European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E120863
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 WEG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Begründung:
Das Erstgericht sprach aus, die Kündigung des Verwaltervertrags zwischen der Erstantragsgegnerin und der Antragstellerin mit 31. 12. 2016 sei rechtsunwirksam.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegner nicht Folge, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteige und ließ den Revisionsrekurs nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegner zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.
1. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, wirft nur dann eine erhebliche Rechtsfrage auf, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS‑Justiz RS0042936; RS0042776). Die Auslegung nicht allgemein gebrauchter Vertragsbestimmungen ist in aller Regel nicht für eine größere Anzahl von Rechtsstreitigkeiten bedeutsam und könnte daher nur dann Gegenstand eines außerordentlichen Rechtsmittels sein, wenn mit überzeugenden Argumenten dargetan wird, dass die Auslegung nicht gesetzeskonform sei (RIS‑Justiz RS0042871). Selbst eine auszulegende AGB‑Bestimmung ist eine spezielle Ausformung im Einzelfall, der lediglich ihre vielfache Anwendung im Rechtsverkehr Bedeutung über den einzelnen Geschäftsfall und Rechtsfall hinaus verschaffen könnte (RIS‑Justiz RS0042871 [T2, T21]). Nur der Auslegung einer typischen Vertragsbestimmung die – abgesehen von der hinzutretenden Entstehungsgeschichte – für eine größere Anzahl von Rechtsstreitigkeiten bedeutsam sein könnte, kann erhebliche Bedeutung für die Rechtssicherheit zukommen (RIS‑Justiz RS0042871 [T10, T11, T14]).
2.1. Hier legten die Vorinstanzen den zwischen der Antragstellerin und den 2.‑ bis 17.‑Antragsgegnern abgeschlossenen Kaufvertrag dahin aus, dass die Antragstellerin unbefristet zum Verwalter bestellt wurde. Mit Abschluss des Wohnungseigentumsvertrags sei diese ursprüngliche Bestellung einvernehmlich aufgelöst und durch eine befristete Verwalterbestellung der Antragstellerin auf die Dauer von fünf Jahren ab Abschluss des Wohnungseigentumsvertrags ersetzt worden. Dass es sich bei diesen Vertragsbestimmungen um solche in „Formularverträgen“ handle, die über den konkreten Anlassfall hinaus von Bedeutung sein könnten, behaupteten die Antragsgegner im Verfahren erster Instanz nicht. Aus der äußeren Gestaltung der Urkunden (./1 bzw ./B) lässt sich dies nicht ableiten und als notorisch ist die Verwendung derartiger Vertragsbestimmungen auch nicht anzusehen. Der Revisionsrekurs wäre somit nur im Fall eines unvertretbaren Auslegungsergebnisses zulässig, das hier aber nicht vorliegt.
2.2. Die Vorinstanzen konnten sich bei ihrer Beurteilung insbesondere auf den völlig unmissverständlichen und damit auch keinesfalls intransparenten Wortlaut des Punktes 8./1. des Wohnungseigentumsvertrags ./B stützen, wonach die Antragstellerin auf die Dauer von fünf Jahren ab Abschluss dieses Wohnungseigentumsvertrags zum Verwalter bestellt wurde. Ob allenfalls die in Punkt 25.5. der Kaufverträge (./1) erfolgte Bestellung der Antragstellerin zur Verwalterin der Liegenschaft ohne Hinweis auf eine Befristung deshalb unklar gewesen sein könnte, weil die Käufer in Punkt 21.3. dieses Kaufvertrags bestätigten, ihnen sei der Entwurf des abzuschließenden Wohnungseigentumsvertrags bekannt, den sie zustimmend zur Kenntnis nähmen (wobei in diesem Entwurf tatsächlich auch eine befristete Bestellung der Antragstellerin zur Verwaltung vorgesehen war), bedarf keiner näheren Erörterung. Die aktuelle Verwalterstellung der Antragstellerin beruht nach der jedenfalls vertretbaren Rechtsauffassung der Vorinstanzen nicht auf den ursprünglichen Kaufverträgen, sondern dem Wohnungseigentumsvertrag, dessen diesbezügliche Bestimmung keinerlei Raum für Zweifel ließ.
