OGH 6Ob163/16p

OGH6Ob163/16p22.12.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** GesmbH, *****, vertreten durch Sutterlüty Klagian Brändle Lercher Gisinger Rechtsanwälte GmbH in Dornbirn, gegen die beklagte Partei L***** SPA, *****, Italien, vertreten durch Dr. Günther Riess und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 263.017 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 23. Juni 2016, GZ 10 R 21/16p‑89, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 12. Februar 2016, GZ 8 Cg 3/14i‑76, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0060OB00163.16P.1222.000

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Begründung

Die Klägerin begehrt von der Beklagten nach Einschränkung des Klagebegehrens die Bezahlung von insgesamt neun offenen Rechnungen aus der Lieferung von Vieh, wobei zwischen den Parteien seit längerem eine Geschäftsbeziehung bestanden hatte. Die Rechnungsbeträge übersteigen jeweils 5.000 EUR und teilweise 30.000 EUR.

Das Erstgericht wies mangels internationaler Zuständigkeit zurück.

Das Rekursgericht hob diese Entscheidung auf, trug dem Erstgericht die Fortsetzung des gesetzlichen Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auf und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten.

Rechtliche Beurteilung

1. Nach § 527 Abs 2 ZPO ist zwar ein Rekurs an den Obersten Gerichtshof bei Aufhebung einer erstinstanzlichen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht nur zulässig, wenn das Rekursgericht dies ausgesprochen hat. Diese Bestimmung gilt aber nur für „echte“ Aufhebungsbeschlüsse und nicht (auch) für nur scheinbar aufhebende Beschlüsse, wenn diese tatsächlich eine Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses bedeuten (siehe bloß E. Kodek in Rechberger, ZPO4 [2014] § 527 Rz 3 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Ein solcher Fall liegt auch hier vor. Das Rekursgericht hat – im Gegensatz zum Erstgericht – die internationale Zuständigkeit bejaht. Der außerordentliche Revisionsrekurs ist somit nicht jedenfalls unzulässig.

2. Nach § 55 Abs 1 Z 1 JN sind mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche (nur) dann zusammenzurechnen, wenn sie von einer einzelnen Partei gegen eine einzelne Partei erhoben werden und in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung nicht der Fall, wenn die Parteien des Verfahrens – wie hier – bloß in ständiger Geschäftsverbindung stehen, weil sich die Forderungen auf verschiedene (wenn auch zwischen denselben Parteien) abgeschlossene Rechtsgeschäfte gründen (vgl Gitschthaler in Fasching/Konecny³ [2013] § 55 JN Rz 21/1 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung).

3. Nach § 528 Abs 2 Z 1a ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt zwar 5.000 EUR, nicht jedoch auch 30.000 EUR übersteigt und das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei gemäß § 528 Abs 2a ZPO iVm § 500 Abs 2 Z 3, § 508 ZPO einen – beim Erstgericht einzubringenden – Antrag an das Rekursgericht stellen, den Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; dieser Antrag, der mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden ist, muss hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs – entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts – für zulässig erachtet wird.

Das Rechtsmittel der Klägerin wäre demnach hinsichtlich jener Klagsteilforderungen, die 30.000 EUR nicht übersteigen, nicht dem Obersten Gerichtshof – auch wenn es insgesamt als „außerordentliches“ bezeichnet wird –, sondern vielmehr dem Rekursgericht vorzulegen gewesen (7 Ob 214/14t); dies wird nunmehr das Erstgericht nachzuholen haben. Ob der darin gestellte Antrag, der Oberste Gerichtshof möge den Revisionsrekurs für zulässig erachten, den Erfordernissen des § 528 Abs 2a ZPO iVm § 500 Abs 2 Z 3, § 508 ZPO entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten.

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