European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0050OB00204.16K.1122.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Die Antragstellerin ist grundbücherliche Alleineigentümerin einer Liegenschaft, zu der unter anderem das Grundstück 189/56 gehört. Mit Kaufvertrag vom 14. 1./8. 2. 2016 verkaufte sie dieses Grundstück im nach Teilung verbleibenden Ausmaß von 45 m2 an die E***** GmbH. Der Kaufvertrag wurde für die Antragstellerin durch die Bürgermeisterin, ein Stadtsenatsmitglied und den Magistratsdirektor unterfertigt und mit dem Stadtsiegel versehen. Diese Unterschriften wurden – anders als jene des für die Käuferin unterzeichnenden Geschäftsführers – nicht gerichtlich oder notariell beglaubigt.
Die Antragstellerin beantragt unter Vorlage dieses Kaufvertrags und anderer Urkunden die Abschreibung des verkauften Grundstücks, die Eröffnung einer neuen Einlage und die Einverleibung des Eigentumsrechts für die Käuferin.
Das Erstgericht wies das Grundbuchsgesuch ab. Die Unterschriften der vertretungsbefugten Organe der Antragstellerin seien entgegen § 31 Abs 1 GBG weder gerichtlich noch notariell beglaubigt worden. Eine genehmigende Erklärung einer Behörde des Bundes oder des Landes liege nicht vor.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu. Rechtlich folgert es, dass nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dem Erfordernis des § 31 Abs 2 GBG nicht entsprochen werde, wenn eine privatrechtliche Erklärung einer Gemeinde vorliege, die zwar nach der Vorschrift der einschlägigen Gemeindeordnung privatrechtliche Wirksamkeit erzeuge, aber eben keine „Erklärung einer Behörde des Bundes oder eines Landes“ umfasse. Eine Gleichstellung der von einer Gemeinde errichteten Privaturkunde mit der von einem Bundesland errichteten Privaturkunde lasse sich mit dem klaren Wortlaut des § 31 Abs 2 GBG nicht vereinbaren. Dass die Antragstellerin eine Stadt mit eigenem Statut sei, führe zu keiner anderen Beurteilung. Städte mit eigenem Statut unterschieden sich von bloßen Ortsgemeinden vor allem dadurch, dass sie neben den Aufgaben der Gemeindeverwaltung auch die der Bezirksverwaltung zu besorgen hätten. Aus dieser Doppelkompetenz ergäben sich zahlreiche Besonderheiten. Die Bezirksverwaltung sei Teil des übertragenen Wirkungsbereichs und in Statutarstädten vom Bürgermeister zu besorgen. Der übertragene Wirkungsbereich sei ein Fall mittelbarer Verwaltung und umfasse nur Aufgaben der Hoheitsverwaltung. Die Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung zählten dagegen zum eigenen Wirkungsbereich. Dass die Antragstellerin im übertragenen Wirkungsbereich funktionell als Bundes‑ oder Landesorgan tätig sei, lasse nicht den Schluss zu, dass eine privatrechtliche Erklärung, die den Vorschriften des Statuts entspreche und wirksam sei, damit auch eine Erklärung einer Behörde des Bundes oder eines Landes umfasse. Die Unterfertigung durch den Magistratsdirektor könne die notarielle Beglaubigung im Sinn des § 31 Abs 1 GBG nicht ersetzen.
Der Revisionsrekurs sei zuzulassen, weil zur Frage des Beglaubigungserfordernisses von Unterschriften auf einer von einer Statutarstadt errichteten Privaturkunde keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.
1. Nach § 31 Abs 1 GBG kann die Einverleibung nur aufgrund öffentlicher Urkunden oder solcher Privaturkunden geschehen, auf denen die Unterschriften der Parteien gerichtlich oder notariell beglaubigt sind und der Beglaubigungsvermerk bei natürlichen Personen auch das Geburtsdatum enthält. Die gerichtliche oder notarielle Beglaubigung der Unterschriften auf einer Privaturkunde ist nach § 31 Abs 2 GBG nicht erforderlich, wenn diese Urkunde mit der genehmigenden Erklärung einer Behörde des Bundes oder eines Landes versehen ist, die berufen erscheint die Interessen desjenigen wahrzunehmen, dessen Recht beschränkt, belastet, aufgehoben oder auf eine andere Person übertragen werden soll.
