OGH 9Ob77/16p

OGH9Ob77/16p24.5.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin Hon.‑Prof. Dr. Dehn, den Hofrat Dr. Hargassner und die Hofrätinnen Mag. Korn und Dr. Weixelbraun‑Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. G*, 2. U*, beide vertreten durch Kinberger‑Schuberth‑Fischer Rechtsanwälte‑GmbH in Zell am See, gegen die beklagte Partei J*, vertreten durch Dr. Klaus Dengg, Mag. Stefan Geisler, Mag. Markus Gredler, Rechtsanwälte in Zell am Ziller, wegen Unterlassung (Streitwert 3.500 EUR), über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 10. August 2016, GZ 53 R 76/16g‑13, mit dem der Berufung der klagenden Parteien gegen das Urteil des Bezirksgerichts Zell am See vom 15. Jänner 2016, GZ 20 C 707/15a‑9, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E118392

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit 460,40 EUR (darin enthalten 76,73 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Sämtliche nachgenannten Liegenschaften liegen, sofern nichts anderes angegeben ist, in der Katastralgemeinde *, Bezirksgericht *.

Die Liegenschaften EZ 23, EZ 55 und EZ 82 stehen im Eigentum von B*. Im Gutsbestandsblatt dieser Liegenschaften findet sich ohne Tagebuchzahl der Eintrag: „Zu dieser Liegenschaft ist ein Anteil der EZ 83 zugehörig.“ Die EZ 83 steht ebenfalls im Eigentum von B*. In ihrem Gutsbestandsblatt ist ohne Tagebuchzahl festgehalten: „Diese Liegenschaft ist Bestandteil der EZ 23, 55 und 82.“

Zugunsten der Liegenschaft EZ 83 besteht die Dienstbarkeit der Weide und des Holzbezugs zu Lasten der Grundstücke 713/1 und 713/2 der Liegenschaft EZ 69, die im Eigentum der S*steht. Die EZ 83 ist aber auch belastet mit der „Dienstbarkeit der landwirtschaftlichen Nutzung, der Beweidung, der Bestoßung, des Viehauftriebs, insgesamt sohin die vollständige landwirtschaftliche Nutzung“ für die EZ 24, *, die im Eigentum der Kläger steht. Diese Dienstbarkeit wurde aufgrund eines Dienstbarkeitsvertrags zwischen B* und den Klägern vom 23. 8. 2011 samt Nachtrag vom 6. 12. 2011 verbüchert.

Bereits 2006 pachtete der Beklagte von B* unter anderem die Liegenschaften EZ 23 und EZ 82 zur almwirtschaftlichen Nutzung. Der Pachtvertrag wurde grundverkehrsbehördlich genehmigt und verbüchert. 2009 wurde in einem Nachtrag zu diesem Pachtvertrag festgehalten, dass die zur EZ 83 ersichtlich gemachte realrechtliche Verbindung der Liegenschaft als Bestandteil der EZ 23, EZ 55 und EZ 82 für den Umfang des Pachtgegenstands ohne Bedeutung sei. Die Liegenschaft EZ 83 gehöre nicht zum Gegenstand des Pachtvertrags zwischen den Vertragsteilen. Ausdrücklich wurde aber auch festgehalten, dass die mit der Liegenschaft EZ 83 verbundenen Weiderechte an den Grundstücken 713/1 und 713/2, EZ 69, Gegenstand des Bestandvertrags seien.

Seit der Vereinbarung dieses Nachtrags treibt der Beklagte sein Vieh auf die Grundstücke 713/1 und 713/2, EZ 69. Im Jahr 2015 trieben auch die Kläger Rinder auf diese Grundstücke, die daraufhin vom Beklagten entfernt wurden.

Die Kläger begehren, den Beklagten schuldig zu erkennen, Eingriffe in das aus der Liegenschaft EZ 83 abgeleitete Weiderecht an der Liegenschaft 713/1 zu unterlassen. Sie brachten vor, als Dienstbarkeitsberechtigte an der Liegenschaft EZ 83 hätten sie auch ein Weiderecht am Grundstück 713/1, EZ 69, in das der Beklagte durch Entfernung des Viehs der Kläger von diesem Grundstück eingegriffen habe. Der Beklagte habe an dieser Liegenschaft kein Weiderecht. Ein solches könne von B* losgelöst von der Liegenschaft EZ 83 auch nicht übertragen werden. Der entsprechende Vertrag sei auch nicht grundverkehrsbehördlich genehmigt. Eine realrechtliche Verbindung der EZ 83 mit den Liegenschaften EZ 23, EZ 55 und EZ 82 bestehe nicht.

