbetrag von 250.000 Euro zurückzuzahlen (US 5), liegt nicht vor. Die Tatrichter nahmen nämlich hinsichtlich des gesamten entnommenen Betrags an, dass die daraus resultierende Forderung der Fr***** GmbH gegenüber dem Beschwerdeführer auf Grund dessen schlechter wirtschaftlicher Situation nicht werthaltig gewesen (US 3 und 5), mithin bereits mit der Entnahme eine tatsächliche Vermögensverringerung eingetreten sei. In welchem Ausmaß es tatsächlich zu einem Befriedigungsausfall der Gläubiger kam, ist zudem mit Blick auf die (rite getroffenen) Feststellungen zum Vorsatz des Beschwerdeführers in Bezug auf einen 300.000 Euro übersteigenden Schaden (US 4) nicht entscheidend (vgl RIS‑Justiz RS0122138). Deshalb bedarf auch der nominell im Rahmen der Mängelrüge erhobene Einwand insoweit fehlender Feststellungen keiner Erwiderung. Im Übrigen ignoriert die Rüge die dazu getroffenen Konstatierungen im angefochtenen Urteil (US 3) in Verbindung mit den Ausführungen des insoweit im ersten Rechtsgang bereits rechtskräftig gewordenen Urteils (ON 53 S 10).

Die Urteilsannahme, dem Beschwerdeführer sei seine schlechte wirtschaftliche Situation auf Grund bereits andrängender Gläubiger im Tatzeitraum bewusst gewesen (US 6), stellt bloß einen von mehreren Umständen dar, die erst in der Gesamtschau die Grundlage für die Feststellungen zur subjektiven Tatseite bildeten, ohne für sich allein ausschlaggebend zu sein. Sie ist daher einer Anfechtung mit Mängelrüge entzogen (RIS‑Justiz RS0116737). Zudem bezieht sich die Urteilsannahme – mit von der Rüge übergangener (vgl RIS‑Justiz RS0119370) Begründung (US 5) – auf das Wissen des Beschwerdeführers um seine mangelnde Bonität als Privatperson.

Mit dem Verweis auf die ohnehin erörterte Verantwortung des Beschwerdeführers (die in der hier relevierten Frage des Andrängens von Privatgläubigern im Tatzeitraum zudem äußerst vage blieb [vgl ON 87 S 11]) weckt die Tatsachenrüge (Z 5a) keine erheblichen Bedenken gegen die Feststellungen zur subjektiven Tatseite.

Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) Tatbestandserfüllung bestreitet, weil die konstatierte Vermögensverringerung nicht heimlich erfolgt sei, bekämpft sie der Sache nach den in (Teil-)Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch und entzieht sich einer inhaltlichen Erwiderung.

Zum nominell auch im Rahmen der Rechtsrüge (der Sache nach jedoch Z 10) erhobenen Einwand fehlender Feststellungen zur Höhe des tatsächlich eingetretenen Gläubigerschadens wird auf die Antwort zur Mängelrüge verwiesen.

Weshalb es auf Fälligkeit von Gläubigerforderungen in bestimmter Höhe im Tatzeitraum ankommen soll, wird nicht erklärt (vgl Kirchbacher in WK 2 StGB § 156 Rz 5).

Die auch im Rahmen der Rechtsrüge (der Sache nach erneut Z 10) aufgestellte Behauptung, der Beschwerdeführer habe – unter Berücksichtigung eines „angemessenen“ Geschäftsführerbezugs – der Fr***** GmbH bloß 280.000 Euro entnommen, verfehlt die gebotene Bezugnahme auf die Gesamtheit des Urteilssachverhalts (RIS-Justiz RS0099810).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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