OGH 12Os39/16a

OGH12Os39/16a16.6.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Juni 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Janisch als Schriftführerin in der Strafsache gegen Yunes R***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Kammal M*****, Adil B***** und Aladin H***** sowie über die Berufungen der Angeklagten Yunes R***** und Hdidan Hr***** gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Jugendschöffengericht vom 24. November 2015, GZ 27 Hv 104/15b‑226, sowie über die Beschwerde des Angeklagten Kammal M***** gegen den unter einem verkündeten Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0120OS00039.16A.0616.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der jeweiligen rechtlichen Unterstellung der den Schuldsprüchen der Angeklagten Hdidan Hr***** zu B./I./ und II./ und Adil B***** zu D./I./ zugrundeliegenden Taten unter § 28a Abs 4 Z 3 SMG und der zu diesen Schuldsprüchen jeweils gebildeten Subsumtionseinheit, demgemäß auch in den Strafaussprüchen hinsichtlich dieser beiden Angeklagten (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Innsbruck verwiesen.

Die Angeklagten Hdidan Hr***** und Adil B***** werden mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung verwiesen.

Über die Berufungen der Angeklagten Yunes R*****, Kammal M***** und Aladin H***** sowie über die Beschwerde des Kammal M***** wird das Oberlandesgericht Innsbruck zu entscheiden haben.

Den Angeklagten Kammal M*****, Adil B***** und Aladin H***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch unbekämpft gebliebene Schuldsprüche der Angeklagten Yunes R***** und Hdidan Hr***** enthält, wurden die Angeklagten Kammal M***** der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 4 Z 1 und Z 3 SMG (C./I./) und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 2 Z 1 SMG (C./II./) sowie mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 4 Z 2 SMG (C./III./), Adil B***** der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 12 dritter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (D./I./) und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2 SMG (D./II./) sowie mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 4 Z 2 SMG (D./III./) sowie Aladin H***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 dritter Fall StGB, § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 2 Z 2 SMG (richtig: E./I./ und II./) sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs 2 SMG (richtig: E./III./) schuldig erkannt.

Danach haben in I*****, M*****, am B***** und an anderen Orten bis Mai bzw Ende Juni 2015, wobei sie im Jahr 2015 als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung (§ 278 StGB) bestehend aus ihnen selbst sowie den Angeklagten Yunes R***** und Hdidan Hr***** sowie den abgesondert verfolgten Bilal F*****, Yassin Ch*****, Khalid C*****, Said Ho*****, Said Ha***** und weiteren Mitgliedern in wechselnder Beteiligung handelten, und zwar

C./ Kammal M*****

I./ den abgesondert verfolgten Abdulsamet Y***** zur Einfuhr von Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Gesamtmenge, nämlich zumindest 14 kg Cannabisharz, davon zumindest cirka 5 kg mit einem nicht näher bekannten Reinsubstanzgehalt von zumindest 5 % Delta‑9‑THC und zumindest cirka 9 kg mit einem Reinsubstanzgehalt von 14,67 % Delta‑9‑THC (rund 1.570 g reines Delta‑9‑THC entsprechend der 78,5‑fachen Grenzmenge) bestimmt, wobei er schon einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden war,

1./ zu einem nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkt kurz vor dem 7. März 2014 Abdulsamet Y*****, der in der Nacht vom 7. auf den 8. März 2014 eine nicht näher bekannte Menge Cannabisharz von zumindest cirka 5 kg Cannabisharz mit einem nicht näher bekannten Reinsubstanzgehalt von zumindest 5 % Delta‑9‑THC (250 g reines Delta‑9‑THC entsprechend der 12,5‑fachen Grenzmenge) mit seinem Fahrzeug auf dem Straßenweg von T***** (Italien) über den Grenzübergang S***** in Osttirol nach Tirol transportierte, indem er ihn als Kurierfahrer für diese Fahrt anwarb, dessen Kontakt zu dem unbekannt gebliebenen nordafrikanischen Mitfahrer herstellte und sich in I***** als Abnehmer des Suchtgifts zur Verfügung stellte;

2./ im April und am 1. Mai 2015 Abdulsamet Y***** für die zu B./I./ genannte Schmuggelfahrt (in der Nacht vom 1. auf den 2. Mai 2015 mit zumindest cirka 9 kg Cannabisharz mit einem Reinsubstanzgehalt von 14,67 % Delta‑9‑THC [rund 1.320 g reines Delta‑9‑THC] entsprechend 66 Grenzmengen) als Kurierfahrer anwarb und ihn am 1. Mai 2015 zu dessen Mitfahrern Hdidan Hr***** und Said Ha***** führte;

