European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0130OS00109.16B.1019.000
Spruch:
Goran J***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.
Gründe:
Mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 19. August 2016 (ON 14 in ON 166) wurde über Goran J***** die Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht‑ und der Tatbegehungsgefahr gemäß § 173 Abs 2 Z 1, Z 3 lit a StPO verhängt und mit Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 2. September 2016 (ON 189) aus denselben Haftgründen fortgesetzt. Der dagegen gerichteten Haftbeschwerde des Genannten gab das Oberlandesgericht Graz mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss vom 22. September 2016, AZ 8 Bs 316/16f (ON 205), nicht Folge und setzte die Untersuchungshaft aus den bereits bisher herangezogenen Haftgründen fort.
In der Sache erachtete das Beschwerdegericht Goran J***** dringend verdächtig, er habe am 16. August 2016 in W***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit den unter einem verfolgten Ranko R***** und Ozren K***** vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen zu überlassen versucht, indem Ranko R***** und Ozren K***** 5.562 g Kokain mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 20 % (somit das 74,16‑fache der Grenzmenge) verdeckten Ermittlern des Bundeskriminalamts zu übergeben versuchten, wobei Goran J*****, welcher gemeinsam mit Ozren K***** das Suchtgift besorgt hatte, während der Besprechung zur Suchtgiftübergabe Aufpasserdienste leistete, indem er die Straßenzüge und die Umgebung musterte.
In rechtlicher Hinsicht subsumierte das Beschwerdegericht dieses Verhalten als Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Grundrechtsbeschwerde des Goran J*****.
Der Beschwerdeführer wendet ein, das Oberlandesgericht habe entgegen seiner Verpflichtung, bei Fortsetzung der Untersuchungshaft selbst Sachverhaltsannahmen zum dringenden Tatverdacht zu treffen, welche die rechtliche Beurteilung ermöglichen, ob durch die solcherart als sehr wahrscheinlich angenommenen Tatsachen – objektiv wie subjektiv – eine hafttragende strafbare Handlung begründet wird (RIS‑Justiz RS0120817), keine Feststellungen zur subjektiven Tatseite des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG getroffen. Mit seinem Vorbringen übergeht der Beschwerdeführer, dass er nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit zwei anderen vorschriftswidrig Kokain in einer Menge von mehr als 1 kg Reinsubstanz zu übergeben versuchte (S 2 der Beschwerdeentscheidung).
Die Annahme der Tatbegehungsgefahr gemäß § 173 Abs 2 Z 3 lit a StPO stützte das Oberlandesgericht auf die mit Suchtgiftgeschäften in dieser Größenordnung erzielbaren und vom Beschwerdeführer wohl erwarteten Vermögensvorteile und die offensichtlich bestehenden Suchtgiftkontakte, die es Goran J***** ermöglichten, eine so große Suchtgiftmenge zu beschaffen (BS 4). Somit kann von Willkür keine Rede sein.
Der Einwand, die „zentrale Annahme des Beschwerdegerichts, wonach der Beschwerdeführer die gegenständlichen Suchtmittel beschafft hätte, bleibt ohne Begründung aus dem Akteninhalt“, wendet sich der Sache nach nicht gegen die Annahme des Haftgrundes der Tatbegehungsgefahr, sondern vielmehr gegen Sachverhaltselemente betreffend den vom Beschwerdegericht bejahten dringenden Tatverdacht. Diesen stützte es unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) mängelfrei auf die Aussage des Ranko R***** bei dessen polizeilicher Vernehmung (BS 2 f).
Rechtfertigt bei gegebenem dringenden Tatverdacht bereits ein Haftgrund – wie hier die Tatbegehungsgefahr – die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft, erübrigt sich im Rahmen der Behandlung der Grundrechtsbeschwerde zu prüfen, ob noch weitere Haftgründe gegeben sind (RIS‑Justiz RS0061196).
Der Vorwurf der Verweigerung einer umfassenden gebührenfreien Aktenkopie hinsichtlich aller Aktenstücke, die für die Beurteilung des Tatverdachts und der Haftgründe von Bedeutung sein können (§ 52 Abs 2 Z 2 StPO; vgl Kier in WK 2 GRBG § 2 Rz 117 mwN), bezieht sich nur auf die – wie dargelegt nicht mehr zu prüfende – Annahme der Fluchtgefahr durch das Beschwerdegericht (BS 3 f). Solcherart ist auch auf dieses Vorbringen nicht weiter einzugehen.
Die keine Verletzung des verfassungsmäßig geschützten Rechts auf persönliche Freiheit aufzeigende Grundrechtsbeschwerde war daher ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.
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