OGH 3Ob101/17z

OGH3Ob101/17z7.6.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Pflegschaftssache des H*****, geboren am *****, wegen „Streichung“ des Geburtsdatums des Pflegebefohlenen, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Kinder- und Jugendhilfeträgers Land Niederösterreich, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Mödling, Fachgebiet Rechtsvertretung Minderjähriger, Mödling, Bahnstraße 2, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 18. April 2017, GZ 16 R 105/17f‑25, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0030OB00101.17Z.0607.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Aus Anlass des Revisionsrekurses wird die Bezeichnung des Pflegebefohlenen (sein Geburtsdatum) wie aus dem Kopf der Entscheidung ersichtlich berichtigt.

 

Begründung:

Mit Beschluss vom 12. Oktober 2015, ON 2, wurde dem Revisionsrekurswerber die Obsorge für den aus Somalia stammenden, als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Österreich eingereisten Pflegebefohlenen übertragen, der sein Geburtsdatum (unbelegt) mit 3. Mai 2001 angab. Im Rahmen des auf Antrag des Minderjährigen eingeleiteten Asylverfahrens stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Verfahrensanordnung vom 4. Februar 2016 aufgrund eines von ihm eingeholten „Altersgutachtens“ fest, dass der Minderjährige „spätestens am 7. Mai 1999“ geboren sei.

Der Kinder- und Jugendhilfeträger stellte daraufhin den Antrag, den Obsorgebeschluss „insoweit richtigzustellen, dass das Geburtsdatum auf das in der vorliegenden Verfahrensanordnung enthaltene Datum geändert wird“, hilfsweise das derzeit eingetragene Geburtsdatum zu streichen. Das vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bestimmte, bis dahin nicht beurkundete Geburtsdatum werde im Rechtsverkehr des Minderjährigen mit österreichischen Verwaltungsbehörden als weiteres Identifikationsmerkmal verwendet und sei auch bereits im Zentralen Melderegister eingetragen.

Das Erstgericht wies diesen Antrag ab. Aus der Verfahrensanordnung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl gehe kein konkretes festgestelltes Geburtsdatum des Minderjährigen hervor. Die Angabe, dass er „spätestens“ am 7. Mai 1999 geboren sei, lasse eine Bandbreite an möglichen Geburtsdaten offen, lege also kein fixes Geburtsdatum fest, „auf das der Beschluss geändert werden könnte“. Auch eine Streichung des Geburtsdatums sei nicht möglich, weil dieses ein wesentlicher Bestandteil eines Obsorgeübertragungsbeschlusses und zur Identifikation einer Person notwendig sei.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss. Die begehrte Berichtigung nach §§ 419, 430 ZPO iVm § 41 AußStrG scheide aus, weil nicht einmal behauptet werde, dass dem Erstgericht bei Beschlussfassung ein berichtigungsfähiger Fehler unterlaufen sei. Auch eine Streichung des Geburtsdatums komme nicht in Betracht, weil diesem als individualisierende Komponente im Pflegschaftsverfahren praktische Bedeutung zukomme. Der ordentliche Revisionsrekurs sei mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Kinder- und Jugendhilfeträger zeigt in seinem außerordentlichen Revisionsrekurs, mit dem er sich nur noch gegen die Abweisung des Eventualantrags auf Streichung des Geburtsdatums wendet, keine erhebliche Rechtsfrage auf.

Es liegt auf der Hand, dass gerade in einer Pflegschaftssache, die die Obsorge für einen Minderjährigen zum Gegenstand hat, dessen Geburtsdatum von eminenter Bedeutung ist. Eine „Streichung“ des Geburtsdatums des Pflegebefohlenen kommt deshalb, wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben, keinesfalls in Betracht.

Aus Anlass des außerordentlichen Revisionsrekurses war allerdings das Geburtsdatum des Pflegebefohlenen wie aus dem Spruch ersichtlich zu berichtigen.

Mangels eigener Regelung im AußStrG sind die Vorschriften der ZPO über die Richtigstellung der Parteibezeichnung auch im Außerstreitverfahren sinngemäß anzuwenden (RIS-Justiz RS0005758). Gemäß § 235 Abs 5 ZPO ist eine Berichtigung der Parteibezeichnung in jeder Lage des Verfahrens auf Antrag oder von Amts wegen vorzunehmen.

Der Kinder- und Jugendhilfeträger hat durch Vorlage eines Auszugs aus dem Zentralen Melderegister dargetan, dass das Geburtsdatum des Pflegebefohlenen darin bereits – im Einklang mit der Verfahrensanordnung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl – auf 7. Mai 1999 korrigiert wurde. Den Vorinstanzen ist zwar dahin zuzustimmen, dass (auch) dieses Geburtsdatum mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht das „richtige“ ist. Dies kann allerdings in einer Konstellation wie der hier vorliegenden nicht zur Folge haben, dass weiterhin an dem vom Pflegebefohlenen ursprünglich – wie sich herausgestellt hat, evident unrichtig – angegebenen Geburtsdatum festzuhalten wäre. Gerade die bereits von den Vorinstanzen hervorgehobene Bedeutung des Geburtsdatums als Identifizierungsmerkmal erfordert vielmehr dessen Berichtigung auf das vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl festgestellte Datum.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte