European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0040OB00045.16W.1220.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Beschluss wie folgt zu lauten hat:
„Die Klage wird zurückgewiesen, soweit damit
(a) wegen der Verletzung von Unionsmarken die Übertragung, hilfsweise Löschung oder Unterlassung der Nutzung der Domains stubhub.at und stubhub.ch begehrt wird;
(b) wegen unlauteren Wettbewerbs die Übertragung, hilfsweise Löschung der Domain stubhub.ch, und, wiederum hilfsweise, das Unterlassen der Nutzung dieser Domain außerhalb Österreichs begehrt wird.
Soweit wegen unlauteren Wettbewerbs die Übertragung der Domain stubhub.at und das Unterlassen der Nutzung der Domain stubhub.ch in Österreich begehrt wird, wird die Unzuständigkeitseinrede verworfen. Die Rechtssache wird in diesem Umfang an das Erstgericht zurückverwiesen, dem insofern die Fortsetzung des Verfahrens aufgetragen wird.“
Die Kosten der Parteien für den Zwischenstreit über die internationale Zuständigkeit in allen drei Instanzen werden gegenseitig aufgehoben.
Begründung:
Die Klägerin, eine kalifornische Aktiengesellschaft, ist Inhaberin folgender drei Unionsmarken:
CTM 4998324: STUBHUB,
CTM 4998316:
und CTM 12693313
Der in Deutschland wohnhafte Beklagte ließ sich die Domains „stubhub.at“ und „stubhub.ch“ registrieren, ohne aber unter diesen Domains Inhalte zu veröffentlichen.
Die Klägerin beantragte die Übertragung der beiden auf den Beklagten registrierten Domains „stubhub.at“ und „stubhub.ch“, in eventu ihre Löschung, sowie als weiteres Eventualbegehren die Unterlassung ihrer Verwendung. Der Beklagte habe unter diesen beiden Domains nie Inhalte veröffentlicht, sondern stets beabsichtigt, sie zu einem sehr hohen Preis an die Klägerin zu verkaufen. Die internationale Zuständigkeit des Handelsgerichts Wien ergebe sich, weil die Domain „stubhub.at“ auf den österreichischen Markt abziele und die Registrierung der Domain „stubhub.ch“ neben dem schweizer auch österreichisches Recht verletze, weil die Einwohner Vorarlbergs sehr enge Beziehungen zur Schweiz unterhielten und andererseits österreichische Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen auch unter der schweizer Top-Level-Domain „.ch“ anböten. Sowohl Art 5 Nr 3 EuGVVO als auch Art 97 Abs 5 UMV sähen einen Verletzungsgerichtsstand vor, sodass Klagen sowohl am Handlungs- als auch am Erfolgsort erhoben werden könnten. Die Domain „stubhub.at“ sei in Österreich registriert worden. Für die Domain „stubhub.ch“ ergebe sich zumindest ein Erfolgsort im Inland. Die Klägerin stützte ihre Ansprüche auf die Verletzung ihrer Unionsmarken nach Art 9 Abs 1 lit c UMV sowie auf Behinderungswettbewerb nach dem UWG.
Der Beklagte erhob die Einreden der örtlichen sowie der internationalen Unzuständigkeit. Der Gerichtsstand der Unionsmarkenverletzung sei nicht gegeben, weil der Beklagte die beiden Domains bisher nicht im geschäftlichen Verkehr benutzt habe. Eine Verletzung der Markenrechte der Klägerin sei betreffend die Domain „stubhub.ch“ denkunmöglich, weil die Rechtsprechung davon ausgehe, dass Top-Level-Domains mit einem Länderkennzeichen einen Bezug zum jeweiligen Staat herstellten und auf den jeweiligen Markt ausgerichtet seien. Außerdem sei Art 5 Nr 3 EuGVVO nicht anwendbar, weil die Klägerin ihren Sitz in den USA habe und die behauptete Behinderung an ihrem Sitz und nicht in Österreich eintrete.
