European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0150NS00088.17K.1204.000
Spruch:
Für die Durchführung des Strafverfahrens ist das Landesgericht für Strafsachen Wien zuständig.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit am 25. Oktober 2016 beim Landesgericht Salzburg zu AZ 63 Hv 107/16b eingebrachtem Strafantrag legt die Staatsanwaltschaft Jan K***** ein dem Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB subsumiertes Verhalten zur Last (ON 3). Dieser Strafantrag wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 11. Juli 2017 rechtswirksam (ON 32).
Der Einzelrichter des Landesgerichts Salzburg überwies die Sache dem Landesgericht für Strafsachen Wien (erstmals am 21. Juli 2017 [Einlangen beim Landesgericht für Strafsachen Wien am 25. Juli 2017] und – nachdem der Akt ohne Kommentar retourniert worden war – erneut am 27. Juli 2017 [Einlangen beim Landesgericht für Strafsachen Wien am 31. Juli 2017]; s ON 1 S 19) zur gemeinsamen Führung mit dem dort gegen Jan K***** (ua Personen) anhängigen Hauptverfahren AZ 151 Hv 22/16m, in welchem dem Genannten ua ein als Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB subsumiertes Verhalten vorgeworfen wurde; dieses Hauptverfahren wurde demgemäß (vgl § 32 Abs 1a Z 2 StPO) vom Landesgericht für Strafsachen Wien als Schöffengericht geführt.
Das Landesgericht für Strafsachen Wien verneinte seine Zuständigkeit, weil „der Akt nicht einbezogen werden konnte (Einlangen am 31. Juli 2017 hier – HV und Urteil am 1. August 2017)“, und stellte den Akt mit Verfügung vom 31. Oktober 2017 an das Landesgericht Salzburg zurück (ON 1 S 20).
Das Landesgericht Salzburg legte – nach Rückmittlung der Akten an das Landesgericht für Strafsachen Wien und neuerlicher Übermittlung durch dieses – den Akt dem Obersten Gerichtshof gemäß § 38 StPO zur Entscheidung über den Kompetenzkonflikt vor.
Nach § 37 Abs 3 StPO sind, sofern zu dem Zeitpunkt, zu dem die Anklage rechtswirksam wird, ein Hauptverfahren gegen den Angeklagten anhängig ist, die Verfahren – mittels prozessleitender Verfügung (§ 35 Abs 2 zweiter Fall StPO) – zu verbinden, wobei sich die Zuständigkeit des Gerichts (für die verbundenen Verfahren) nach § 37 Abs 1 und Abs 2 StPO bestimmt. Demnach ist unter Gerichten verschiedener Ordnung das (örtlich zuständige) Gericht höherer Ordnung zuständig (§ 37 Abs 2 erster Satz StPO).
Die Verbindung der Verfahren gemäß § 37 Abs 3 erster Teilsatz StPO ist zwingend, dem Gericht kommt kein Ermessensspielraum zu. Unterbleibt die Verfahrensverbindung und kann dieser Rechtsfehler nicht mehr saniert werden, weil etwa (wie hier) über den Angeklagten mittlerweile ein Urteil gefällt wurde, so ist dennoch die örtliche Zuständigkeit des Gerichts anzunehmen, in dessen Kompetenz das Verfahren bei gemeinsamer Verfahrensführung gefallen wäre (RIS‑Justiz http://193.58.211.1/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0128876&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False ; Oshidari, WK‑StPO § 37 Rz 10). Andernfalls läge es in der Hand des zur Einbeziehung verpflichteten Gerichts, durch die Verweigerung der Verfahrensverbindung, unberechtigte Verfahrensabtretung und eigene rasche Verfahrensführung das Recht auf den gesetzlichen Richter zu beeinflussen (vgl http://193.58.211.1/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&GZ=12Ns67/08m&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True16b ).
Vorliegend war zum Zeitpunkt der Rechtswirksamkeit des Strafantrags im Verfahren AZ 63 Hv 107/16b des Landesgerichts Salzburg mit 11. Juli 2017 das in die Zuständigkeit eines Schöffengerichts fallende Hauptverfahren AZ 151 Hv 22/16m des Landesgerichts für Strafsachen Wien jedenfalls (noch) anhängig (Hauptverhandlung und Urteilsfällung am 1. August 2017), weshalb die beiden Verfahren zufolge subjektiver Konnexität zu verbinden gewesen wären.
Das Landesgericht für Strafsachen Wien hat somit das Hauptverfahren durchzuführen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)