2. Der Oberste Gerichtshof hat in der bereits vom Rekursgericht zitierten, in der Lehre auf Zustimmung gestoßenen Entscheidung 5 Ob 59/10b = SZ 2010/61 = RIS‑Justiz RS0126089 = EvBl 2010/145 (Leupold) = wobl 2010/141 (Kodek) = NZ 2011/768, 60 (Hoyer) ausführlich begründet Folgendes klargestellt:
„Schließt eine Gemeinde als Privatperson einen Vertrag, so sind die Unterschriften derjenigen Personen, die nach den einschlägigen Organisationsvorschriften die Erklärung zu unterfertigen haben, zu beglaubigen, wenn die Urkunde nicht mit der genehmigenden Erklärung einer Behörde des Bundes oder eines Landes im Sinn des § 31 Abs 2 GBG versehen ist. Der klare Wortlaut des § 31 Abs 2 GBG verbietet eine Gleichstellung der von einer Gemeinde errichteten Privaturkunde mit jener, die von einem Bundesland errichtet wird.“
3. Die Antragstellerin stimmt dieser Judikatur nur für „normale“ Gemeinden zu, will sie aber auf Statutarstädte nicht angewendet wissen. Als Statutarstadt unterscheide sie sich von anderen Gemeinden, für welche lediglich die Zeichnungserfordernisse des § 71 der Kärntner Allgemeinen Gemeindeordnung (K-AGO) gelten, der eine Mitwirkung durch den Amtsleiter der Gemeinde nicht vorsehe. Hingegen müssten nach § 72 Abs 2 des Klagenfurter Stadtrechts schriftliche Ausfertigungen von Verträgen, denen ein Beschluss des Gemeinderats oder des Stadtsenats zugrunde liege, zu ihrer Rechtswirksamkeit vom Bürgermeister und von einem weiteren Mitglied des Stadtsenats gefertigt, mit dem Stadtsiegel versehen und zusätzlich vom Magistratsdirektor unterzeichnet werden. Dieser müsse als rechtskundiger Verwaltungsbeamter für die Gesetzmäßigkeit des Geschäftsgangs Sorge tragen. Im Zusammenhang mit der Fertigung von Grundbuchsurkunden stünden ihm notarielle Befugnisse zu. Seine Unterschrift sei Garant für die Gesetzmäßigkeit des gesamten Geschäftsvorgangs und die Sicherstellung der Echtheit der von den vertretungsbefugten Organe der Stadt gesetzten Unterschriften. Eine zusätzliche gerichtliche oder notarielle Beglaubigung der Unterschriften sei daher nicht notwendig, um den Zweck des § 31 GBG, nämlich die Sicherstellung der Echtheit der Urkunde und der Unterschriften zu erfüllen.
4. Es trifft zu, dass die Antragstellerin aufgrund des Klagenfurter Stadtrechts 1998, LGBl 1998/70 eine Stadt mit eigenem Statut ist (VwGH 9. 11. 1999, 99/05/0181). Verfassungsrechtliche Grundlage für solche Städte mit eigenem Statut ist Art 116 Abs 3 B‑VG. Sie unterscheiden sich von bloßen Ortsgemeinden dadurch, dass sie neben den Aufgaben der Gemeindeverwaltung auch die der Bezirksverwaltung zu besorgen haben. Die Bezirksverwaltung ist Teil des übertragenen Wirkungsbereichs und vom Bürgermeister zu besorgen (Mayer, B‑VG4 [2007] Art 116 IV. 1 mwN).
