OGH 1Ob62/17z

OGH1Ob62/17z26.4.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. J***** L*****, vertreten durch Mag. Eleonore Neulinger, Rechtsanwältin in Irdning, gegen die beklagte Partei H*****‑Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Mag. Rupert Rausch, Rechtsanwalt in Wien, wegen 24.000 EUR sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 19. Dezember 2016, GZ 1 R 169/16d‑41, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 11. August 2016, GZ 47 Cg 5/15k‑35, hinsichtlich der klagenden Partei aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00062.17Z.0426.000

 

Spruch:

1. Der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts ist im Umfang der Entscheidung über einen Betrag von 14.231,24 EUR sA, um den die klagende Partei ihr Begehren eingeschränkt hat, und das erstinstanzliche Urteil im Umfang der Abweisung von 12.712,35 EUR sA sowie des Zuspruchs von 1.518,89 EUR sA wirkungslos.

2. Der Rekurs wird in Ansehung des restlichen Begehrens von 9.768,76 EUR sA zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 833,88 EUR (darin 138,98 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Der Kläger hat vor Erhebung des Rekurses der Beklagten gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluss eine – zulässige (RIS‑Justiz RS0039644) – Klagseinschränkung im Umfang von 14.231,24 EUR sA vorgenommen. In Ansehung dieses Teilbegehrens sowie in analoger Anwendung des § 513 iVm § 483 Abs 3 ZPO (RIS‑Justiz RS0081567 [T1]) hat der Ausspruch zu erfolgen, dass der Beschluss des Gerichts zweiter Instanz und das erstinstanzliche Urteil insoweit als wirkungslos anzusehen sind.

2. Der gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts erhobene Rekurs der Beklagten ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 526 Abs 2 ZPO; RIS‑Justiz RS0043685 [T6]) mangels Vorliegens einer Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

2.1. Die Beklagte geht selbst davon aus, dass die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage keine solche ist, und releviert sie daher nicht. Im Übrigen wirft sie aber keine erheblichen Rechtsfragen auf, sodass ihr Rechtsmittel nicht zulässig ist (RIS‑Justiz RS0080388 [T1]). Ein Rekurs gegen einen Beschluss nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ist zurückzuweisen, wenn die Rechtsmittelwerberin – wie hier die Beklagte – nur Gründe geltend macht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt (RIS‑Justiz RS0048272 [T11]).

2.2. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens – das Berufungsgericht hätte nach Ansicht der Beklagten das Verfahren selbst ergänzen müssen – liegt nicht vor, weil es dem Sinn des § 496 Abs 3 ZPO widerspräche, wenn die vorzunehmende Verfahrensergänzung einen Großteil des Beweisverfahrens zur zweiten Instanz verlagern würde (RIS‑Justiz RS0042313 [T2]). Die Weiterungen des Verfahrens infolge der vom Rechtsmittelgericht beauftragten Verfahrensergänzungen sind derzeit nicht abzusehen, weshalb nicht angenommen werden kann, dass mit der Ergänzung der Verhandlung durch das Berufungsgericht keine erheblichen Verfahrenskosten verbunden wären (RIS‑Justiz RS0044905). Es fehlen noch Feststellungen zur von der Beklagten behaupteten Unbrauchbarkeit der vom Kläger erbrachten anwaltlichen Leistungen und zu deren Marktwert. Wenn das Berufungsgericht dazu die Verfahrensergänzung in erster Instanz anordnete, ist dies nicht zu beanstanden.

2.3. Die Einschätzung der zweiten Instanz zur notwendigen Verbreiterung der Tatsachengrundlage kann vom Obersten Gerichtshof nicht korrigiert werden (RIS‑Justiz RS0042179). Zweck des Rekurses ist nur die Überprüfung der Rechtsansicht der zweiten Instanz durch den Obersten Gerichtshof; ist die dem Aufhebungsbeschluss zugrundeliegende Rechtsansicht richtig, kann der Oberste Gerichtshof nicht überprüfen, ob die Verfahrensergänzung tatsächlich notwendig ist (vgl RIS‑Justiz RS0043414 [T7, T8, T9, T11]).

2.4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 und § 50 Abs 1 ZPO. Wird ein nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO erhobener Rekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückgewiesen, so sind die Kosten nicht nach § 52 ZPO vorzubehalten; es findet vielmehr ein Kostenersatz statt, wenn der Rechtsmittelgegner – wie hier der Kläger – auf die fehlende Zulässigkeit hingewiesen hat (RIS‑Justiz RS0123222 [T2, T4, T8]; vgl RS0035976 [T2]).

Stichworte