OGH 27Ns1/17d

OGH27Ns1/17d14.4.2017

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 14. April 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden und den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil als weiteren Richter sowie die Rechtsanwälte Dr. Hausmann und Mag. Vas, LL.M., als Anwaltsrichter in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, AZ D 188/16 des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien, über den Delegierungsantrag des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien vom 22. Februar 2017 nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 60 Abs 1 OGH-Geo. 2005 den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0270NS00001.17D.0414.000

 

Spruch:

Die Durchführung des Disziplinarverfahrens gegen ***** wird dem Disziplinarrat der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer übertragen.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Am 18. Jänner  2017 fasste der Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Wien zu AZ D 188/16 den Einleitungsbeschluss nach § 28 Abs 1 DSt, wonach Grund zur Disziplinarbehandlung von *****, Rechtsanwalt in *****, wegen des Vorwurfs bestehe, dass er die Schreiben der Rechtsanwaltskammer Wien vom 30. Juni 2016 sowie 10. August 2016 nicht beantwortet habe.

Mit Note vom 22. Februar 2017 zeigte der Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Wien dem Obersten Gerichtshof seine Befangenheit an, weil der Disziplinarbeschuldigte Mitglied des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien war und beantragte die Delegierung des Disziplinarverfahrens an den Disziplinarrat einer anderen Rechtsanwaltskammer.

Gemäß § 25 Abs 1 erster Satz DSt kann die Durchführung des Disziplinarverfahrens wegen Befangenheit der Mitglieder des Disziplinarrats oder aus anderen wichtigen Gründen auf Antrag des Disziplinarbeschuldigten oder des Disziplinarrats selbst einem anderen Disziplinarrat übertragen werden.

Befangenheit ist entweder eine tatsächliche Hemmung der unparteiischen Entschließung durch unsachliche psychologische Motive oder aber eine besondere Fallgestaltung, die einen unbefangenen Außenstehenden in begründeter Weise an der unparteiischen Entscheidungsfindung zweifeln lassen kann (RIS‑Justiz https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0114514&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False ).

Der Umstand, dass sich der Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Wien im Disziplinarverfahren AZ D 188/16 mit Rücksicht auf die frühere Zugehörigkeit des Disziplinarbeschuldigten zu eben diesem Gremium für befangen erklärt hatte, bildet – auch zwecks Vermeidung des Anscheins der Befangenheit – einen wichtigen Grund für die Delegierung dieses Verfahrens an den Disziplinarrat einer anderen Rechtsanwaltskammer (vgl RIS‑Justiz https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0083346&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0056894&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False ).

Die Durchführung des Disziplinarverfahrens AZ D 188/16 des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien gegen ***** war daher dem Disziplinarrat der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer zu übertragen.

Stichworte