Das Erstgericht wies die Klage mangels inländischer Gerichtsbarkeit zurück. Hinsichtlich der Übertragung der Schweizer Domain sei kein Inlandsbezug ersichtlich. Die Zuständigkeit für die Übertragung der österreichischen Domain könne nicht auf Art 5 Nr 3 EuGVVO gestützt werden, weil die Behinderung eines Unternehmens durch eine rechtswidrige Domainregistrierung am Sitz des behinderten Unternehmens, hier also in den USA, eintrete.
Das Rekursgericht verwarf die Einrede der mangelnden internationalen Zuständigkeit. Die Zuständigkeit nach Art 97 Abs 5 GMV könne nur zugunsten der Unionsmarkengerichte jenes Mitgliedstaats begründet werden, in dem der Beklagte die behauptete unerlaubte Handlung begangen habe. Die Registrierung der Domain „stubhub.at“ in Österreich reiche dafür nicht aus, sodass keine Zuständigkeit des Erstgerichts für Ansprüche gegeben sei, die aus der Verletzung der Gemeinschaftsmarken abgeleitet werden. Zu der – für den geltend gemachten Behinderungswettbewerb relevanten – Zuständigkeit nach der EuGVVO führte das Rekursgericht aus, dass unter Anwendung der Grundsätze der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: EuGH) im Zusammenhang mit Klagen wegen der Verletzung von Immaterialgüterrechten und unter Bedachtnahme darauf, dass die beiden hier strittigen Domains objektiv (zumindest auch) auf den österreichischen Markt ausgerichtet seien, die diesbezügliche internationale Zuständigkeit des Erstgerichts nicht zweifelhaft sei.
Der Revisionsrekurs sei zur Frage zulässig, ob die internationale Zuständigkeit eines österreichischen Gerichts bei behauptetem Domain-Grabbing einer nicht in Österreich und auch in keinem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union registrierten Domain („stubhub.ch“) gegeben ist, wenn sich ihre Wirkungen auch auf Österreich erstrecken.
Der Beklagte beantragt in seinem Revisionsrekurs, die Klage zurückzuweisen. Er macht unter anderem geltend, der Erfolgsort trete beim Domain-Grabbing allein am Sitz der in ihrem Wettbewerb gehinderten Klägerin, somit in den USA, ein. Zum Handlungsort führte der Beklagte aus, dass es sich beim Registrierthalten von Domains ohne Inhalt um Distanzdelikte handle, bei denen die bloße Abrufbarkeit zur Begründung der Zuständigkeit nicht genügen könne, um nicht die Deliktszuständigkeit zu Lasten der Wohnsitzzuständigkeit ausufern zu lassen. Auch in Bezug auf die Domain „stubhub.at“ erfolge eine Handlung nicht am Registrierungsort, sondern am Eingabeort, somit am Wohnsitz des Beklagten.
Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und teilweise berechtigt.
Die Klägerin stützt ihr Begehren sowohl auf die Verletzung ihrer Unionsmarken, als auch auf Behinderungswettbewerb nach dem UWG. Die internationale Zuständigkeit des Prozessgerichts ist daher sowohl nach der UMV, als auch nach der EuGVVO zu prüfen.
1. Zur Prüfung der Zuständigkeit nach der UMV:
1.1. Nach Art 97 Abs 5 UMV können die Verfahren, welche durch die in Artikel 96 genannten Klagen und Widerklagen anhängig gemacht werden – ausgenommen Klagen auf Feststellung der Nichtverletzung einer Unionsmarke –, auch bei den Gerichten des Mitgliedstaats anhängig gemacht werden, in dem eine Verletzungshandlung begangen worden ist oder droht oder in dem eine Handlung im Sinne des Artikels 9 Abs 3 Satz 2 begangen worden ist.