II./ vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich mehr als 5 kg Cannabisharz mit einem nicht näher bekannten Reinsubstanzgehalt von zumindest 5 % Delta‑9‑THC (12,5 Grenzmengen) anderen überlassen, wobei er gewerbsmäßig handelte und schon einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden war, indem er

1./ am 8. März 2014 cirka 100 g Cannabisharz von der zu C./I./1./ genannten Lieferung an Abdulsamet Y***** übergab;

2./ zu nicht näher bekannten Zeitpunkten am oder nach dem 8. März 2014 die restliche Menge aus der zu C./I./1./ genannten Lieferung von zumindest 4,9 kg Cannabisharz an nicht näher bekannte Personen übergab;

3./ im Zeitraum Februar bis Juni 2015 im Zuge einer Vielzahl gewinnbringender Verkaufshandlungen jeweils geringe Mengen Cannabisharz und Kokain an die abgesondert verfolgten Kemal Ö*****, Izudin T***** sowie weitere nicht näher bekannte Abnehmer übergab;

III./ über die zu C./II./ genannten Mengen hinaus vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Cannabisharz (Delta‑9‑THC) überwiegend zum gewinnorientierten Weiterverkauf erworben und besessen, und zwar

1./ am 20. April 2015 cirka drei Gramm Cannabisharz;

2./ am 19. Mai 2015 zwei kleine Brocken Cannabisharz;

D./I./ Adil B***** zur Einfuhr von Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich von zumindest cirka 9 kg Cannabisharz mit einem Reinsubstanzgehalt von 14,67 % Delta‑9‑THC (rund 1.320 g reines Delta‑9‑THC entsprechend der 66‑fachen Grenzmenge) beigetragen, indem er die zu B./I./ genannten Schmuggelfahrt mitfinanzierte, Kammal M***** gemeinsam mit Khalid C***** beauftragte, einen Kurierfahrer dafür zu suchen sowie sich als Abnehmer (eines Teils) des geschmuggelten Suchtgifts zur Verfügung stellte;

II./ vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Gesamtmenge durch die im Zuge einer Vielzahl gewinnbringender Verkaufshandlungen erfolgte Weitergabe, teils im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Hossam S*****, Kammal M***** und Khalid C*****, von Cannabisharz und Kokain anderen überlassen, indem er

1./ im Zeitraum von zumindest Oktober bis Mitte November 2014 insgesamt zumindest cirka 150 g Kokain mit einem unbekannten Reinsubstanzgehalt von zumindest 20 % (30 g reines Kokain entsprechend der zweifachen Grenzmenge an den abgesondert verfolgten Allam A***** übergab;

2./ im Zeitraum von zumindest Jänner bis 19. Mai 2015 eine nicht genau bekannte, die Grenzmenge (§ 28b SMG) jedenfalls übersteigende Gesamtmenge Cannabisharz mit einem nicht näher bekannten Reinsubstanzgehalt von zumindest cirka 5 % Delta‑9‑THC und zumindest 154 g Cannabisharz mit einem Reinsubstanzgehalt von 14,67 % Delta‑9‑THC (22,59 g reines Delta‑9‑THC entsprechend der 1,1‑fachen Grenzmenge) sowie 40,5 g Kokain mit einem unbekannten Reinsubstanzgehalt von zumindest 20 % (rund 8 g reines Kokain entsprechend der 0,5 Grenzmenge) an die im Urteilsspruch genannten und unbekannt gebliebene Abnehmer übergab;

III./ über die zu D./II./ genannten Mengen hinaus, teils im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Khalid C***** Cannabisharz (Delta‑9‑THC) und Kokain überwiegend zum gewinnorientierten Weiterverkauf erworben und besessen bzw zu erwerben und besitzen versucht, und zwar

1./ am 18. Februar 2015 cirka 21,4 g Cannabisharz;

2./ am 28. April 2015 cirka 0,5 g Kokain;

3./ am 5. Mai 2015 cirka 100,2 g Cannabisharz;

4./ am 19. Mai 2015 cirka 46 g Cannabisharz;

E./ Aladin H***** zu nicht näher feststellbaren Zeitpunkten zwischen zumindest Jänner 2015 und 29. Juni 2015

I./ zur Überlassung von Suchtgift, nämlich Cannabisharz und -kraut (mit einem nicht näher bekannten Reinsubstanzgehalt von zumindest 5 % Delta‑9‑THC) sowie Kokain (mit einem nicht näher bekannten Reinsubstanzgehalt von zumindest 20 %) in einer nicht näher bekannten, die Grenzmenge jedoch insgesamt jedenfalls übersteigenden Gesamtmenge beigetragen, indem er wiederholt für die weiteren Mitglieder der kriminellen Vereinigung, insbesondere für Bilal F*****, Yunes R***** und Yassin Ch*****, die selbst die genannten Suchtgifte in einer die Grenzmenge mehrfach übersteigenden Menge anderen überlassen haben, aus dem Suchtgiftverkauf stammendes und für dessen Ankauf gedachtes Bargeld sowie nicht näher bekannte Suchtgiftmengen aufbewahrte;

II./ vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich eine nicht näher bekannte Menge Cannabisharz (Delta‑9‑THC) in einer die Grenzmenge nicht übersteigenden Gesamtmenge anderen im Verlauf einer Vielzahl gewinnbringender Verkaufshandlungen überlassen;

III./ am 29. Juni 2014 vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich cirka 1,4 g Cannabisharz (Delta‑9‑THC) zum ausschließlichen persönlichen Gebrauch erworben und besessen.

Rechtliche Beurteilung

Die Angeklagten Kammal M*****, Adil B***** und Aladin H***** bekämpfen die sie betreffenden Schuldsprüche mit auf die im Folgenden bezeichneten Nichtigkeitsgründe gestützten Nichtigkeitsbeschwerden, welchen jedoch keine Berechtigung zukommt.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Kammal M***** (§ 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO):

Die Mängelrüge (Z 5) verfehlt ihr Ziel.

Entgegen dem Einwand einer Unvollständigkeit der Entscheidungsbegründung (Z 5 zweiter Fall) hat das Schöffengericht die leugnende Verantwortung des Nichtigkeitswerbers in der Hauptverhandlung, dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend, zureichend erörtert (US 30 f, 35). Welche „Widersprüche in den Angaben des Belastungszeugen Abdulsamet Y***** im Vorverfahren gegenüber seiner Aussage in der Hauptverhandlung mit Stillschweigen übergangen“ worden sein sollen, legt die Beschwerde entgegen dem Gebot einer deutlichen und bestimmten Bezeichnung von Nichtigkeitsgründen (§ 285a Z 2 StPO) nicht dar.

Der unsubstantiierte Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur Täterschaft des Nichtigkeitswerbers in Betreff der Schuldsprüche C./I./ und II./ verfehlt mangels Orientierung an den Begründungserwägungen des Erstgerichts (US 30 bis 36) die Ausrichtung am Verfahrensrecht (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 394). Der Beschwerde zuwider wurden auch die Feststellungen zur subjektiven Tatseite hinsichtlich dieser Schuldsprüche aus dem äußeren Tatvorgehen mängelfrei abgeleitet (US 36).

Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag mit eigenständigen Beweiswerterwägungen aus der Verantwortung des Nichtigkeitswerbers in der Hauptverhandlung auf der Aktengrundlage keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen hinsichtlich der Schuldsprüche C./I./ und II./ hervorzurufen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Adil B***** (§ 281 Abs 1 Z 5, 5a und 10 StPO):

Der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider hat das Schöffengericht die Feststellungen zur subjektiven Tatseite in Bezug auf sämtliche Schuldsprüche (zur amtswegigen Maßnahme beim Schuldspruch D./I./ siehe unten) logisch und empirisch einwandfrei aus dem äußeren Tatgeschehen im Zusammenhalt mit der Ableitung einer Erfahrung des Nichtigkeitswerbers im Umgang mit Suchtgiften aus vier einschlägigen Vorverurteilungen erschlossen (US 38).

Die Tatsachenrüge (Z 5a) verfehlt mit der lapidaren Reklamierung von sich „allenfalls“ aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der Feststellungen zur subjektiven Tatseite die gebotene deutliche und bestimmte Bezeichnung geltend gemachter Nichtigkeitsgründe (§ 285a Z 2 StPO) und damit die Orientierung am Verfahrensrecht.

Mit seiner gegen die jeweilige Annahme der Qualifikation einer Tatbegehung als Mitglied einer kriminellen Vereinigung (§§ 27 Abs 4 Z 2, 28a Abs 2 Z 2 SMG; D./II./ und III./) gerichteten Subsumtionsrüge (Z 10) orientiert sich der Beschwerdeführer mit der Behauptung fehlender näherer Präzisierung intendierter Katalogtaten nach § 278 Abs 2 StGB nicht an der Urteilsfeststellung einer Ausrichtung der kriminellen Vereinigung auf (näher beschriebene) Verbrechen des Suchtgifthandels (§ 28a SMG; US 20) und verfehlt damit den (auf der Sachverhaltsebene) gerade darin gelegenen

Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Aladin H***** (§ 281 Abs 1 Z 3, 5, 9 lit a und 10 StPO):

Der weitwendig ausgeführten Verfahrensrüge (Z 3) genügt der Hinweis, dass sich die Schuldsprüche (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) des Nichtigkeitswerbers entgegen der offensichtlich irrtümlichen – für die Inhaltserfordernisse nach § 260 Abs 1 Z 1 und Z 2 StPO aber ohnedies belanglosen – Fehlbezeichnung („A./I./ bis III./“; US 15 f) auf die den Nichtigkeitswerber betreffenden Aussprüche (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) E./I./ bis III./ beziehen (US 13 f).

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider sind die Feststellungen zur subjektiven Tatseite (E./I./ und II./) im Hinblick auf deren vom Nichtigkeitswerber entgegen der Prozessordnung (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 394) vernachlässigten Bezugspunkt der konstatierten Beitragshandlungen in objektiver Hinsicht keineswegs undeutlich (Z 5 erster Fall; US 27 f, 42 f).

Eine Unvollständigkeit der Entscheidungsbegründung (Z 5 zweiter Fall) zur Urteilsannahme, wonach es sich bei dem von Mitgliedern der kriminellen Vereinigung als 'Onkel' bezeichneten Mittäter stets um den Nichtigkeitswerber handelte (US 40), zeigt die Beschwerde nicht auf. Denn die darin relevierten Verfahrensergebnisse, wonach diese Bezeichnung auch für andere Personen als den Nichtigkeitswerber verwendet wurde, weisen keinen Bezug zu einer der hier konkret inkriminierten Straftaten auf (ON 191 S 19) und bieten keinen Hinweis auf eine Verstrickung so bezeichneter Personen in einen Suchtgifthandel (ON 191 S 295; ON 225 S 10). Sie stehen daher der dieser Urteilsannahme zu Grunde gelegten Erwägung, dass es „im Rahmen der Ermittlungen durch die Polizei keine Beweisergebnisse gibt, wonach noch ein weiterer älterer Nordafrikaner in die Suchtgiftgeschäfte involviert gewesen und ebenfalls von den Mitbeteiligten als „Onkel“ bezeichnet worden wäre“ (US 40), nicht entgegen und bedurften somit keiner Erörterung.

Auch eine offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) der Urteilsannahmen zur Täterschaft und zur subjektiven Tatseite (E./I./ und II./) zeigt die Beschwerde nicht auf:

Die Begründungserwägung, dass nach den Ermittlungen der Polizei, nämlich insbesondere durch Telefonüberwachung und „Lauschangriff“ festgestellt werden konnte, dass stets vor geplanten Suchtgiftbeschaffungen der Gruppierung Kontakt mit dem Nichtigkeitswerber aufgenommen wurde und es sodann zu Treffen mit beteiligten Personen kam (US 38 f), vermochte das Erstgericht mängelfrei auf den Abschlussbericht des Landeskriminalamts der Landespolizeidirektion Tirol vom 17. August 2015 (ON 191 S 55) zu stützen.

Ebenso logisch und empirisch einwandfrei hat das Erstgericht die Feststellungen zum Beitrag zum Suchtgifthandel des Mitangeklagten Yunes R***** (E./I./) sowie zur Überlassung von Suchtgift durch den Nichtigkeitswerber selbst (E./II./) aus den umfangreichen Ergebnissen der Telefonüberwachung abgeleitet (US 40 ff). Dabei wurde die Urteilsannahme einer nach § 28a Abs 1 SMG qualifizierten Suchtgiftmenge in objektiver und subjektiver Hinsicht mängelfrei aus der aus dem Gesamtzusammenhang der Telefongespräche ersichtlichen Dimension der Beteiligung des Nichtigkeitswerbers, zumal einer Verhandlung von Cannabis‑Platten [jeweils 100 Gramm; US 38], und aus dem bei ihm sichergestellten Bargeldbetrag (2.070 Euro) erschlossen (US 42 ff). Den Nichtigkeitswerber entlastende Angaben des Mitangeklagten Yunes R***** in der Hauptverhandlung hat das Erstgericht dabei – der Beschwerde zuwider – zureichend erörtert (US 43; 41). Desgleichen bedurfte es keiner Auseinandersetzung mit Angaben der weiteren Mitangeklagten Hdidan Hr*****, Kammal M***** und Adil B***** zur Bekanntschaft mit dem Nichtigkeitswerber, weil diesem keine Beteiligung an deren Straftaten vorgeworfen wurde (Z 5 zweiter Fall).

