European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0150OS00146.16H.0215.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen gemäß § 21 Abs 1 StGB die Unterbringung des Manfred B***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet.
Danach hat er am 15. März 2016 in W***** unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen und seelischen Abartigkeit höheren Grades beruht, nämlich einer paranoiden Schizophrenie, Elfriede B***** zu töten versucht, indem er ihr zweimal mit einem Messer in den Halsbereich auf Höhe des Adamsapfels stach, wodurch das Opfer einen Defekt in der äußeren Drosselblutader erlitt, sohin eine Tat begangen, die als Verbrechen des Mordes nach §§ 15, 75 StGB mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist.
Die Geschworenen hatten die Hauptfrage nach dem Verbrechen des Mordes nach §§ 15, 75 StGB ebenso bejaht wie die in Richtung Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB) gestellte Zusatzfrage. Die Eventualfragen in Richtung des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB, des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4, Abs 5 Z 1 StGB und des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 3 erster Fall, Abs 4 zweiter Fall StGB blieben demnach unbeantwortet.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 345 Abs 1 Z 6 und 8 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen ist nicht im Recht.
Die Fragenrüge (Z 6) fordert die Stellung einer Zusatzfrage in Richtung Notwehr nach § 3 Abs 1 StGB, unterlässt allerdings die vom Gesetz geforderte deutliche und bestimmte Bezeichnung eines konkreten, diese Fragestellung indizierenden Tatsachensubstrats (RIS‑Justiz RS0119417, RS0117447). Es bleibt unklar, inwieweit die Aussage des psychiatrischen Sachverständigen Univ.‑Prof. Dr. D***** in der Hauptverhandlung, wonach die Wahnvorstellung des Betroffenen, verfolgt zu werden, sich gegen dessen Mutter (also das Opfer) gerichtet habe, weil diese der einzige Mensch war, „der da war, er hat ja die Wohnung nicht verlassen“ (ON 35 S 25), ein Indiz (vgl RIS‑Justiz RS0101087 [T6 und T7]) für die geforderte Zusatzfrage sein sollte.
Die Instruktionsrüge (Z 8) kritisiert, dass die Rechtsbelehrung „sich nicht schon bei der Belehrung zur Hauptfrage mit dem für die Beurteilung der Tat wesentlichen Tatbestandsmerkmal der 'groben Fahrlässigkeit' auseinandersetzte, sodass den die Eventualfrage [nach dem Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 3 erster Fall und Abs 4 zweiter Fall StGB] unbeantwortet lassenden Geschworenen die Möglichkeit genommen war, klar zwischen den Tatbeständen zu unterscheiden“. Damit orientiert sie sich nicht am Gesetz (§ 321 StPO), demzufolge die Rechtsbelehrung in Bezug auf eine gestellte (hier: Haupt‑)Frage (nur) eine Darlegung der gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung, auf die diese Frage gerichtet ist, sowie eine Auslegung der darin vorkommenden Ausdrücke enthalten muss, ist doch grobe Fahrlässigkeit nicht Tatbestandsmerkmal des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB. Im Übrigen unterlässt die Beschwerde auch jede Argumentation, warum der Umstand, dass die geforderte Instruktion solcherart zutreffend (erst) im Rahmen der Eventualfrage 3 erfolgte (S 14 f; zur Erläuterung des Fahrlässigkeitsbegriffs s auch S 3 f und 12 f), zur Irreführung der Geschworenen bei der Beantwortung der Hauptfrage geführt habe.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO).
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