5. Diese Besonderheit der Antragstellerin als Statutarstadt wirkt sich jedoch nicht auf die Abgrenzung zwischen Hoheits‑ und Privatwirtschaftsverwaltung aus. Eine Gemeinde ist zufolge § 116 Abs 2 B‑VG auch Privatrechtssubjekt. Die Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung zählen nach Art 118 Abs 2 ebenfalls zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde (VfGH 9. 6. 2005, B747/03). Soweit das Gesetz einer Gemeinde nicht ein hoheitliches Handeln aufträgt, führt sie ihre wirtschaftliche Tätigkeit im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung durch. In diesem Rahmen hat sie die gleichen Rechte und Pflichten wie andere juristische Personen des Privatrechts (RIS‑Justiz RS0050121; vgl RS0050125). Wenn eine Gemeinde (eine Stadt mit eigenem Statut) eine ihr gehörende Liegenschaft an ein anderes Privatrechtssubjekt verkauft, handelt sie privatwirtschaftlich (vgl RIS‑Justiz RS0049737) und nicht hoheitlich im Rahmen der Verwaltung. Das zieht die Antragstellerin im vorliegenden Fall auch nicht in Zweifel. Nur im übertragenen Wirkungsbereich, der zur Hoheitsverwaltung gehört, ist die Gemeinde nicht Rechtsträger, sondern Verwaltungssprengel. Der – auch in Statutarstädten – ausschließlich zuständige Bürgermeister (Art 119 Abs 2 Satz 1 B‑VG; VwGH 22. 11. 1988, 86/04/0137) wird dabei funktionell als Bundes‑oder Landesorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung tätig (Mayer aaO Art 119 B-VG I.1 mwN).
6. Organe einer Gemeinde sind nach Art 117 Abs 1 B-VG a) der Gemeinderat b) der Gemeindevorstand (Stadtrat), bei Städten mit eigenem Statut der Stadtsenat und c) der Bürgermeister. Die Geschäfte der Gemeinden werden durch das Gemeindeamt (Stadtamt), jene der Städte mit eigenem Statut durch den Magistrat besorgt. Zum Leiter des inneren Dienstes des Magistrats ist ein rechtskundiger Verwaltungsbeamter als Magistratsdirektor zu bestellen (Art 117 Abs 7 B-VG).
7. Nach § 72 Abs 2 Klagenfurter Stadtrecht 1998 müssen schriftliche Ausfertigungen von Verträgen, denen ein Beschluss des Gemeinderats oder des Stadtsenats zugrunde liegt, zu ihrer Rechtswirksamkeit nicht nur vom Bürgermeister und einem weiteren Mitglied des Stadtsenats, sondern auch vom Magistratsdirektor unterfertigt werden.
8. Dieses Erfordernis bedeutet jedoch nicht, dass der Magistratsdirektor als Behörde des Landes oder Bundes im Sinn des § 31 Abs 2 GBG tätig wird. Seine im Klagenfurter Stadtrecht begründete Funktion bei Unterfertigung von Verträgen ist nicht als Genehmigung des hier geschlossenen privatrechtlichen Kaufvertrags durch eine Behörde, der die Aufsicht über den Abschluss derartiger Rechtsgeschäfte einer Stadt mit eigenem Statut zukommt, anzusehen. Im eigenen Wirkungsbereich untersteht eine Gemeinde zufolge Art 118 Abs 4 iVm Art 119a B‑VG grundsätzlich der Aufsicht des Bundes und des Landes. Der Magistratsdirektor ist ein, dem Bürgermeister hierarchisch untergeordneter Gemeindebediensteter (Gallent, Zur Rechtsposition des Magistratsdirektors 1. Teil, ÖGZ 2/1990, 8, 9). Er gehört als oberster Beamter und dessen autokratische Spitze zum Magistrat und ist unmittelbar dem Bürgermeister unterstellt und an dessen Weisungen gebunden (vgl Gallent, zur Rechtsposition des Magistratsdirektors 2. Teil ÖGZ 3/1990, 10; vgl Mayer aaO Art 117 B-VG III.3). Der zuerst zitierte Autor spricht zwar in ÖGZ 2/1990, 10 von notariellen Befugnissen eines Magistratsdirektors im Zusammenhang mit der Verwahrung des Prägesiegels der Stadt und der Fertigung von Grundbuchsurkunden. Damit ist aber nicht die in § 31 Abs 1 GBG geforderte notarielle Beglaubigung von Unterschriften gemeint. Diese notarielle Beurkundung ist als Errichtung einer öffentlichen Urkunde zufolge § 1 Abs 1 und § 2 Notariatsordnung nämlich den vom Staat bestellten Notaren und Notarinnen vorbehalten.
9. Die Unterschriften der vertretungsbefugten Organe und des Magistratsdirektors der Antragstellerin einer Stadt mit eigenem Statut, auf einer Privaturkunde (Kaufvertrag) mussten daher entgegen ihrer Ansicht gerichtlich oder notariell beglaubigt werden. Die Vorinstanzen haben das Grundbuchsgesuch somit zutreffend abgewiesen.
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