1.2. Der EuGH stellte in der Entscheidung C‑360/12 – Coty Germany GmbH/First Note Perfumes NV klar, dass der in Art 93 Abs 5 GMV aF (entspricht Art 97 Abs 5 UMV) enthaltene Begriff des Orts der Verletzungshandlung nicht analog zu dem in Art 5 Nr 3 EuGVVO verwendeten Begriff des Orts, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, auszulegen ist. So wird in Rz 34 ausgeführt:
Was den Wortlaut von Art. 93 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 anbelangt, legt der Begriff des Mitgliedstaats, in dem eine Verletzungshandlung begangen worden ist, […] nahe, dass dieser Anknüpfungspunkt auf ein aktives Verhalten des Verletzers abstellt. Daher zielt der in dieser Bestimmung vorgesehene Anknüpfungspunkt auf den Mitgliedstaat ab, in dem sich der Vorfall, der der behaupteten Verletzung zugrunde liegt, ereignet hat oder zu ereignen droht, und nicht auf den Mitgliedstaat, in dem diese Verletzung ihre Wirkungen entfaltet.
1.3. Begründet somit Art 97 Abs 5 UMV nur eine Zuständigkeit am Handlungsort, nicht aber am Erfolgsort, folgt daraus für die Domain „stubhub.ch“, dass diesbezüglich keine internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nach Art 97 Abs 5 UMV besteht, weil der Handlungsort für die beanstandete Registrierung dieser Domain jedenfalls nicht in Österreich gelegen ist, zumal weder der Ort, von dem aus die Registrierung eingeleitet wurde – hier wohl der Wohnsitz des Beklagten –, noch die Registrierungsstelle in Österreich liegt.
1.4. In Bezug auf die Domain „stubhub.at“ liegt zwar die Registrierungsstelle in Österreich, dies begründet aber im konkreten Fall keinen Handlungsort iSv Art 97 Abs 5 UMV. Der EuGH hat nämlich im Urteil C-441/13 , Hejduk, im Zusammenhang mit der Verletzung von Urheber- und verwandten Schutzrechten ausgesprochen, dass bei Internetsachverhalten als Handlung das Auslösen des technischen Vorgangs anzusehen ist. Es ist daher auch bezüglich der Domain „stubhub.at“ von einem Handlungsort am Wohnsitz des Beklagten (Deutschland) auszugehen.
1.5. Die Klägerin argumentiert unter Berufung auf EuGH, C-523/10 , Wintersteiger II,wonach die Gerichte des Mitgliedstaats der Eintragung der fraglichen Marke am besten beurteilen könnten, ob tatsächlich eine Verletzung der geschützten nationalen Marke vorliege, dass Registrierungsstaat der Marke im Fall einer Unionsmarke jeder EU-Mitgliedstaat und somit auch Österreich sei und damit die Zuständigkeit des österreichischen Gerichts für markenrechtliche Ansprüche jedenfalls vorliege.
Dem ist entgegenzuhalten, dass diese Ausführungen des EuGH im Zusammenhang mit der Verletzung einer nationalen Marke und der Zuständigkeit nach Art 5 Nr 3 EuGVVO (alt) zur Frage der Verwirklichung des Schadenserfolgs ergingen, nicht aber zur Frage des Handlungsorts. Die Gewährung eines Wahlgerichtsstands für Klagen aus der Verletzung von Unionsmarken bei sämtlichen Mitgliedstaaten bloß aufgrund der unionsweiten Registrierung widerspräche auch dem Wortlaut des Art 97 Abs 5 UMV, der verlangt, dass im Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts die Verletzungshandlung begangen worden ist oder droht. Art 97 Abs 5 UMV stellt auf ein aktives Verhalten des Verletzers ab (vgl zuvor EuGH C-360/12 , Coty Germany), das aber nicht am Ort der Registrierungsstelle, sondern am Eingabeort gesetzt wurde.
1.6. Zusammenfassend besteht daher in Bezug auf beide klagsgegenständliche Internet-Domains kein Handlungsort im Inland, weshalb die Klage nicht auf den Zuständigkeitstatbestand des Art 97 Abs 5 UMV gestützt werden kann. Die Unzuständigkeitseinrede des Beklagten ist daher insoweit berechtigt. Die Klage ist zurückzuweisen, soweit sie sich auf die Verletzung der Unionsmarken der Klägerin stützt.
2. Zur Prüfung der Zuständigkeit nach der EuGVVO:
2.1. Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Klagseinbringung vor dem 10. 1. 2015 ist noch die Verordnung (EG) Nr 44/2001 des Rates vom 22. 12. 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen („EuGVVO alt“, im Folgenden „EuGVVO“) als Rechtsquelle maßgebend. Inhaltliche Unterschiede zum neuen Recht (VO [EU] 1215/2012, Brüssel Ia-VO) bestehen im gegebenen Zusamenhang jedoch nicht.
2.2. Gemäß Art 5 Nr 3 EuGVVO kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, und zwar vor dem Gericht des Orts, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht.
2.3. „Der Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“ umfasst im Sinne einer autonomen Auslegung des Art 5 Nr 3 EuGVVO nach Wahl des Klägers sowohl den Erfolgsort oder Schadenseintrittsort, als auch den Handlungsort. Fallen beide Orte auseinander (Distanzdelikt), kann der Kläger zwischen dem Handlungsort und dem Erfolgsort als Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit wählen (EuGH Rs 21/76 , Bier/Mines de Potasse, Slg 1976, 1735). Im gegebenen Zusammenhang ist daher zu prüfen, ob der Erfolgsort der beanstandeten Domain-Registrierungen in Österreich gelegen ist.
2.4. In Bezug auf Schäden, die aus Verletzungen eines Rechts des geistigen und gewerblichen Eigentums folgen, hat der EuGH klargestellt, dass die Verwirklichung des Schadenserfolgs in einem bestimmten Mitgliedstaat voraussetzt, dass das Recht, dessen Verletzung geltend gemacht wird, in diesem Mitgliedstaat geschützt ist (C‑523/10 , Wintersteiger II; C-170/12 , Pinckney). Dieses Erfordernis ist auf die Fälle übertragbar, in denen es um den Schutz eines solchen Rechts durch ein innerstaatliches Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb geht (C-360/12 , Coty Germany,Rz 55–56). Im vorliegenden Fall wirft die Klägerin dem Beklagten Domain-Grabbing durch unlautere Domainvermarktung und -blockade vor. Dieser Tatbestand– so er erfüllt ist – verstieße als unzulässiger Behinderungswettbewerb gegen das österreichische Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).
2.5. In der Rechtssache C-68/93 , Shevill, hat der EuGH ausgesprochen, dass der Betroffene bei Verletzung seines Persönlichkeitsrechts in Printmedien eine Schadensersatzklage gegen den Herausgeber sowohl bei den Gerichten des Vertragsstaats, in dem der Herausgeber niedergelassen ist, als auch bei den Gerichten jedes Vertragsstaats erheben kann, in dem die Veröffentlichung verbreitet und das Ansehen des Betroffenen nach dessen Behauptung beeinträchtigt worden ist; dabei sind die erstgenannten Gerichte für die Entscheidung über den Ersatz sämtlicher durch die Ehrverletzung entstandener Schäden und die letztgenannten Gerichte nur für die Entscheidung über den Ersatz jener Schäden zuständig, die in dem Staat des angerufenen Gerichts verursacht worden sind. Daraus ist ganz allgemein abzuleiten, dass die Zuständigkeit der Erfolgsortgerichte bei Streudelikten – ein schädigendes Verhalten verursacht Schäden in mehreren Staaten – auf den im jeweiligen Gerichtsstaat entstandenen Schaden beschränkt ist.
In der Rechtssache C-509/09 , eDate Advertising, zu Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Inhalte auf einer Internetwebsite hat der EuGH diese Rechtsprechung im Kern aufrecht erhalten. Über Shevill hinaus hat er jedoch ausgesprochen, dass die verletzte Person ihren Gesamtschaden auch bei den Gerichten jenes Mitgliedstaats geltend machen kann, in dem sich der „Mittelpunkt ihrer Interessen“ befindet. Die Zuständigkeit dieses Erfolgsortgerichts ist daher nicht auf den im Gerichtsstaat eingetretenen Schaden beschränkt. Diese umfassende Zuständigkeit hat er allerdings – begründet mit dem Territorialitätsgrundsatz – für die Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums verneint; hier ist das Erfolgsortgericht jedenfalls nur für den im Staat des angerufenen Gerichts eingetretenen Schaden zuständig (C‑523/10 , Wintersteiger; C-170/12 , Pinckney; C-441/13 , Pez Hejduk).
In C-360/12 , Coty, hat der EuGH diese immaterialgüterrechtliche Rechtsprechung für das Lauterkeitsrecht übernommen: Das Erfordernis, dass das Recht, dessen Verletzung geltend gemacht wird, im Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts geschützt sein müsse, sei auf die Fälle übertragbar, in denen es um den Schutz eines solchen Rechts durch ein „innerstaatliches Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb“ gehe.
2.6. Im vorliegenden Fall sind lauterkeitsrechtliche Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche zu beurteilen. Da der Beklagte in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, könnte sich die Zuständigkeit österreichischer Gerichte nur daraus ergeben, dass die Registrierung der strittigen Domains auf dem österreichischen Markt einen Schaden der Klägerin verursacht. In der Sache ist daher zu fragen, ob sich dieses Verhalten auf dem österreichischen Markt auswirkt. Wird dies grundsätzlich bejaht, ist in einem zweiten Schritt die Reichweite der Zuständigkeit zu prüfen.
(a) An der Auswirkung der Registrierung beider Domains (auch) auf den österreichischen Markt ist nicht zu zweifeln. Durch die Registrierung ist es der Klägerin nicht möglich, unter diesen Domains auf dem österreichischen Markt tätig zu werden. Ob es sich dabei um eine unlautere Behinderung handelt, ist nicht auf der Ebene der Zuständigkeit zu beurteilen. Hier genügt es, dass die Klägerin nach ihrem Vorbringen nicht in der Lage ist, (a) die Domain stubhub.at in Österreich für sich zu registrieren und umfassend zu nutzen und (b) sich mit der Domain stubhub.ch auch an österreichische Kunden zu wenden. Dass Letzteres eine nicht bloß theoretische Möglichkeit ist, folgt daraus, dass auch österreichische Nutzer gezielt auf Schweizer Domains zugreifen, um (beispielsweise) Informationen über das Leistungsangebot des Domaininhabers im Nachbarstaat zu erhalten. Damit ist für die hier zu prüfenden lauterkeitsrechtlichen Ansprüche die österreichische Zuständigkeit grundsätzlich zu bejahen. Fraglich ist jedoch, wie sich die Beschränkung auf den im Inland erlittenen Schaden auf die Reichweite der Zuständigkeit für die hier strittigen Ansprüche auf Übertragung, Löschung und Unterlassen der Nutzung der Domains auswirkt.
(b) Mit dem Haupt- und dem ersten Eventualbegehren strebt die Klägerin die Übertragung, hilfsweise die Löschung der beiden Domains an.