Der Beklagte bestritt. Aufgrund des Nachtrags zum Pachtvertrag sei er zur Weidenutzung und Almnutzung berechtigt. Der Pachtvertrag sei auch grundbücherlich einverleibt. Der Dienstbarkeitsvertrag der Kläger mit B* sei erst nach dem Pachtvertrag geschlossen worden und grundverkehrsbehördlich nicht genehmigt. Die Liegenschaft EZ 83 sei realrechtlich mit den vom Beklagten gepachteten Liegenschaften verbunden. Die Liegenschaft EZ 83 sei daher Bestandteil dieser vom Beklagten gepachteten Liegenschaften.

Der ebenfalls vom Beklagten erhobene Einwand der Unzulässigkeit des Rechtswegs wurde vom Erstgericht (rechtskräftig) abgewiesen.

In der Hauptsache gab das Erstgericht dem Klagebegehren nicht statt. Die Kläger seien weder Eigentümer der EZ 69, noch dienstbarkeitsberechtigt an dieser Liegenschaft und auch nicht Besitzer. Es fehle daher die Aktivlegitimation zur Erhebung einer Klage. Als Dienstbarkeitsberechtigte am herrschenden Grundstück seien sie nicht zugleich Dienstbarkeitsberechtigte am dienenden Grundstück.

Der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Kläger gab das Berufungsgericht nicht Folge. Nach dem Grundbuchstand sei die EZ 83 Bestandteil der EZ 23, EZ 55 und EZ 82. Zubehör könne nur dann Gegenstand einer selbständigen Belastung werden, wenn die Verbindung zur Hauptsache aufgehoben werde. Unabhängig davon, ob man die mit der Stammliegenschaft verbundenen Anteilsrechte als Zubehör der Liegenschaft oder als mit dem Liegenschaftsbesitz verbundene Realrechte qualifiziere, könnten sie nicht selbständig belastet und verpfändet werden. Eine Belastung sei nur hinsichtlich der Stammliegenschaft möglich. Eine gesonderte Belastung der EZ 83 durch Einverleibung der Dienstbarkeit zugunsten des Grundstücks der Kläger sei daher nicht möglich. Die Kläger könnten sich auf ein solches Recht auch nicht berufen. Im Ergebnis seien daher die Kläger zur Unterlassungsklage gegen den Beklagten nicht legitimiert. Das Berufungsgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 5.000 EUR übersteigend, nicht aber 30.000 EUR übersteigend, und ließ die Revision an den Obersten Gerichtshof zur Frage zu, ob die Begründung einer Dienstbarkeit zu Lasten einer Liegenschaft, die als Zubehör mit weiteren Liegenschaften verbunden sei, möglich sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Kläger mit dem Antrag, das Urteil im Sinn einer Klagsstattgebung abzuändern. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zur Klarstellung zulässig, aber nicht berechtigt.

In der Revision wird das Bestehen des vom Berufungsgericht angenommenen Realrechts bestritten.

1. Das Wesen von Realrechten besteht nach Judikatur und Lehre darin, dass sie nur von den Eigentümern der betreffenden Liegenschaft kraft dieses Eigentumsrechts ausgeübt werden können und nach Art eines Zubehörs mit der Liegenschaft verbunden sind und nicht vom berechtigten Gut gelöst und selbständig veräußert werden können (5 Ob 214/00g; 1 Ob 128/06i; 5 Ob 135/10d; 5 Ob 100/15i ua). Die eingangs der Entscheidung zitierte Eintragung im Gutsbestandsblatt der Liegenschaft EZ 83, nach der diese Liegenschaft Bestandteil der EZ 23, EZ 55, EZ 82 ist, sowie die korrespondierenden Eintragungen auf diesen Liegenschaften, die einen Anteil der EZ 83 als „zugehörig“ bezeichnen, weisen diese Anteilsrechte als Realrechte aus. Die Art der Grundbuchseintragung zeigt, dass das Miteigentumsrecht an der EZ 83 kein selbständiges ungebundenes, sondern ein mit dem Eigentum an den Stammliegenschaften verknüpftes Recht ist.

