OGH 12Os90/17b

OGH12Os90/17b14.12.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Dezember 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Schuber als Schriftführer in der Strafsache gegen Ginel U***** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 24. Mai 2017, GZ 11 Hv 10/17g‑72, sowie über dessen Beschwerde gegen den unter einem verkündeten Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0120OS00090.17B.1214.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und über die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ginel U***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (A./I./1./a./), des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (A./I./1./b./), des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB (A./I./1./c./), des Vergehens der Körperverletzung nach §§ 15 Abs 1, 83 Abs 1 StGB (A./I./2./), des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG (A./II./), des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter Fall SMG (B./I./1./), des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG (B./I./2./) und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG (II./) schuldig erkannt.

Danach hat er, soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz,

A./ in G*****

I./ am 22. September 2016

1./ Gerhard H*****,

a./ mit Gewalt gegen eine Person eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz weggenommen bzw abgenötigt, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er mit erheblicher Kraft mit beiden Händen gegen dessen Oberkörper stieß und durch das Verstellen des Ausgangs mit seinem Körper verhinderte, dass Gerhard H***** den Raum verlassen konnte, sowie indem er ihn an den Oberarmen packte und zu einer Toilette schob, in weiterer Folge dessen Kopf mit seinem Unterarm mit erheblicher Kraftaufwendung gegen die Wand drückte und ihn minutenlang festhielt, sodass das Opfer den Raum nicht verlassen konnte und die dabei wiederholt geäußerte Aufforderung „Gib mir sofort ein Geld“ zur Übergabe von 10 Euro;

b./ durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper, nämlich durch die Äußerung „Geh auf die Straße, dann bist du tot“, zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme vom Verlassen des Lokals genötigt;

c./ durch das Versetzen von zumindest zehn wuchtigen Faustschlägen gegen den Kopf und in das Gesicht sowie einen wuchtigen Tritt gegen den Kopf eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich eine Dreifach‑Fraktur des Jochbeinbogens links und eine Schädelprellung, absichtlich zugefügt;

2./ Silvia Y***** durch das Versetzen eines Faustschlags in das Gesicht vorsätzlich am Körper zu verletzen versucht.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die aus § 281 Abs 1 Z 5, Z „9a“ und Z 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Die Mängelrüge greift unter dem Titel der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) eine ohne Angabe einer Fundstelle (vgl RIS-Justiz RS0124172) behauptete, nicht in dieser, sondern nur in ähnlicher Form gefallene Äußerung des Tatopfers („Ich wollte nicht länger herum tun, er hätte keine Ruhe gegeben, ich hab‘ es ihm halt gegeben“) isoliert heraus und behauptet, es ließe sich aus den Angaben des Gerhard H***** nicht ableiten, dieser hätte zehn Euro ohne Gegenleistung ausfolgen sollen. Vielmehr habe es sich bloß um einen Streit über den Preis des übergebenen Suchtgifts gehandelt. Dabei hält sie jedoch nicht an den eingehenden, die Aussage dieses Zeugen in ihrer Gesamtheit berücksichtigenden Erwägungen der Tatrichter fest (US 13 f), insbesondere wonach der Beschwerdeführer weitere zehn Euro erst zu einem Zeitpunkt gefordert habe, nachdem er einen größeren Bargeldbetrag beim Tatopfer gesehen hatte, und bringt damit den geltend gemachten formellen Nichtigkeitsgrund nicht der Verfahrensordnung gemäß zur Darstellung (RIS-Justiz RS0119370, RS0116504).

Mit der spekulativen Überlegung, bei Bestehen eines Bereicherungsvorsatzes hätte der Nichtigkeitswerber dem Opfer dessen gesamtes Bargeld weggenommen, kritisiert die Beschwerde die erstgerichtliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.

Dass eine Verletzungszufügung zum Nachteil des Gerhard H***** von niemandem erwähnt worden sei, erweist sich schlicht als aktenfremd (US 14 iVm ON 22 S 8 und ON 62 S 20).

Soweit die Mängelrüge mit eigenständigen Beweiswerterwägungen, insbesondere zur Alkoholisierung der Beteiligten, zu den Schuldsprüchen A./I./1./b./, A./I./1./c./ und A./I./2./ das Vorliegen der subjektiven Tatseite bestreitet, negiert sie wiederum die eingehenden vom Erstgericht angestellten Erwägungen (US 15 f, 18) und wendet sich damit außerhalb der Anfechtungskriterien der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO erneut in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Auch die Rechtsrüge (Z 9 lit a) bestreitet unter weitgehender Wiederholung des Vorbringens der Mängelrüge die Begehung eines Raubes sowie einer versuchten Körperverletzung und behauptet, der Beschwerdeführer habe „auch keine gefährliche Drohung getätigt“ und „auch keine absichtliche schwere Körperverletzung zugefügt“. Damit übergeht sie vollends die zu den einzelnen Schuldsprüchen getroffenen Konstatierungen (US 4 bis 8) und verfehlt damit den gerade im Urteilssachverhalt gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810).

Die Subsumtionsrüge (Z 10) behauptet zu A./I./1./a./ substratlos die Verwirklichung bloß minder schweren Raubes, ohne auch nur den Versuch zu unternehmen, dies insbesondere unter Berücksichtigung der festgestellten Intensität und Dauer der Gewaltanwendung (vgl US 5 f) auch nur einigermaßen methodisch vertretbar aus dem Gesetz abzuleiten (RIS-Justiz RS0116569; vgl Eder-Rieder in WK 2 StGB § 142 Rz 56 ff).

Schließlich setzt sich auch die Forderung, sowohl die Verletzungshandlungen gegenüber Gerhard H***** als auch zum Nachteil von Silvia Y***** dem Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung zu unterstellen, erneut prozessordnungswidrig über die zu A./I./1./c./ konstatierte Absicht, das Tatopfer schwer am Körper zu verletzen und über den vom Erstgericht zu A./I./2./ angenommenen bedingten Vorsatz anlässlich des gegen Silvia Y***** geführten Faustschlags (US 8) hinweg.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte