OGH 11Ns12/17d

OGH11Ns12/17d7.3.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. März 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in der Strafsache gegen Noorullah A***** wegen des Vergehens der unrechtmäßigen Inanspruchnahme von sozialen Leistungen nach § 119 erster Fall FPG, AZ 17 U 272/16p des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien, über die Anregung des genannten Gerichts auf Delegierung nach Einsichtnahme durch die Generalprokuratur gemäß § 60 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo. 2005 den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0110NS00012.17D.0307.000

 

Spruch:

Der Delegierungsanregung wird nicht gefolgt.

Die Akten werden dem Oberlandesgericht Wien zurückgestellt.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Da die Einbringung (auch) von Delegierungsanträgen im Strafverfahren mittels E‑Mail gesetzlich nicht vorgesehen ist (§ 84 Abs 2 StPO e contrario), ist der auf diese Weise an eine Bedienstete des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien gelangte „Antrag“ einer Betreuerin des Angeklagten, Barbara Ac*****, auf Delegierung des „Herrn A***** betreffenden Falles“ an das Bezirksgericht Eferding, „um ihm eine leichtere und kostengünstigere Anreise zu etwaigen Einvernahmen oder Verhandlungen zu ermöglichen“ (ON 12), prozessual von vornherein unbeachtlich (RIS-Justiz RS0127859 [insbesondere T3]). Auch sonst wäre er im Übrigen unzulässig, weil die – keineswegs im Vollmachtsnamen des Angeklagten einschreitende, vielmehr gar nicht am Verfahren beteiligte – Genannte nicht zum Kreis der nach § 39 Abs 2 StPO Antragsberechtigten zählt ( Oshidari , WK‑StPO § 39 Rz 4). Die Behauptung der Eingabe, der Angeklagte sei „damit einverstanden“, ändert daran nichts und würde einen entsprechenden Antrag insbesondere auch nicht zu einem solchen des Angeklagten machen.

Soweit die Vorlage des – nach dem oben Gesagten gar keiner Erledigung zugänglichen – „Antrags“ durch das Bezirksgericht Innere Stadt Wien (ON 13) als Anregung zur Delegierung von Amts wegen (§ 39 Abs 1 StPO) aufzufassen ist, nennt sie mit dem Hinweis auf den (nunmehrigen) Wohnsitz des Angeklagten im Sprengel des Bezirksgerichts Eferding, der eine „Verhandlung dort zweckmäßiger“ mache, wofür auch „die Vermeidung von erhöhten Fahrtkosten“ spreche (ON 13 S 1), keinen wichtigen Grund, aus dem allein gemäß § 39 StPO die Veränderung des gesetzlichen Richters (Art 83 Abs 2 B-VG) ausnahmsweise zulässig wäre (RIS-Justiz RS0129146 [T1], RS0053539 [insbesondere T4, T7]).

Hinzu kommt, dass mit der angeregten Delegierung – entgegen der Ansicht des vorlegenden Gerichts, wonach „Zeugenvernehmungen in Wien nach der Aktenlage nicht erforderlich erscheinen“ (ON 13 S 1) – auch die Anreise des von der Staatsanwaltschaft beantragten Zeugen Stefan S*****, dessen Dienstort nach der Aktenlage just in Wien gelegen ist (ON 5 S 15), zum Bezirksgericht Eferding verbunden wäre. Mangels Einverständnisses oder übereinstimmenden Antrags von Ankläger und Angeklagtem liegen im Übrigen die Voraussetzungen für die Vernehmung dieses Zeugen unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung (§ 247a Abs 1 zweiter Satz StPO) nicht vor.

Stichworte