3.1. Dass § 37 Abs 5 WEG ab dem Erwerb von Miteigentum durch einen Wohnungseigentumsbewerber und der Anmerkung der Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum auch die Anwendbarkeit von § 21 WEG anordnet, war im Verfahren nicht strittig. Im Fall der Bestellung des Verwalters auf unbestimmte Zeit können gemäß § 21 Abs 1 WEG sowohl die Eigentümergemeinschaft als auch der Verwalter den Verwaltungsvertrag unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Ende jeder Abrechnungsperiode (§ 34 Abs 2 WEG) kündigen. Wurde der Verwalter hingegen auf bestimmte, mehr als dreijährige Zeit bestellt, können gemäß § 21 Abs 2 WEG sowohl die Eigentümergemeinschaft als auch der Verwalter nach Ablauf von drei Jahren den Verwaltungsvertrag ohne Angabe von Gründen unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Ende jeder Abrechnungsperiode (§ 34 Abs 2 WEG) kündigen. Eine Befristung von Verwaltungsverträgen auf drei Jahre sieht das WEG daher gar nicht vor, § 21 WEG betrifft vielmehr primär die Auflösung, aber auch die Verlängerung des Verwaltungsvertrags (ErläutRV 989 BlgNR 21. GP 57). Da die gesetzliche Abrechnungsperiode einzuhalten ist, kann bei Beginn der Verwaltung mit 1.1. eines Jahres die Mindestdauer bei befristeten Verträgen nach der nicht korrekturbedürftigen Auffassung des Rekursgerichts tatsächlich vier Jahre betragen (vgl Würth/Zingher/Kovanyi, Miet‑ und Wohnrecht II23 § 21 WEG Rz 5).
3.2. Das Argument der Antragsteller, es liege im konkreten Fall ein unzulässiger Kettenvertrag vor, geht ins Leere. Abgesehen davon, dass auch § 29 Abs 1 Z 3 MRG Kettenverträge bei Einhaltung der zulässigen Befristung keineswegs verbietet (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet‑ und Wohnrecht I23 § 29 MRG Rz 10), kennt das WEG keine gesetzliche Befristung. Dem Gesetz ist auch nicht zu entnehmen, dass der Abschluss eines befristeten Verwaltervertrags nach Auflösung eines unbefristeten Vertrags nicht zulässig sein sollte. Während der Laufzeit des auf unbestimmte Zeit geschlossenen Verwaltungsvertrags mag den Antragsgegnern allenfalls ein Kündigungsrecht nach § 21 Abs 1 WEG ab dem 21. 9. 2012 (dem Datum des Erwerbs der Fünftantragsgegnerin) zugestanden sein. Statt eine derartige Kündigung zu erklären, stimmten sie allerdings dem Abschluss des Wohnungseigentumsvertrags mit einer befristeten Verwalterbestimmung ab Vertragsabschluss auf die Dauer von fünf Jahren zu. Damit ist ihnen nach der nicht korrekturbedürftigen Rechtsauffassung der Vorinstanzen eine Kündigung unabhängig vom Vorliegen eines wichtigen Grundes nur unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 21 Abs 2 WEG möglich. Da der Wohnungseigentumsvertrag erst am 4. 3. 2014 abgeschlossen wurde, sodass die Fünfjahresfrist mit diesem Tag zu laufen begann, ist die Auffassung der Vorinstanzen, eine Kündigung nach § 21 Abs 2 WEG könne erst zum 31. 12. 2017 erfolgen, nicht zu beanstanden.
4. Auf die Frage, ob das Rekursgericht die Ausführungen der Antragsgegner zur Anwendbarkeit des Konsumentenschutzgesetzes tatsächlich als Neuerungen werten durfte, kommt es damit ebenso wenig an wie auf die strittige Transparenz der Klausel über die Verwalterbestellung in den ursprünglichen Kaufverträgen.
5. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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