European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0150OS00076.16I.0907.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Matthias S***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 2 Z 3 SMG und § 15 StGB (1./) sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 2 dritter Fall SMG (2./) schuldig erkannt.
Danach hat er von einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2015 bis 4. Dezember 2015 in Wien vorschriftswidrig
1./ Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) um das 15fache übersteigenden Menge
a./ erzeugt, nämlich zumindest 3.700 Gramm Cannabiskraut mit einem Reinheitsgrad von 11,7 % THCA und 0,89 % Delta‑9‑THC, somit beinhaltend zumindest 432,9 Gramm THCA und zumindest 32,93 Gramm Delta‑9‑THC, indem er Cannabispflanzen anbaute, zur Blüte brachte, erntete und nach der Ernte in Tiefkühlbeuteln gefroren aufbewahrte;
b./ zu erzeugen versucht, nämlich zumindest 1.820 Gramm Cannabiskraut mit einem Reinheitsgrad von 18,04 % THCA und 1,37 % Delta‑9‑THC, somit beinhaltend zumindest 328,32 Gramm THCA und zumindest 24,93 Gramm Delta‑9‑THC, indem er „in einer Lagerhalle unter Einsatz von professionellen botanischen Geräten 132 Cannabispflanzen zur Vollblüte brachte und nur mehr die Blüten von der Pflanze trennen hätte müssen, zuvor aber von der Polizei betreten wurde“;
2./ 602 nicht blühende Cannabispflanzen zum Zweck der Gewinnung von THCA und Delta‑9‑THC enthaltendem Cannabiskraut angebaut.
Dagegen richtet sich die auf Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Sie verfehlt ihr Ziel.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem Beschwerdevorbringen (Z 5 zweiter Fall) war das Gericht nicht gehalten, sich mit einem von der Verteidigung vorgelegten Auszug aus dem Buch „Marihuana drinnen“, wonach man Cannabispflanzen ein bis zwei Tage vor der Ernte nicht mehr wässern soll, auseinander zu setzen. Denn schon im Hinblick darauf, dass auch die Bewässerung der anderen (nicht blühenden) Pflanzen (vgl Schuldspruch 2./) notwendig war (US 13), steht dieser „Erntehinweis“ in keinem erörterungsbedürftigen Gegensatz zur Konstatierung, der Angeklagte sei von der Polizei betreten worden, „nachdem er gerade die Pflanzen bewässert hatte“ (US 5). Die Verantwortung des Beschwerdeführers haben die Tatrichter ausdrücklich berücksichtigt, sie aber nicht in allen Punkten für glaubwürdig erachtet (US 8 ff).
Weshalb die Feststellung, der Angeklagte sei zwar an Suchtmittel gewöhnt, habe die Taten jedoch nicht vorwiegend zur Beschaffung seines persönlichen Bedarfs begangen (US 7), im Widerspruch zu jener Urteilsannahme stehen sollte, wonach der Angeklagte von dem aus zumindest 30 Pflanzen erzeugten Suchtgift das Cannabiskraut von etwa vier Pflanzen für sich behielt und konsumierte (US 5), vermag die Beschwerde nicht darzulegen (Z 5 dritter Fall).
Die zu 1./b./ mit der Zielrichtung eines Schuldspruchs (nur) wegen Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 SMG erhobene Subsumtionsrüge (Z 10) wendet ein, dass noch keine der Trennung der Cannabisblüten von der Cannabispflanze unmittelbar vorangehende Handlung vorgelegen, die Tat somit noch nicht ins Versuchsstadium getreten sei (vgl RIS‑Justiz RS0124029).
Die gesetzesgemäße Ausführung eines materiell‑rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlägen ist, zur Voraussetzung (RIS‑Justiz RS0099810). Die Argumentation der Subsumtionsrüge übergeht jedoch die Gesamtheit der Urteilskonstatierungen:
Danach beschloss der Angeklagte im Oktober/November 2015 die gleichzeitig blühenden 162 Pflanzen kontinuierlich über einen längeren Zeitraum zu ernten, indem er sukzessive die Cannabisblüten von der Pflanze trennte und so Cannabiskraut erzeugte, wobei dies – insbesondere bei Ernte nur durch eine einzige Person – „einige Zeit in Anspruch“ nehmen würde (US 4). Nachdem er bei zumindest 30 Pflanzen bereits die Blütenstände von der Pflanze getrennt hatte, plante er auch die Ernte der weiteren 132 in Blüte stehenden Pflanzen und somit die fortlaufende Erzeugung von Suchtgift (US 5). Er befand sich bereits inmitten des längere Zeit dauernden Suchtgift-Erzeugungsvorgangs, konnte das geplante und bereits begonnene Abernten des gesamten Bestandes an Pflanzen in den nächsten Stunden und Tagen jedoch nicht vollenden, weil er von der Polizei betreten wurde (US 20).
Nach diesem konkreten Tatplan hatte die versuchte Tatausführung des Erzeugens in Bezug auf alle blühenden Cannabispflanzen bereits begonnen, woran allein der Umstand, dass die zur Erzeugung erforderliche Manipulation sich aufgrund ihres Umfangs über mehrere Tage oder Wochen hinziehen sollte, nichts ändert und keine Teilung in Einzelakte bewirkt. Nach den eindeutigen Konstatierungen ist nach den Vorstellungen des Nichtigkeitswerbers von einem einheitlichen Tatgeschehen auszugehen; dass in dessen Rahmen noch eine gewisse zeitliche Distanz bis zum unmittelbaren Vorgang der „Gewinnung“ von Suchtgift (nämlich der Trennung der Cannabisblüten von sämtlichen Pflanzen) zu überwinden war, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern (vgl 15 Os 116/12s).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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