OGH 5Ob136/16k

OGH5Ob136/16k1.3.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Grohmann sowie die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragstellerin B* GmbH, *, vertreten durch Dr. Andreas Kiesling, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner DI (FH) R* B*, vertreten durch Mag. Stefan Faulhaber, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau als Rekursgericht vom 23. Juni 2016, GZ 1 R 78/16z‑15, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E117572

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Der Antrag des Antragsgegners auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.

 

Begründung:

Die Antragstellerin ist Vermieterin, der Antragsgegner Mieter einer Wohnung in H*. Die Antragstellerin beantragte, den für diese Wohnung „ab 1. 1. 2015 angemessenen Mietzins gerichtlich festzustellen und dem Antragsgegner die Bezahlung der seit 1. 1. 2015 nicht bezahlten restlichen offenen Mietzinse an die Antragstellerin aufzuerlegen“. Der zwischen dem Antragsgegner und dem Rechtsvorgänger der Antragstellerin vereinbarte Mietzins sei zu gering und nicht angemessen. Das Erstgericht wies den Antrag ab. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache an das Rekursgericht zurückzuweisen.

Die Revisionsrekurswerberin zeigt keine Rechtsfrage auf, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist mit Angemessenheit des Hauptmietzinses im Sinne des Kompetenztatbestands des § 37 Abs 1 Z 8 MRG dessen Zulässigkeit gemeint. Es geht daher nicht allein um die Feststellung des angemessenen Hauptmietzinses, sondern darum, ob der vereinbarte oder begehrte Hauptmietzins den gesetzlichen Zinsbildungsvorschriften entspricht (RIS-Justiz RS0069523 [T7, T11]).

2. Der Oberste Gerichtshof hat auch bereits wiederholt ausgesprochen, dass in den „Angelegenheiten“ des § 37 Abs 1 Z 8 MRG nicht nur dem Hauptmieter, sondern auch dem Vermieter die Antragslegitimation zukommen kann (5 Ob 16/84, 5 Ob 20/85, 5 Ob 161/86, 5 Ob 393/97y; vgl RIS-Justiz RS0070574). Derartige Feststellungsanträge im besonderen Verfahren nach § 37 MRG setzen aber jedenfalls ein Feststellungsinteresse voraus. Wenn die Klärung der Höhe des zulässigen Hauptmietzinses nur von rein theoretischer Bedeutung ist, ist das Rechtsschutzbedürfnis abzulehnen (5 Ob 189/15b mwN).

3. Die Höhe des Hauptmietzinses beruht nach § 16 MRG grundsätzlich auf der Vereinbarung der Vertragsteile, die durch das MRG nur kontrolliert und allenfalls nach oben beschränkt, aber nicht suppliert wird. Das MRG kennt also – abgesehen von besonderen Ausnahmefällen – keinen „gesetzlichen“ (Haupt-)Mietzins in dem Sinn, dass der Vermieter ihn auch ohne Vereinbarung fordern kann (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht²³ MRG § 15 Rz 3, 4; T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch³ § 16 MRG Rz 6; 7 Ob 588/84 = RIS-Justiz RS0070191). Entgegen der (zumindest impliziten) Behauptung der Antragstellerin führt der bloße Umstand, dass der vereinbarte Hauptmietzins den zulässigen Höchstbetrag unterschreitet, nicht in dem Sinne zur (Teil-)Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung, dass der Vermieter in diesem Fall berechtigt wäre, jedenfalls den gesetzlich höchstzulässigen Hauptmietzins zu fordern. Mietzinsvereinbarungen sind nach dem klaren Wortlaut des § 16 Abs 8 MRG nur insoweit unwirksam, als der vereinbarte Hauptmietzins den nach dessen Abs 1 bis 7 zulässigen Höchstbetrag überschreitet. Die von der Revisionsrekurswerberin aufgeworfene Rechtsfrage lässt sich somit unmittelbar aufgrund des Gesetzes zweifelsfrei lösen; das im Auslegungsweg erzielte Ergebnis ist eindeutig; sie stellt daher ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG dar (RIS-Justiz RS0042656).

4. Die Antragsstellerin legte – trotz Erörterung durch das Erstgericht – auch nicht dar, aus welchem anderen Rechtsgrund sie berechtigt sein will, nicht bloß den vereinbarten, sondern den angemessenen (gesetzlich höchstzulässigen) Hauptmietzins zu fordern. Insbesondere machte die Antragstellerin keinen jener Tatbestände des MRG geltend, die den Vermieter ausnahmsweise zur (einseitigen) Erhöhung des vereinbarten Mietzinses berechtigen könnte (vgl §§ 12a, 13, 18 ff, 45, 46, 46a MRG). Vor diesem Hintergrund ist die Klärung der gesetzlichen Mietzinsobergrenze hier nur von rein theoretischer Bedeutung. Ein rechtliches Interesse der Antragstellerin an der abstrakten, weil für das bestehende Mietverhältnis aus rechtlichen Gründen nicht relevanten Feststellung des höchstzulässigen Hauptmietzinses besteht daher nicht.

5. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1AußStrG ist der Revisionsrekurs unzulässig und zurückzuweisen.

Die vor Freistellung durch den Obersten Gerichtshof erstattete Revisionsrekursbeantwortung des Antragsgegners diente nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung. Dafür gebührt daher kein Kostenersatz (RIS-Justiz RS0124792).

Stichworte