Auch die Urteilsannahmen zur Tatbegehung als Mitglied einer kriminellen Vereinigung (§ 28a Abs 2 Z 2 SMG; E./I./ und II./) hat das Erstgericht – dem auch in dieser Hinsicht bloß auf eine gegen kollegialgerichtliche Urteile gesetzlich nicht vorgesehene Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung abzielenden Beschwerdevorbringen zuwider – mängelfrei auf die umfangreichen polizeilichen Ermittlungsergebnisse, insbesondere auf die durchgeführten Telefonüberwachungen, gestützt (US 45 ff).

Dem wiederholten Beschwerdeeinwand eines Fehlens von Feststellungen für die Deliktsverwirklichung einer kriminellen Vereinigung (der Sache nach Z 9 lit a) genügt der Hinweis, dass ein Schuldspruch wegen § 278 Abs 1 zweiter Fall StGB nicht erfolgt ist.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) verfehlt mit dem Einwand einer bloßen Konstatierung von verba legalia zur subjektiven Tatseite die gebotene Darlegung (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 588 mwN), welcher weiteren Urteilsfeststellungen über die getroffenen (US 28, 42 f) hinaus es hiezu bedurft hätte.

Sie verfehlt daher ebenso die Ausrichtung am Verfahrensrecht wie die nicht am Urteilssachverhalt (US 20 f) orientierte, gegen die Annahme der Qualifikation nach § 28a Abs 2 Z 2 SMG gerichtete Subsumtionsrüge (Z 10).

Die somit zum Teil nicht dem Gesetz gemäß ausgeführten, im Übrigen unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerden waren daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur schon bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 Z 1 und Z 2 StPO sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten Yunes R*****, Kammal M***** und Aladin H***** sowie die Beschwerde des Kammal M***** obliegt damit dem Oberlandesgericht Innsbruck (§§ 285i; 498 Abs 3 StPO).

Zur amtswegigen Maßnahme (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO):

Den Schuldsprüchen der Angeklagten Hdidan Hr***** (B./I./ und II./) und Adil B***** (D./I./) haftet jeweils ein Rechtsfehler mangels Feststellungen (Z 10) zu einem auf eine nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG qualifizierte Suchtgiftmenge gerichteten Vorsatz an, weil der dazu jeweils konstatierte Bezugsgegenstand von Suchtgiftmengen im Umfang „eines Vielfachen der Grenzmenge des § 28b SMG“ (US 20, 23, 26 f) über eine das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigende Menge (§ 28a Abs 4 Z 3 SMG) nichts auszusagen vermag.

Dieses Feststellungsdefizit betrifft zwar auch den Schuldspruch des Angeklagten Kammal M***** (C./I./; US 25), doch ist dies im Hinblick auf den schon durch die Qualifikation nach § 28a Abs 4 Z 1 SMG verwirklichten selben Strafsatz (und mangels entsprechender erschwerender Wertung bei der Strafzumessung) für diesen Angeklagten nicht nachteilig. Aus diesem Grund bietet auch der dem Schuldspruch desselben wegen § 28a Abs 2 Z 1 SMG (C./II./) im Hinblick auf die undeutliche Feststellung einer auf die wiederholte Weitergabe (bloß) „großer Suchtgiftmengen“ gerichteten Absicht (US 25) anhaftende Rechtsfehler mangels Feststellungen (Z 10) keinen Anlass für eine amtswegige Maßnahme.

Da die Tatrichter erkennbar vom Eigentum der Angeklagten an den nach § 19a Abs 1 StGB konfiszierten Gegenständen ausgingen (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 19; vgl US 28), besteht für eine auf das Konfiskationserkenntnis gerichtete amtswegige Maßnahme nach § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO kein Anlass.

Das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, war daher aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden in der jeweiligen rechtlichen Unterstellung der den Schuldsprüchen der Angeklagten Hdidan Hr***** zu B./I./ und II./ und Adil B***** zu D./I./ zu Grunde liegenden Taten unter § 28a Abs 4 Z 3 SMG und der zu diesen Schuldsprüchen jeweils gebildeten Subsumtionseinheit, demgemäß auch in den Strafaussprüchen dieser beiden Angeklagten aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen.

Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten Hdidan Hr***** und Adil B***** auf diese Entscheidung zu verweisen.

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO. Er bezieht sich nicht auf die amtswegige Maßnahme (Lendl, WK‑StPO § 390a Rz 12).

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