OGH 12Os102/17t

OGH12Os102/17t21.9.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. September 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wukovits, LL.M., als Schriftführerin in der Strafsache gegen Attila K***** und weitere Beschuldigte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung, AZ 31 HR 213/17v des Landesgerichts Innsbruck (AZ 10 St 210/16m der Staatsanwaltschaft Innsbruck), über die Grundrechtsbeschwerde des Krisztian M***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Beschwerdegericht vom 4. August 2017, AZ 7 Bs 201/17t, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0120OS00102.17T.0921.000

 

Spruch:

Die Grundrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe:

In dem von der Staatsanwaltschaft Innsbruck gegen Attila K***** und weitere Beschuldigte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung geführten Ermittlungsverfahren setzte das Landesgericht Innsbruck mit Beschluss vom 14. Juli 2017 die am 2. Juni 2017 über Krisztian M***** verhängte Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Verdunkelungs‑ und der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 2 und 3 lit a und lit b StPO fort (ON 435). Der dagegen gerichteten Beschwerde des Genannten gab das Oberlandesgericht Innsbruck mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss nicht Folge und setzte die Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit a und lit b StPO fort.

Dabei erachtete es den Beschwerdeführer dringend verdächtig, er habe zwischen 24. September 2015 und 7. Dezember 2016 in B***** und an anderen Orten

1./ indem er unter anderem zum Schein Frachtaufträge übernahm, zu diesem Zweck Unternehmen gründete oder übernahm, LKW zur Verfügung stellte, Fahrer anwarb, diesen genaue Instruktionen über Fahrt und Vorgangsweise erteilte und gefälschte CMR‑Papiere oder die dafür erforderlichen Utensilien (Papiere samt Firmenstempel) sowie teilweise Arbeitstelefone und mehrere Kennzeichentafeln aushändigte, mit dem Vorsatz, sich sowie die sonstigen Beteiligten der kriminellen Vereinigung durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern sowie in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von auch schweren Betrügereien längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges Einkommen zu verschaffen, dazu beigetragen, dass im Beschluss angeführte unmittelbare Täter durch Täuschung über Tatsachen, indem sie unter Vorlage entsprechender, auf Subfrachtführer ausgefertigter Frachtpapiere gegenüber Mitarbeitern namentlich angeführter Versendeunternehmen vorgaben, die übernommenen Ladungen entsprechend den von den Subfrachtführern scheinbar übernommenen Aufträgen sowie den vorgelegten Frachtpapieren an die jeweiligen Empfänger abzuliefern, zu Handlungen, nämlich zur Überlassung der Ladungen verleiteten, wodurch die Eigentümer der Ladungen an ihrem Vermögen mit einem 300.000 Euro weit übersteigenden Gesamtbetrag geschädigt wurden,

2./ sich durch die zu 1./ genannten Taten an einer kriminellen Vereinigung (§ 278 Abs 2 StGB) als Mitglied beteiligt.

In rechtlicher Hinsicht subsumierte das Oberlandesgericht dieses Verhalten einem Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ [12 dritter Fall,] 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB sowie einem Vergehen der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 zweiter Fall, Abs 3 erster Fall StGB.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die Grundrechtsbeschwerde des Krisztian M*****, die den gesetzlichen Bezugspunkt verfehlt.

Der Beschuldigte führt aus, die Untersuchungshaft hätte „durch gelindere Mittel, wie beispielsweise eine elektronische Überwachung iSd § 173a StPO substituiert“ werden sollen.

Damit wird verkannt, dass der elektronisch überwachte Hausarrest nach der genannten Bestimmung gerade kein gelinderes Mittel darstellt ( Kirchbacher/Rami , WK‑StPO § 173a Rz 1), sondern eine besondere Form des Vollzugs der Untersuchungshaft und nicht eine Alternative zu dieser. Demgemäß kann zwar eine Fortsetzung der Untersuchungshaft als Hausarrest mit Grundrechtsbeschwerde beim Obersten Gerichtshof bekämpft werden, nicht jedoch die Ablehnung des Begehrens, die Untersuchungshaft in Form des Hausarrests fortzusetzen. Hinsichtlich der Bedingungen des Vollzugs von Freiheitsentzug ist nämlich ein Grundrechtsschutz durch den Obersten Gerichtshof nicht vorgesehen (RIS‑Justiz RS0126401).

Beruft sich die Grundrechtsbeschwerde auf die Erreichbarkeit der Haftzwecke durch gelindere Mittel, hat sie diese konkret zu bezeichnen. Der Beschuldigte hat darzulegen, worin dem Beschwerdegericht, das die Substituierbarkeit verneint hat (BS 11), ein Beurteilungsfehler unterlaufen wäre (RIS‑Justiz RS0116422 [T1]).

Dem wird die Grundrechtsbeschwerde nicht gerecht, indem sie, ohne Maß an der bekämpften Entscheidung zu nehmen, lediglich ausführt, das Oberlandesgericht hätte nicht dargelegt, weshalb die in Art 8 Abs 1 des Rahmenbeschlusses 2009/829/JI des Rates der Europäischen Union zitierten Maßnahmen nicht reichen würden.

Die Grundrechtsbeschwerde war daher zurückzuweisen.

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