OGH 8Ob61/17d

OGH8Ob61/17d20.12.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner, den Hofrat Hon. Prof. Dr. Brenn, die Hofrätin Mag. Korn und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H* S*, vertreten durch Dr. Ferdinand Rankl, Rechtsanwalt in Kirchdorf an der Krems, gegen die beklagte Partei D* G*, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer, Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Dr. Michael Pichlmair, Ing. MMag. Michael Gütlbauer, Rechtsanwälte in Wels, sowie der Nebenintervenienten auf Seiten des Beklagten 1. M* S* und 2. B* S*, beide *, vertreten durch DI Mag. Burghard Götschhofer, Rechtsanwalt in Pettenbach, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Steyr als Rekursgericht vom 23. Februar 2017, GZ 1 R 10/17i‑28, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Kirchdorf an der Krems vom 7. November 2016, GZ 2 C 205/16f‑24, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E120501

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den Nebenintervenienten die mit 917,02 EUR (darin 152,84 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.

 

Begründung:

Die Streitteile und die erklärten Nebenintervenienten sind bücherliche Eigentümer benachbarter, landwirtschaftlich genutzter Liegenschaften. Entlang der Grenzlinie zwischen der Liegenschaft des Beklagten und der im Miteigentum stehenden Liegenschaft der Nebenintervenienten verläuft ein geschotterter Fahrweg, der zum Teil auf dem einen, zum Teil auf dem anderen Grundstück gelegen ist.

Zugunsten der jeweiligen Eigentümer des klägerischen Grundstücks besteht die rechtskräftig gerichtlich festgestellte und bücherlich je „zur Hälfte“ auf den dienenden Grundstücken des Beklagten und der Nebenintervenienten einverleibte Dienstbarkeit des Geh- und Fahrtrechts über den in der Natur ersichtlichen Weg (1 C 659/13h).

In der Klage wird vorgebracht, die Eigentümer der dienenden Grundstücke hätten seit einiger Zeit begonnen, die befestigte Grasnarbe neben dem geschotterten Servitutsweg umzuackern und dadurch die verfügbare Gesamtbreite des Wegs kontinuierlich verschmälert. Zuletzt habe der Beklagte im Bereich der beschotterten Wegspuren Holzpflöcke eingeschlagen, wodurch das Befahren des Servitutswegs erschwert bis unmöglich gemacht werde, auch versperre er den Weg mit seinem Traktor. Der Kläger begehrt, den Beklagten zur Unterlassung derartiger Störungen zu verpflichten, weiters erhebt er Beseitigungs- und Wiederherstellungsansprüche.

Der Rechtsstreit befindet sich derzeit im zweiten Rechtsgang, nachdem das klagsstattgebende Urteil des Erstgerichts zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgehoben wurde, insbesondere zur näheren Feststellung des Ausmaßes der Nutzung des Wegs durch den Kläger und seiner Rechtsvorgänger zu Beginn und während der Ersitzungszeit.

Nach Zustellung des Aufhebungsbeschlusses verkündete der Beklagte den Revisionsrekurswerbern als Eigentümern des anderen dienenden Grundstücks den Streit, diese erklärten mit Schriftsatz vom 5. 11. 2016 ihren Beitritt auf Seiten des Beklagten. Der Kläger beantragte, die Nebenintervention mangels rechtlichen Interesses der Beteiligten nicht zuzulassen.

Das Erstgericht sprach aus, dass die Nebenintervention nicht zugelassen werde.

Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel der Nebeninervenienten Folge und wies den Antrag des Klägers auf Zurückweisung der Nebenintervention ab. Von den aufgetragenen Feststellungen zur Beurteilung des räumlichen Ausmaßes des ersessenen Geh- und Fahrtrechts sei zwangsläufig auch das Grundstück der Nebenintervenienten betroffen. Es sei möglich, dass der Servitutsweg nicht mittig auf der Grenze verlaufe, sondern dass er einmal weiter in das eine und einmal weiter in das andere Grundstück hineinrage. Das Eigentumsrecht der Nebenintervenienten werde vom Ergebnis des Rechtsstreits daher ebenfalls berührt.