2. Auch wenn die Eintragung dieser Zugehörigkeit im Gutsbestandsblatt erfolgt, handelt es sich nicht um bloße Ersichtlichmachungen. Da es sich um Rechte handelt, die mit dem Eigentum an den Stammliegenschaften verbunden sind, kann die Eintragung bei diesen Liegenschaften nicht im Lastenblatt vorgenommen werden. Die Eintragung der Eigentümer der Stammliegenschaften auch als Eigentümer der Zubehörliegenschaft folgt den Anforderungen des Grundbuchgesetzes (vgl GlUNF 2200), wird aber der Zuordnung der Liegenschaft zu den Stammliegenschaften nicht ausreichend gerecht, weshalb die Zugehörigkeit gesondert im A2 Blatt ausgewiesen wird. Auf die Maßgeblichkeit der Grundbuchseintragungen bei Realrechten wurde bereits in der Entscheidung 5 Ob 214/00g unter Bezugnahme auf SZ 11/199 hingewiesen.

3. Allein dass der Umfang der Anteile an der Zubehörliegenschaft nicht verbüchert ist, führt nicht zur Unwirksamkeit des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses. Bei der Liegenschaft, die den Stammliegenschaften zugeordnet ist, handelt es sich um ein Zweckvermögen, dessen Verwendung seitens der einzelnen Berechtigten nur mit Bezug auf die Bedürfnisse ihrer Rücksitzwirtschaften (Stammliegenschaften) und nach Maßgabe derselben in Anspruch genommen werden darf. Es handelt sich um ein Rechtsverhältnis, welches als Gesellschaft zwischen mehreren Miteigentümern zu ideellen Anteilen zur Förderung des Wirtschaftsbetriebs auf den denselben gehörigen Sondergütern durch den Bezug bestimmter Nutzungen des Gemeinschaftsgutes und der Verbindung der einzelnen Teile mit dem Eigentum der Sondergüter (Rücksitze) besteht (GlUNF 1201). Dies hat zur Konsequenz, dass die für derartige Gemeinschaften geltenden Bestimmungen nur eingeschränkt Anwendbarkeit finden. Der Zweck des Realrechts spricht jedoch nicht gegen eine Anwendbarkeit des § 839 ABGB, nach dem, sofern sich die Anteile anders nicht bestimmen lassen, im Zweifel jeder Anteil gleich groß ist.

4. Zum Wesen des Realrechts gehört es, dass es wie eine Realservitut von der Liegenschaft, mit dem das Recht verknüpft ist, nicht beliebig abgelöst, an andere übertragen oder geteilt werden kann (vgl GlUNF 1201). Die Teilhaber sind berechtigt, über den Gemeinschaftsanteil mit der Stammrealität gemeinsam zu verfügen, wenn sie über den Anteil allein nicht disponieren können. Die freie Veräußerlichkeit, die Teilbarkeit und die Möglichkeit einer Loslösung der Anteile von den Stamm‑ oder sogenannten Rücksitzliegenschaften stehen mit dem wirtschaftlichen Zweck der Gemeinschaft im Widerspruch, da die einzelnen Anteile den Bedürfnissen dieser Liegenschaften dienen sollen und für deren geordnete Bewirtschaftung unentbehrlich sind (Klang in Klang 2 II, 151).

Richtig hat das Berufungsgericht darauf verwiesen, dass Anteilsrechte als solche nicht belastet und verpfändet werden können. Eine Verpfändung der Stammsitzliegenschaft bezieht sich aber auch auf sie (5 Ob 66/04y mwN).

Damit ist aber auch eine gesonderte Belastung der Anteilsliegenschaft mit einer Dienstbarkeit rechtlich nicht möglich. Das hat aber zur Konsequenz, dass die Kläger aus der ihnen an der EZ 83 eingeräumten und verbücherten Dienstbarkeit keine Unterlassungsansprüche hinsichtlich der EZ 69 ableiten können.

5. In der Revision wird weiters von den Klägern geltend gemacht, dass B* als Eigentümer sämtlicher Stammliegenschaften berechtigt sei, über die EZ 83 zu verfügen, und zumindest eine schlüssige Aufhebung der Verbindung zur Hauptsache vorliege. Allerdings haben sich die Kläger auf eine solche Aufhebung des Realrechts in erster Instanz nicht berufen. Eine solche kann auch nicht schlüssig iSd § 863 Abs 1 ABGB allein aus der Einräumung der Dienstbarkeit an der EZ 83 abgeleitet werden. Insbesondere ist darauf zu verweisen, dass aufgrund der Verpfändung der Stammliegenschaften, die auch aus dem Grundbuch ersichtlich ist, und dem Umstand, dass diese Pfandrechte, wie bereits ausgeführt, auch die Anteilsrechte an der EZ 83 umfassen, bei einer Teilung eine nach § 458 ABGB unzulässige Schmälerung der Pfandsicherheit eintreten würde.

6. Der Revision der Kläger war daher insgesamt nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 41, 50 ZPO.

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