Diese Handlungen sind im jeweiligen Registrierungsstaat umzusetzen und haben, jedenfalls bei länderspezifischen Top-level-Domains, in aller Regel dort die größten wirtschaftlichen Auswirkungen. Bei wertender Betrachtung ist daher anzunehmen, dass sich diese Ansprüche auf den im Registrierungsstaat eingetretenen Schaden beziehen und daher im Anwendungsbereich von Art 5 Nr 3 EuGVVO (nur) unter die Kognition der Gerichte dieses Staats fallen. Dies führt hier zur Zuständigkeit des österreichischen Erfolgsortgerichts für die Ansprüche auf Übertragung, hilfsweise Löschung der Domain stubhub.at, nicht jedoch für diese Ansprüche in Bezug auf die Domain stubhub.ch. Letztere könnten nur am Sitz des Beklagten in Deutschland und allenfalls nach Art 5 Nr 3 LGVÜ in der Schweiz geltend gemacht werden.
Diese Lösung verhindert ein Ausufern der Jurisdiktion einzelner Mitgliedstaaten in Bezug auf in anderen Mitgliedstaaten registrierte (länderspezifische) Top-level-Domains. Entschiede man anders, setzte sich unionsweit das strengste Lauterkeitsrecht durch: Denn bejahte man die Zuständigkeit für die Übertragung oder Löschung einer Domain allein deswegen, weil die mit einer fremden Top‑level-Domain bezeichnete Website im Gerichtsstaat abrufbar ist, könnte der Kläger die Gerichte aller Mitgliedstaaten anrufen, die wiederum nach Art 6 Abs 1 Rom II-VO wegen der Auswirkung auf den Markt dieses Staats jeweils eigenes Recht anwendeten. Sähe dieses Recht einen Anspruch auf Übertragung oder Löschung der Domain vor, wäre die auf dieser Grundlage ergehende Entscheidung in allen anderen Mitgliedstaaten – also auch in jenem der Registrierung – vollstreckbar. Dem europäischen Zuständigkeitsrecht kann ein solcher Anreiz zum forum shopping nicht unterstellt werden.
(c) Anders verhält es sich in Bezug auf den Unterlassungsanspruch. Dieser kann auf die Abrufbarkeit einer Website in einem bestimmten Staat beschränkt werden. Insofern bezieht er sich – unabhängig vom Ort der Registrierung der Domain – auf den Schaden, der in diesem Staat eintritt oder einzutreten droht. Ein auf den Gerichtsstaat beschränktes Unterlassungsbegehren fällt daher unter die Kognition jedes Gerichts, in dessen Sprengel sich nach dem Vorbringen des Klägers die (beabsichtigte) Nutzung auswirkt. Hingegen besteht bei bloßer Erfolgsortzuständigkeit nach der Rechtsprechung des EuGH keine Möglichkeit, dem Beklagten auch das Unterlassen der Domainnutzung außerhalb des Gerichtsstaats aufzutragen.
2.7. Diese Erwägungen führen für die lauterkeitsrechtlichen Ansprüche zu folgendem Ergebnis:
(a) Die Unzuständigkeitseinrede ist zu verwerfen, soweit sie sich auf das Begehren auf Übertragung der Domain stubhub.at bezieht. Auf die Frage, ob dieses Begehren auch inhaltlich begründet ist, kommt es auf dieser Ebene nicht an. Über die Eventualbegehren zu dieser Domain und die auch insofern erhobenen Unzuständigkeitseinreden ist wegen der Zulässigkeit des Hauptbegehrens derzeit nicht zu entscheiden. Sollte dieses abgewiesen werden, wären für die dann erforderliche zuständigkeitsrechtliche Beurteilung der Eventualbegehren die oben angestellten Erwägungen maßgebend.
(b) Hingegen ist die Klage zurückzuweisen, soweit sie auf lauterkeitsrechtlicher Grundlage die Übertragung, hilfsweise Löschung der Domain stubhub.ch anstrebt und soweit damit, wiederum hilfsweise, die Unterlassung der Nutzung der Domain auch außerhalb Österreichs begehrt wird. In Bezug auf das Unterlassen der Nutzung der Domain in Österreich ist die Unzuständigkeitseinrede demgegenüber zu verwerfen.
3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 43 Abs 1 und 50 Abs 1 ZPO.
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