Über Antrag des Klägers ließ das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs nachträglich mit der Begründung zu, es sei nicht ganz von der Hand zu weisen, dass der Gegenstand des Verfahrens eine Unterlassungsverpflichtung des Beklagten sei, aus der die Nebenintervenienten nie in Anspruch genommen werden könnten.

Rechtliche Beurteilung

Der von den Nebenintervenienten beantwortete Revisionsrekurs des Klägers ist entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts mangels einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig.

Ob ein Nebenintervenient das erforderliche rechtliche Interesse an einem Beitritt hat, kann grundsätzlich nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beantwortet werden. Mangels einer über den Anlass hinausreichenden Aussagekraft von Einzelfallentscheidungen steht die Revision zu ihrer Überprüfung nach § 528 Abs 1 ZPO nicht offen, es sei denn, dem Berufungsgericht wäre bei seiner Entscheidung eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen, die ausnahmsweise zur Wahrung der Rechtssicherheit einer Korrektur bedürfte.

Nach § 17 Abs 1 ZPO kann, wer ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die eine Person obsiege, dieser Partei im Rechtsstreit beitreten.

Bei der Beurteilung, ob ein solches rechtliches Interesse besteht, ist allgemein kein strenger Maßstab anzulegen. Es genügt, dass der Streit die Rechtssphäre des Nebenintervenienten berührt (RIS-Justiz RS0035638) und sich daraus ein rechtlich begründeter Anlass ergibt, das Obsiegen einer Partei herbeizuführen (RIS-Justiz RS0035638 [T5]). Das ist der Fall, wenn die Entscheidung sich nicht nur wirtschaftlich, sondern zumindest mittelbar auch auf seine rechtlichen Verhältnisse günstig oder ungünstig auswirkt (RIS-Justiz RS0035724). Im Allgemeinen wird ein rechtliches Interesse dann gegeben sein, wenn durch das Obsiegen der Hauptpartei die Rechtslage des Dritten verbessert oder durch deren Unterliegen verschlechtert wird (RIS-Justiz RS0035724 [T3]).

Im vorliegenden Verfahren haben die Nebenintervenienten in ihrem Beitrittsschriftsatz zusammengefasst vorgebracht, der Kläger habe auch gegen sie ein gleichartiges Parallelverfahren auf Unterlassung und Wiederherstellung angestrengt. Es sei daher für sie von rechtlichem Interesse, wenn Ausmaß und Intensität des ersessenen Nutzungsrechts des Klägers nach den Vorgaben des Berufungsgerichts im vorliegenden Verfahren zu klären seien.

Es trifft zwar zu, dass Gegenstand des vorliegenden Verfahrens der an den Beklagten gerichtete Auftrag zur Unterlassung bzw Vornahme bestimmter Handlungen ist und sich die vom Berufungsgericht aufgetragene Verfahrensergänzung zur Beurteilung der strittigen Rechtmäßigkeit der Maßnahmen des Beklagten auf Vorfragen zur Entscheidung über das konkrete Unterlassungs- und Leistungsbegehren bezieht, die keine Bindungswirkung gegenüber Dritten entfaltet (RIS-Justiz RS0039843 [T23]; RS0042554; RS0041342).

Die Entscheidung gegenüber dem hier Beklagten kann sich aber doch mittelbar auf die Rechtsstellung der Nebenintervenienten auswirken. Sollte der Beklagte obsiegen und berechtigt sein, seine beschränkenden Maßnahmen aufrechtzuerhalten, könnte der Kläger den Servitutsweg mit überbreiten Fahrzeugen praktisch nicht mehr befahren. Ein einseitiges Benützen nur des auf dem Grundstück der Nebenintervenienten gelegenen Wegstreifens wäre lagebedingt ebenfalls nicht möglich. Die Rechtsansicht des Rekursgerichts, das unter diesen Umständen ein rechtliches Interesse der Nebenintervenienten bejaht hat, ist nach den Umständen des Einzelfalls daher zumindest nicht unvertretbar.

Die Kostenentscheidung im Zwischenstreit gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Nebenintervenienten haben auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen; der Einheitssatz beträgt nur 10 %, weil am Zwischenstreit nur insgesamt drei Personen beteiligt waren.

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